Der Handstand

Eine Frau erzählt, dass sie sich fest vorgenommen hatte, besser auf Gottes Stimme und seine Einladungen zu hören als bisher. Sie fuhr eines Tages zu einem großen Einkaufszentrum mit vielen Geschäften und Stockwerken. Als sie vor dem Gemüse stand, geschah etwas Seltsames. Im Inneren vernahm sie eine Stimme, die zu ihr sagte: „Geh zur Mitte des Einkaufszentrums, mach einen Handstand und schreie laut!“

War das wirklich Gottes Stimme oder ein Täuschung? „Das kann doch nicht wahr sein. Gott, bist Du das wirklich? Ich kann doch hier keinen Handstand machen. Und wenn ich dann auch noch laut schreie, mache ich mich vollends lächerlich.“ So setzte die Frau ihre Einkäufe fort. Aber eigenartig – immer wieder wurde sie innerlich gedrängt, zur Mitte des Einkaufszentrums zu gehen und das Verlangte zu tun. So gab sie diesem inneren Drängen nach.

Als sie sich unbeobachtet fühlte, versuchte sie einen Handstand zu machen und schrie. Also, das war getan! Jetzt aber nichts wie weg von dieser Stelle! Sie wollte schon ins nächste Geschäft verschwinden, als sie ein lautes Schluchzen hörte, und zwar von der Galerie über ihr her. Dort erblickte sie eine junge Frau, und sie fuhr mit der Rolltreppe zu ihr hoch. Die junge Frau fragte sie: „Warum haben Sie das gemacht?“ Die Frau wollte das Erlebnis mit der inneren Stimme nicht erwähnen und sagte nur: „Verzeihen Sie, das ist normalerweise nicht meine Art, so rumzuschreien.“

Da erzählte die weinende junge Frau, sie habe gerade zu Gott gebetet: „Gott, wenn es Dich gibt, dann lass eine Frau da unten einen Handstand machen und laut schreien … , dann nehme ich mir das Leben nicht.“ Gott in Seiner unfassbar großen Liebe wollte sie vor der schrecklichen Tat, vor dem Selbstmord, bewahren! Wir begreifen oft zu wenig, was Gott in seiner Güte alles aufwendet, um uns für den Himmel zu retten! Aber er möchte auch, dass wir auf ihn hören, damit er uns zur Rettung anderer gebrauchen kann.

 

Ich habe so gebetet, dass du kommst!

Ein Pfarrer berichtet aus seinen Erfahrungen: „In diesem Bericht geht es zwar nicht um ein Wunder, aber um eine beeindruckende Gebetserhörung: Als ich noch im Priesterseminar in Schwaz im Tiroler Unterinntal studierte, erlebte ich eines Tages folgendes: Zu Mittag drängt es mich plötzlich mächtig, nach Innsbruck zu fahren. Ich überlege kurz und stelle fest, dass ich in Innsbruck heute weder etwas besorgen muss noch jemanden besuchen will. Eigentlich möchte ich heute nicht nach Innsbruck fahren. Doch weil mich irgendetwas dazu drängt, fahre ich schließlich mit dem Bus nach Innsbruck. Unterwegs denke ich mir, wie sinnlos es eigentlich ist, dass ich heute dorthin fahre, da ich doch dort überhaupt nichts vorhabe. Als der Bus in Innsbruck ist, steige ich an einer Stelle aus, wo ich sonst nie ausgestiegen bin. Kaum bin ich auf der Straße, kommt ein mir gut bekanntes Kind auf mich zu und ruft: ‚Ich habe so gebetet, dass du kommst!'“ Die Gebetsmacht der Kinder ist groß. Aber wir müssen auch immer neu bereit sein, den Eingebungen des Hl. Geistes oder des Schutzengels zu folgen.

 

Mein Herz ist eine fortdauernde Krippe

Weihnachten ist das Fest, an dem Gott immer wieder Wunder der Bekehrung wirkt. Eine solche besondere Weihnachtsgnade hat Philippe Guillard empfangen, von der er seitdem immer wieder ergriffen Zeugnis gibt.

Philippe berichtet, dass er zwar als Kind getauft wurde, aber nur eine ärmliche katholischen Erziehung empfing. Schon als Jugendlicher hatte er sich, so wie er dachte, für immer von Gott abgewandt. Es brauchte Jahrzehnte des geduldigen Wirkens Gottes, um die dicke Mauer, die er als atheistischer Naturwissenschaftler zwischen sich und seinem Schöpfer errichtet hatte, rissig werden zu lassen.

Es waren Jahre, geprägt von „einer brennenden Sehnsucht nach etwas Größerem“. Es war ein vergebliches Suchen nach dem Sinn des Lebens auf den unbefriedigenden Schleichwegen der Psychoanalyse, der Freimaurerei, der östlichen Spiritualitäten, bis der Stolz einbrach und sein Herz offen war, so dass Jesus Christus in ihm geboren werden konnte.

An jenem Weihnachtsabend 2015 traf seine Frau Jeanne die üblichen Vorbereitungen für das Fest. Da plötzlich, gedrängt von einer unwiderstehlichen Eingebung, wendet sich Jeanne an Philippe und erklärt ihm dezidiert: „Ich muss dich jetzt dorthin führen, wohin du gehen willst“. Er antwortete verblüfft: „Was? Aber ich will doch nirgends hingehen!“ Darauf folgt ein surrealer Dialog: „Ich bin mir aber ganz sicher, und wir werden hingehen.“ „Aber wohin willst du gehen?“ „Ich nehme dich in die Messe mit!“ „In die Messe?! Nein, dahin gehe ich nicht, sicher nicht!“ – „Ich versichere dir: Wir gehen!“

Und dann spricht Jeanne ein Machtwort und schleppt ihn hinaus in Wind und Regen. Die Kirche ist nicht weit. Sie kommen gerade pünktlich an. Jeanne öffnet das schwere Tor, sie finden zwei Plätze, ganz hinten. Orgelmusik erfüllt den Raum…

Und plötzlich wird Philippe von einer Lichtflut überwältigt, „ein blaues Licht, von dem mir später klar wird, dass es ein ungeschaffenes Licht ist, blau wie die Farbe Mariens“. Es ist erfüllt von einer lebendigen Gegenwart, einer Gegenwart, die mich mit Freude überflutet. Von einem Moment zum anderen wurde er gläubig. „Um 20.30 Uhr betrat ich als Atheist die Kirche, um 20:31 Uhr war ich gläubig und katholisch,“ zieht er Bilanz. Er hatte gefunden, was er so lange gesucht hatte. „Seit dem Weihnachtsabend 2015 ist mein Herz eine fortdauernde Krippe.“

Von nun an, „lenkt Gott alles. Der Herr hat das Steuer übernommen, und Er fährt sehr flott dahin.“

 

Betet täglich den Rosenkranz

In der Zeit vom 8. Mai bis 13. Oktober 1980 erschien die Gottesmutter insgesamt viermal im kleinen Dorf Cuapa in Nicaragua dem bescheidenen Bauern und Mesner Bernardo Martinez (1931-2000). Diese Erscheinungen wurden 1982 vom Bischof der Diözese und später auch von der nicaraguanischen Bischofskonferenz anerkannt, und der Ort wurde zu einem nationalen Heiligtum erklärt.

Nicaragua ist eines der ärmsten Länder Südamerikas. Es wurde durch ein schweres Erdbeben (1972) heimgesucht und durch einen grausamen, von linken Sandinisten und Contras geführten Bürgerkrieg (1978 – 1989) zerrüttet.

In diese Not hinein und in mütterlicher Sorge für ihre Kinder rief Maria die Menschen zum Gebet und zur Bekehrung auf. Ihre Worte sind auch für unsere gegenwärtige Situation sehr aktuell. Hier einige wichtige Aussagen aus ihrer Botschaft:

„Ich komme vom Himmel. Ich bin die Mutter Jesu. … Ich möchte, dass der Rosenkranz jeden Tag gebetet wird.“ „Ich möchte, dass er ständig gebetet wird, in der Familie, zusammen mit den Kindern, die alt genug sind, um ihn zu verstehen; dass er zu einer festen Stunde gebetet wird, wenn es keine Probleme mit der Arbeit im Haus gibt.“ Bernardo berichtet: „Sie sagte mir, dass der Herr es nicht mag, wenn wir Gebete in Eile oder mechanisch verrichten. Deshalb empfahl Maria, das Beten des Rosenkranzes mit dem Lesen von Bibelzitaten zu verbinden und dass wir das Wort Gottes in die Praxis umsetzen sollen.“ „Betet! Bete, mein Sohn, den Rosenkranz für die ganze Welt. Sage den Gläubigen und den Ungläubigen, dass die Welt von großen Gefahren bedroht ist. Ich bitte den Herrn, seine Gerechtigkeit zu besänftigen, aber wenn ihr euch nicht ändert, werdet ihr das Kommen eines Dritten Weltkrieges beschleunigen.“

Als Bernardo Maria fragte, ob hier eine Kirche gebaut werden sollte, gab sie zur Antwort: „Nein! Der Herr will keine materiellen Kirchen, er will lebendige Tempel, die ihr selbst seid. Stellt den heiligen Tempel des Herrn wieder her. In euch ist die Genugtuung für den Herrn. Liebt einander. Vergebt einander. Schafft Frieden. Bittet nicht nur um Frieden, sondern schließt Frieden. … Bleibt immer fest im Katechismus. Nach und nach werdet ihr alles begreifen, was der Katechismus bedeutet. Betrachtet in der Gemeinschaft die Seligpreisungen, abseits von allem Lärm.“ „Erfüllt eure Pflichten. Setzt das Wort Gottes in die Praxis um. Sucht nach Wegen, Gott zu gefallen. Diene deinem Nächsten, denn auf diese Weise wirst du Ihm gefallen.“

Als Bernardo einige Anliegen von Teilnehmern bei den Erscheinungen Maria mitteilte, antwortete sie: „Sie bitten mich um Dinge, die unwichtig sind. Bittet um den Glauben, um die Kraft zu haben, dass jeder sein eigenes Kreuz tragen kann.“ „Das Leiden in dieser Welt kann nicht beseitigt werden. So ist das Leben nun einmal. Es gibt Probleme mit dem Ehemann, mit der Ehefrau, mit den Kindern, mit den Brüdern. Redet und sprecht miteinander, damit die Probleme in Frieden gelöst werden. Greift nicht zur Gewalt. Wendet niemals Gewalt an. Betet um Glauben, damit ihr Geduld habt.“ Maria sprach auch zweimal vom Dritten Weltkrieg: „Nicaragua hat seit dem Erdbeben sehr gelitten, und es wird weiter leiden, wenn ihr euch nicht ändert. Wenn ihr euch nicht ändert, werdet ihr das Kommen des Dritten Weltkriegs beschleunigen.“

Bernardo durfte auch einen Blick in den Himmel tun: „Ich habe euch die Herrlichkeit des Herrn gezeigt, und diese werdet ihr erlangen, wenn ihr dem Herrn, dem Wort des Herrn, gehorcht, wenn ihr beharrlich den heiligen Rosenkranz betet und das Wort des Herrn in die Tat umsetzt“. „Lasst euch nicht betrüben. Ich bin bei euch, auch wenn ihr mich nicht seht. Ich bin die Mutter von euch Sündern.“

 

Die Prüfung

Der 2014 heilig gesprochene Papst Johannes Paul II. hat sich unermüdlich durch seine vielen Reisen für die Neuevangelisierung hingegeben, damit die Menschen im Glauben an Jesus Christus gestärkt werden. Durch seine Erfahrungen mit dem Kommunismus in Polen war er sich bewusst, dass dieser atheistische Geist eine große Gefahr für die Kirche ist. Noch als Kardinal hat er beim eucharistischen Kongress in Philadelphia 1976 gesagt:

„Wir stehen jetzt vor der größten Konfrontation, die die Menschheit in ihrer Geschichte jemals erlebt hat. Ich denke nicht, dass der Großteil der amerikanischen Gesellschaft oder die gesamte Christenheit dies in vollem Umfang realisiert. Wir stehen jetzt vor dem Endkampf zwischen der Kirche und der Anti-Kirche, zwischen dem Evangelium und dem Anti-Evangelium, zwischen Christus und dem Antichrist. Diese Konfrontation liegt in den Plänen der göttlichen Vorsehung. Deshalb ist sie in Gottes Plan, und es muss ein Kampf sein, den die Kirche aufnimmt und tapfer bestreitet.“

Auch als Papst hat er auf diese Prüfung, die die Kirche zu bestehen hat, hingewiesen. Im Blick auf die Botschaft von Fatima und das dritte Geheimnis hat er 1980 bei seinem Deutschlandbesuch in Fulda gesagt:

„Wir müssen uns wohl in Bälde auf große Prüfungen gefasst machen. Ja, die sogar den Einsatz unseres Lebens fordern können und die Ganzhingabe an Christus und für Christus! Es kann gemildert werden durch euer und unser Gebet, aber nicht mehr abgewendet werden. Nur so kann die wirkliche Erneuerung der Kirche kommen. Wie oft schon wurde im Blut die Erneuerung der Kirche geboren. Nicht anders wird es auch diesmal geschehen. Seien wir stark und bereiten wir uns vor und vertrauen wir auf Christus und seine heilige Mutter! Beten wir sehr viel und oft den Rosenkranz!“ .

 

Sogleich öffneten sich seine Ohren

Mit den Wort „Effata“ – öffne dich – hat Jesus die Ohren und den Mund eines Taubstummen berührt und geheilt. Davon hören wir im Evangelium zum 23. Sonntag im Jahreskreis (B). Bei der Feier der Taufe gibt es den sogenannten Effata-Ritus, der uns daran erinnert, dass Gott uns durch die Taufe die Ohren und den Mund geöffnet hat, damit wir auf sein Wort hören und uns zu ihm bekennen. Aber was im Sakrament an uns geschehen ist, soll auch im Leben verwirklicht werden.

Leider gibt es in unserer Zeit so viele Getaufte, die geistlich gesehen taubstumm geblieben oder geworden sind, wie der Prophet Jesaia schon zu seiner Zeit gesagt hat: die hören können und doch nicht hören, die reden können und doch stumm sind.

Die geistliche Taubheit besteht darin, dass man die Wahrheit des Glaubens und die Stimme Gottes, die zu uns im Gewissen und im Herzen spricht, nicht mehr hören kann, dass man das geistige Ohr verschließt.

Diese Art der Taubheit hat gewöhnlich auch das Stummsein zur Folge: Es besteht in der Vernachlässigung des Gebetes. Aus dem Mund des Stummen kommt keine Bitte um die Hilfe Gottes und kein Dank für empfangene Wohltaten.  Er ist auch nicht mehr imstande oder nicht mehr gewillt, sein Sünden in der heiligen Beichte zu bekennen, um die Verzeihung zu erlangen. Wer sein geistliches Ohr für den den Glauben verschließt, wird also die Sprache des Gebetes nicht gebrauchen, der kann auch nicht wirklich richtig erlösend reden und bekennen, was in seinem Herzen an Schuld verborgen ist. Es ist ein schlimmer geistlicher Zustand, wenn also ein Mensch in seiner Seele taubstumm ist. Gläubige Eltern machen oft die Erfahrung, dass ihre Kinder, die sich vom Glauben abgewendet haben, einfach nicht mehr auf das hören, was sie über den Glauben sagen. Sie sind einfach taub. Das Wort Gottes kann nicht mehr in ihre Seele eindringen.

Aber was können wir tun? Das heutige Evangelium zeigt uns hier den Weg. Dieser Taubstumme wäre damals wohl nie von selber zu Jesus gekommen, um ihn um Hilfe zu bitten, er konnte ja nichts über Jesus hören. So mussten ihn die anderen zu Jesus bringen und Jesus um Hilfe und Heilung bitten.

Genau das ist auch unsere Aufgabe. Jene, die geistlich taub und stumm sind, bemerken ihr eigenes Elend nicht und es hilft nicht, ihnen zuzureden, ihnen etwas vom Glauben, von den Geboten Gottes  zu sagen, sie hören die Worte doch nicht.

Aber wenn wir sie einerseits durch unser inständiges Gebet zum Herrn bringen und sie andererseits voll Glauben vielleicht zu einer Wallfahrt, zu einer guten Glaubensveranstaltung, zu Exerzitien, zu einem Abend der Barmherzigkeit, zu einer hl. Messe, zur Anbetung … einladen und mitnehmen, dann bieten wir dem Herrn die Gelegenheit, dass er sie in ihrem Herzen berühre und ihnen die Ohren öffne  .

 

Der hl. Josef hat nun doch geholfen

Das Jahr zu Ehren des hl. Josef lädt uns ein, auf die Fürsprache und Hilfe dieses großen Heiligen zu vertrauen. Ein gläubiges Ehepaar berichtet:

Nach ihrer Hochzeit mussten sie erfahren, dass ihre Ehe kinderlos blieb. In der Kirche, in der sie fast täglich die hl. Messe besuchten, sind sie immer zu einer Josefsstatue gegangen, um dem hl. Josef ihren Kinderwunsch anzuvertrauen. Aber es hat sich nichts geändert, es schien ihnen, dass er ihre Bitte nicht hörte. Aus beruflichen Gründen sind sie dann in eine andere Stadt gezogen. Nach einiger Zeit bekamen sie Anfang März ganz unerwartet einen Anruf von Bekannten mit der Frage, ob sie bereit wären, ein Kind zu adoptieren. Sie haben dieses Angebot mit großer Freude und großherzig angenommen.

An dem Tag als sie diese Nachricht erhielten, riss die Frau das Kalenderblatt eines Heiligenkalenders ab. Und sie staunte nicht wenig: Auf dem nächsten Blatt war jene Josefsstatue abgebildet, vor der sie so lange gebetet hatten. Das war ein überwältigendes Zeichen für sie, dass der hl. Josef nun doch geholfen hat. Als sie den Namen des Kindes erfuhren, das sie zur Adoption annahmen, durften sie noch einmal ein Zeichen Gottes erkennen, denn es hatte den Namen des Patrons jener Kirche, in der sie so viel gebetet hatten.

 

Kreuzerhöhung

Am 14. September feiern wir das Fest Kreuzerhöhung, das uns an die Auffindung des Kreuzesholzes Jesu in Jerusalem erinnert. Der hl. Paulus hat sehr tief erkannt, dass das Kreuz Christi unsere Rettung ist: „Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2). Eine Geschichte aus der griechischen Mythologie, die auch die Kirchenväter auf Christus hin gedeutet  haben, zeigt uns, warum wir uns an das Kreuz Christi binden sollen.

Der Dichter Homer hat in seinem Buch der „Odyssee“ die zehnjährige Irrfahrt des Helden Odysseus auf der Heimreise noch Griechenland geschildert. Er kam auf seiner Fahrt auch zu den Inseln der Sirenen. Die Sirenen faszinierten mit ihren verführerischen Stimmen die Seeleute so sehr, dass diese ihren Kurs verließen, um jenen herrlichen Stimmen zu folgen. Aber der neue Kurs war tödlich, denn die Schiffe zerschellten dann an den Klippen. Um an der Gefahr der Sirenen vorbeizukommen, ließ Odysseus seinen Gefährten die Ohren mit Wachs verstopfen und er selbst ließ sich an den Mastbaum binden, damit er nicht von den verführerischen Stimmen weggelockt werden konnte. So entkamen er und seine Gefährten der unwiderstehlichen Versuchung und sie überlebten.

Auch wir sind auf der Fahrt unseres Lebens von manchen Stimmen und Verführungen bedroht. In den gefährlichen Fahrwassern unserer Zeit müssen wir den richtigen Kurs halten und dürfen nicht ins Verderben abweichen. Aber dazu müssen wir einerseits die Ohren verschließen gegen die verlockenden Lügen dieser Welt und uns auch anbinden lassen an das Kreuz Christi, indem wir der Berufung, die uns Gott gegeben hat, treu bleiben. Wenn wir uns an die Liebe Jesu Christi, an sein Kreuz, binden, sind wir wirklich frei und unabhängig von allen anderen Stimmen. An den gekreuzigten Herrn gebunden zu sein, das ist die Freiheit des Lebens.

 

Die Vorsehung führte uns über das sturmweiße Meer

Der Polarforscher und Expeditionsleiter Sir Ernest Shackleton wurde durch seine Antarktis-Expedition (1914-1917) weltberühmt. Nicht etwa, weil er den Südpol erreichte, sondern weil er nach dem Untergang des Expeditionsschiffes im Packeis und nach einer abenteuerlichen Odyssee im Eismeer seine gesamte Mannschaft (27 Männer) lebend zurückbrachte.

Im Dez. 1914 brach Shackleton mit seinem Schiff von der Walfängerstation auf der Insel Südgeorgien nach Süden auf. Als er sah, dass sie hoffnungslos im Eis gefangen waren und das Schiff unterging, hatte er nur mehr ein Ziel, nämlich alles zu tun, um seine Mannschaft wieder heil nach Haus zu bringen. Er führte seine Leute mit viel Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen, Moral und strahlte im Vertrauen auf die Vorsehung einen Optimismus aus, mit dem er in jedem Rückschlag eine neue Chance sah. Er hat von seinen Leuten viel verlangt, aber war auch selber bereit, mit großer Selbstlosigkeit, alles zu geben. Als z.B. einer aus der Crew bei einer Bootsfahrt seine Handschuhe verlor, gab ihm Shackleton die seinen und hatte als Konsequenz unter Erfrierungen seiner Finger zu leiden.

Sie haben fast zwei Jahre festgesessen in dieser unwirtlichen Welt. Mit den Rettungsbooten konnten sie Elephant Island erreichen. Shackleton beschloss dann, mit fünf Männern in einem der Rettungsboote die über tausend Kilometer entfernte Walfangstation auf der Insel Südgeorgien zu erreichen, von der sie aufgebrochen waren. 15 Tage lang waren sie unterwegs auf einer Nussschale in einem riesigen Ozean. Völlig erschöpft kamen die sechs Männer in Südgeorgien an, aber auf der falschen Seite. Die Station war auf der anderen Seite der Insel, die mit hohen verschneiten Bergketten durchzogen war.

Shackleton machte sich mit zwei Gefährten auf den Weg über die Berge. Es war ein Gewaltmarsch von 36 Stunden mit nur kurzen Pausen.  Bei einer dieser Pausen waren seine Gefährten vor völliger Erschöpfung sofort eingeschlafen. Shackleton wusste natürlich, wenn sie ein paar Minuten zu lange schlafen, werden sie an Erfrierung sterben. Er hat sie nach 5 Minuten geweckt. Und als sie ihn fragten, wie lange sie geschlafen haben, sagte er, eine halbe Stunde, um ihnen den Mut zu vermitteln, dass sie ausgeruht sind und genug Kraft haben, um die Berge zu überwinden. Und sie hatten es geschafft, die Station erreicht. Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es Shackleton auch, die gesamte zurückgelassene Mannschaft auf Elephant Island zu retten.

Es war wie ein Wunder, denn viele andere Expeditionen, die in dieser Zeit unternommen wurden, verzeichneten eine Reihe von Todesopfern.

Es wurde später viel über den weisen und klugen Führungsstil von Shackleton geschrieben. Kennzeichnend war für ihn vor allem die Selbstlosigkeit, mit der er sich immer um das Wohl seiner Gefährten sorgte. Er war kein besonders religiöser Mann, aber er war sich dessen bewusst, dass Gottes Vorsehung ihn auch in allen Rückschlägen begleitet. In sein Tagebuch schrieb er:

„Wenn ich auf diese Tage zurückblicke, habe ich keinen Zweifel daran, dass die Vorsehung uns nicht nur über diese Schneefelder, sondern auch über das sturmweiße Meer führte, das Elephant Island von unserem Landeplatz auf Südgeorgien trennte. Ich weiß, dass es mir während dieses langen und quälenden Marsches von sechsunddreißig Stunden über die namenlosen Berge und Gletscher Südgeorgiens oft vorkam, als wären wir vier und nicht drei. Ich habe meinen Kameraden gegenüber nichts dazu gesagt, aber später sagte Worsley zu mir: ‚Boss, ich hatte auf dem Marsch das seltsame Gefühl, dass noch eine weitere Person bei uns war.‘ Crean gestand, dass er denselben Gedanken hatte.“

Gott ist bei denen, die sich selbstlos hingeben zum Heil und zur Rettung der andern.

 

Der weinende Engel

Der russische Dichter Fjordor Dostojewski hat in einer eindrucksvollen Geschichte die Wahrheit veranschaulicht, dass die Liebe zu Gott und den Menschen – auch wenn sie nur ein kleiner Funke ist – uns retten kann für das ewige Leben. Auf der anderen Seite besteht die Hölle darin, dass der Mensch sich im Egoismus verschließt und die andern mit Füßen tritt.

»Es war einmal eine Frau, die war böse, sehr böse und starb. Sie hinterließ nicht eine einzige Spur einer guten Tat. Sie wurde von den Teufeln ergriffen und in den Feuersee geworfen. Aber ihr Schutzengel stand da und dachte darüber nach: Könnte ich mich nur dessen erinnern, dass sie irgend etwas Gutes getan hat, so dass ich es Gott sagen könnte. Es fiel ihm etwas ein, und er sprach zu Gott: „Sie hat in ihrem Gemüsegarten eine kleine Zwiebelpflanze ausgerissen und sie einer Bettlerin geschenkt.“ Und Gott antwortete ihm: „Nimm diese kleine Zwiebelpflanze und reiche sie ihr zum See hinab, die mag sie anpacken und sich daran herausziehen. Und wenn du sie aus dem See herauszuziehen vermagst, so mag sie ins Paradies eingehen. Wenn aber das Zwiebelkraut abreißt, so soll die Frau bleiben, wo sie sich jetzt befindet.“ – Der Engel lief zu der Frau, reichte ihr die kleine Zwiebelpflanze hin und sagte: „Da, Frau, fass an und zieh dich daran heraus.“ Und er fing an, sie vorsichtig an sich heranzuziehen. Und beinahe hätte er sie herausgezogen. Aber als die übrigen Sünder in dem See sahen, dass man jene herauszog, da hängten sich alle an sie, damit sie zugleich mit ihr herausgezogen würden. Die Frau aber wurde böse und begann mit den Füßen nach ihnen zu treten. „Ich soll herausgezogen werden und nicht ihr, es ist mein Zwiebelchen und nicht eures.“ So wie sie das ausgesprochen hatte, riss das Zwiebelkraut ab. Die Frau fiel in den See zurück, und da brennt sie bis auf den heutigen Tag. Der Engel aber fing an zu weinen und ging fort.«