Er heilte alle Krankheiten und Leiden

Wenn wir in den Evangelien die Menschen betrachten, die um Jesus sind, dann ergibt sich ein ganz eigenartiges Menschenbild, aber es wird auch offenbar, wer Jesus ist. Das Evangelium vom 5. Sonntag im Jahreskreis (B) ist ein anschauliches Beispiel dafür.

1) Als erstes fällt uns auf, dass um Jesus so viele Kranke sind, die er heilt: Aussätzige, Blinde und Gelähmte … Vor Jesus wird offenbar, dass wir von allen möglichen Gebrechen des Leibes gezeichnet sind.

2) Doch damit noch nicht genug: Bei vielen Menschen, die Jesus begegnen, wird auch offenbar, dass sie von unreinen Geistern und Dämonen geplagt sind. Vor seiner Heiligkeit und seinem Wort müssen sie fliehen. Aber das ist nur das äußere Bild vom Menschen.

3) Das tiefere, innere Bild zeigt sich im Herzen des Menschen. Jesus offenbart vor allem unseren geistigen Zustand. Im Evangelium finden wir um Jesus herum hauptsächlich Menschen, die er belehren muss. Unermüdlich hat er den Menschen die Wahrheit gesagt und sie darüber belehrt, was zu Gott und zum ewigen Leben führt. Eines der schlimmsten Übel, in die wir durch den Sündenfall geraten sind, ist die Unwissenheit, die geistige Finsternis und Blindheit.

4) Der Gedanke an die geistliche Finsternis des Menschen führt uns zum wichtigsten Punkt des Menschenbildes des Evangeliums. Vor Christus wir offenbar, dass der Mensch ein Sünder ist. Mit der Sünde wird die Wurzel aller anderen Übel offenbar. Wer sich aber vom Licht Jesu Christi berühren lässt, der sieht ein, dass er eine verlorene Drachme, ein verlorenes Schaf, ein verlorener Sohn ist, der sich selbst nicht retten kann. Aber wer voll Reue zu ihm aufblickt, den wird der Blick der barmherzigen Liebe des Herrn treffen, der gerade dazu in die Welt gekommen ist, um zu suchen, was verloren war. In der Schrift finden wir um Jesus herum hauptsächlich Kranke und Besessene, Unwissende und Sünder. In irgendeiner Weise fehlt jedem etwas. Und mitten unter ihnen steht Jesus Christus als der Heiland, der göttliche Arzt und Lehrer. Vor ihm wird die ganze Armseligkeit und Ohnmacht des Menschen offenbar.

Aber er zeigt uns diesen Zustand nicht, um uns zu beschämen und niederzudrücken, sondern um uns zu erlösen und zu heilen, um uns seine barmherzige Liebe zu schenken. Der Glaube an ihn ist unsere Erlösung. Der hl. Ambrosius sagt sehr schön:

“Alles haben wir in Christus. Jede Seele ist in der Hand des Herrn, und Christus ist für uns alles: Willst du, dass deine Wunden heilen: er ist der Arzt; glühst du vor Fieberhitze: er ist erfrischende Quelle; sinkst du zusammen unter der Ungerechtigkeit deiner Werke: er ist die ewige Gerechtigkeit; bedarfst du der Hilfe: er ist die Allmacht; fürchtest du den Tod: er ist das Leben; verlangst du zum Himmel: er ist der Weg; willst du die Finsternis fliehen: er ist das Licht; suchst du Speise: er ist das Brot des Lebens.”

Chance statt Strafe

Der große Renaissance-Künstler Andrea del Verrocchio (1434-1488) von Florenz war als Kind nach dem Tode seiner Mutter, die kurz nach seiner Geburt starb, mit sechs anderen Geschwistern ganz sich selbst überlassen. Der Vater arbeitete den ganzen Tag in einer Ziegelei.

Mit 17 Jahren wurde der Junge in eine Schlägerei verwickelt, warf einen Stein und verletzte einen Mann dabei tödlich. Andrea wurde verhaftet und wegen Mordes angeklagt. Der Stadtrat von Florenz stellte fest, dass er in seiner Kindheit und Jugend vernachlässigt worden war und zu wenig unter Aufsicht stand. Statt ihn zu bestrafen, schickte man ihn zu einem Goldschmied in die Lehre, wo er gründlich ausgebildet wurde und ein neues Leben begann. Er wurde ein tüchtiger Goldschmied, Ingenieur, Architekt und war einer der einflussreichsten Maler und Bildhauer seiner Zeit. Er blieb immer einfach und bescheiden.

Im gleichen Jahre, als Andrea verhaftet und vor Gericht gestellt wurde, wurde bei Florenz ein Junge geboren, der als Kind sehr gerne zeichnete. Zufällig zeigte dessen Vater eines Tages Andrea ein paar Zeichnungen seines Sohnes. Der Meister von Florenz erkannte sofort die Begabung des Buben, nahm ihn in sein Atelier auf und bildete ihn zehn Jahre lang aus. Dieser Junge war Leonardo da Vinci.

Kindergebet

Angelika und Heinrich hofften nach der Heirat auf Kindersegen; doch es brauchte viel Geduld, ganze sieben Jahre, bis das erste Kind kam. Die Freude war sehr groß, als ihnen Gott einen Sohn schenkte.

Jonas wuchs heran. Schon bald wünschte sich Jonas ein Geschwisterchen und zwar eine Schwester. Die Eltern waren nicht mehr so jung. Sie hofften auf weitere Kinder, doch der Kindersegen liegt in Gottes Hand. Deshalb sagte die Mutter zu Jonas: “Bitte du Gott um eine Schwester. Vielleicht erhört dich der liebe Gott”. Das tat Jonas dann auch treu. Fast jeden Abend vor dem Schlafengehen brachte er sein Anliegen im Gebet vor Gott. Er wusste auch bald, dass seine Schwester Inga (Gott schützt) heißen sollte. Die Eltern wussten nicht, woher er diesen Namen hatte.

Die Zeit verging und es kam der erste Tag, an dem Jonas in den Kindergarten ging. Auf dem Weg dorthin blieb Jonas stehen. Die Mutter sagte ihm: “Was machst du? Wir müssen weiter zum Kindergarten”. Jonas antwortete: “Ich bete für Inga”. Darauf sagte die Mutter und war selbst verwundert über ihre Frage: “Und hat der liebe Gott dir geantwortet?” Wie war die Mutter erstaunt, als Jonas darauf hin sagte: “Ja, jetzt gerade macht der liebe Gott den Bauch, die Ärmchen und die Beinchen”. Die Mutter war ganz “baff”. Was sollte sie dazu auch schon sagen?

Eine Woche danach erfuhr die Mama zu ihrem großen Erstaunen, was sie bisher selbst nicht wusste, dass sie tatsächlich schwanger war. Das Gespräch mit Jonas war genau zu der Zeit, in der sich beim Kind tatsächlich der Kopf, der Bauch und die Beinchen und Ärmchen im Leib der Mutter auszubilden begannen. Wie groß war die Freude auf das zweite Kind – wirklich ein Mädchen. Die Eltern hatten kaum noch auf das Wunder gehofft, nicht so aber der kleinen Jonas. – Kindergebet durchdringt die Wolken.

Quelle: LEBE 86/2007 23

Dann hast du auch mein Kind getauft!

Die katholische Autorin Magdalena Veletta erzählt über eine besondere Erfahrung nach ihrer Bekehrung:

“Nach meiner ‘Umkehr’ vom ‘breiten’ auf den ‘schmalen Weg’ (Mt 7,13-14) kniete ich oft auf hölzernen Kniebänken in unseren Kirchen. Meine Knie bildeten, als Reaktion darauf, eine dicke Hornhaut. Das war Ende der 1980er-Jahre.

Von einem Schriftenstand in einer der Kirchen nahm ich, anfangs der 1990er-Jahre, einen Flyer mit nach Hause. Darauf stand u.a.: Wehrlose Kinder werden gemordet, bevor sie noch geboren werden.

Außerordentliche Situationen verlangen außerordentliche Mittel. In äußersten Fällen müssen auch äußerste Mittel genutzt werden. Im Hinblick auf das heutige, noch nie dagewesene Ausmaß an Abtreibungen ist es glaubhaft, dass der Herr die stellvertretende Begierdetaufe angeregt hat und sie will.
Dogmatisch gesehen, liegt sie im Bereich der Möglichkeit, so dass sie nicht gegen die Lehre der Kirche verstößt.

Die stellvertretende Begierdetaufe als Fürbittgebet kann mit der symbolischen Tat des Weihwasserspendens und dem Aussprechen der Taufformel verbunden werden.

Unter dem Begriff der Begierdetaufe versteht man im katholischen Glauben die Überzeugung, dass die sakramentale Wirkung der Taufe auch denen zuteil wird, die sie aus bestimmten äußeren Gründen nicht empfangen können, diesen Empfang aber wünschen (Begierde). Ich dachte mir, dass dies niemandem schaden könne, aber von großem Nutzen wäre, wenn diese Taufe von Gott, unserem Vater, für diese unschuldigen Kinder gewünscht und angenommen würde. So begann ich damit, jeden Abend die abgetriebenen Kinder des Tages zu ‘taufen’.

Diese sogenannte Begierdetaufe gestaltete ich mit Gebeten, Weihwassersprengung und mit den Worten:

‘Herr und Gott! Du gibst uns in dieser Zeit so viele Beweise deiner Liebe, dass ich dich jeden Abend bitten möchte, dass alle Kinder zu deiner beseligenden Anschauung kommen dürfen, die heute Nacht und Morgen bis zur selben Abendstunde sterben werden. Nimm dieses stellvertretende Glaubensbekenntnis und Vaterunser in Gnaden an. Und so taufe ich dich, Johannes, und alle Kinder deiner Art, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Für Mädchen wählte ich den Namen Maria. Das machte ich jeden Abend, gut ein Jahr lang.

Im Jahr 2002 verunfallte einer meiner besten Freunde tödlich. Beim anschließenden Essen an dem Beerdigungsgottesdienst, saß mir eine junge Nonne aus Italien gegenüber. Sie war jung und sehr schön. Wir erzählten uns, was wir mit dem Verstorbenen erlebt hatten.
Im Verlauf unseres Gesprächs fragte ich sie auch nach ihrer eigenen Geschichte, und sie erzählte sie mir.

Sie war, anfangs der 1990er-Jahre, als aufgehender Star im Modebusiness tätig und ausschließlich mit sich selbst beschäftigt.

Dann wurde sie schwanger, konnte sich aber ein Leben mit einem Kind nicht vorstellen und so kam es, dass sie ihr Kind abtreiben ließ. Die Folge davon waren Depressionen, Verzweiflung und Schmerz, eine Reaktion, die wir als Post-Abortion-Syndrom kennen.

Sie schrie nächtelang nach ihrem Kind, bis Gott ihr Antwort gab. Sie entschloss sich für ein Leben der Buße und trat in ein Kloster ein.
Da sagte ich ihr, dass ich ein Jahr lang alle abgetriebenen Kinder ‘getauft’, ihnen Namen gegeben, sie gesegnet und für sie gebetet hätte. Ihre Augen blitzten auf, als sie mich fragte, wann ich das getan hätte.

Gemeinsam stellten wir fest, dass sie im gleichen Jahr, in dem ich abgetriebene Kinder ‘taufte’, ihr Kind abtreiben ließ. ‘Dann hast du auch mein Kind getauft!’ sagte sie und legte ihre Hand auf die meine. Beide hatten wir Tränen in den Augen und priesen wortlos unseren großen Gott.

Ich sagte ihr noch: ‘Wenn es ein Junge war, würde er Johannes heißen. Ein Mädchen würde den Namen Maria tragen.’ Für die Nonne war es, wie sie mir sagte, ein Zeichen des Himmels und eine große Tröstung und Erleichterung.

Bei unserer Verabschiedung umarmten wir uns lange.”

Quelle: https://gloria.tv/post/dpJGukX1cnmE1HTaK2vgbgZLt

Die „Drei Ave Maria“

Die Gottesmutter Maria gab der hl. Mechthild von Hackeborn, einer Zisterzienserin und Mystikerin (1241-1299), die großen Verheißungen, von denen hier die Rede ist. Gegen Ende ihres Lebens dachte die Heilige voller Bange an den großen Augenblick, da ihre Seele den Körper verlassen würde, um in die Ewigkeit einzugehen. Darum bat sie die Mutter Gottes um gnädigen Beistand für ihre letzte Stunde. Maria, die ihrer treuen Dienerin schon oftmals erschienen war, erhörte ihre Bitten und sagte zu ihr:

“Ja, ich werde deine Bitten bestimmt erfüllen, meine Tochter, aber ich verlange von dir, dass du täglich mir zuliebe drei Ave Maria betest.

Das erste Ave zu Ehren Gott Vaters, der in seiner herrlichen Allmacht meine Seele so auszeichnete, dass ich nach ihm allmächtig im Himmel und auf Erden bin.

Das zweite Ave zu Ehren Gott des Sohnes, der in der Größe seiner unerforschlichen Weisheit mich mit solchen Gaben der Wissenschaft und des Verstandes schmückte und erfüllte, dass ich inniger als alle Heiligen die Allerheiligste Dreifaltigkeit schauen darf. Er hat mich überdies mit einem Glanz übergossen, dass ich wie eine strahlende Sonne den ganzen Himmel erleuchte.

Das dritte Ave zu Ehren des Heiligen Geistes, der die süße Fülle seiner Liebe in mein Herz gegossen hat und mich so gut und barmherzig schuf, dass ich nach Gott das sanfteste und gütigste Wesen bin.”

Maria versprach jenen, die diese ‘Drei Gegrüßet seist du Maria’ treu beten, ihre treue Hilfe:

“Ich werde dir in der Todesstunde beistehen, dich trösten und alle Macht des Teufels von dir fernhalten. Ich werde dir das Licht des Glaubens und der Erkenntnis eingießen, damit dein Glaube nicht durch Unwissenheit oder Irrtum versucht werde. Ich werde dir in der Stunde des Hinscheidens nahe sein und in deine Seele die Wonne der göttlichen Liebe überströmen lassen, damit kraft ihrer Übermacht alle Todespein und Bitterkeit durch die Liebe sich in Glückseligkeit wandle.”

Diese Gebetsübung entsprang also nicht menschlichem Wollen und Bemühen, sondern war die Frucht einer ausdrücklichen Offenbarung Mariens und enthielt so tröstliche Verheißungen, wie sie nur die Himmelskönigin geben konnte. Und Maria steht zu ihrem Wort; dies haben im Laufe der Geschichte viele, viele Gläubige, Priester, Missionare und Heilige bezeugt.

Durch die Drei Ave hat Maria unter anderem auch vielen Gläubigen geholfen, die Sünden gegen die Keuschheit zu überwinden. Maria wird auch in der heutigen Zeit helfen, da so viele Menschen in diesem Bereich auf Abwegen sind. Eine junge Frau gab das folgende Zeugnis:

“Fünfzehn Jahre lang konnte ich mich nicht aus den Schlingen der Todsünde befreien. Ich ging zwar zur Beichte und Kommunion an den großen Festtagen, aber der Empfang dieser Sakramente war nicht in Ordnung. Gewissensbisse marterten mich, doch im Beichtstuhl verschloss mir der Satan den Mund. Da erzählte mir eine Freundin von der Andacht der Drei Ave Maria. Ich gewöhnte mich nun daran, jeden Morgen und Abend drei ‘Gegrüßet seist du, Maria’ zu beten und verlor nach und nach meine schlechten Gepflogenheiten. Im folgenden Jahr fand eine Mission statt. Dabei fasste ich den Entschluss, endgültig die schiefe Bahn, auf die ich geraten war, zu verlassen. Dank einer Novene, die ich zu Ehren Unserer Lieben Frau von den Drei Ave Maria hielt, fand ich den Mut zu einer Generalbeichte.

In dieser Zeit erbetete ich auch die Bekehrung meines Vaters, der seit mehr als zwanzig Jahren der Kirche ferngeblieben war.”

Bete mit mir – allein schaff’ ich es nicht

In seinem spannenden, lesenswerten Buch ‘Tödliche Schatten Tröstliches Licht’ berichtet der Franziskanerpater Gereon Goldmann über seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg. Von 1944 – 1947 wirkte er als neugeweihter Priester in den Kriegsgefangenenlagern Nordafrikas. Durch seine Predigten und Vorträge konnte er viele im Glauben stärken. Er berichtet über eine Erfahrung, welche Kraft das Gebet des Herrn hat und wie wir einander im Gebet stützen sollen:

“Als endlich, nach so vielen Monaten des Wartens, die ersten Briefe aus der Heimat ankamen und dazu die Nachrichten, was alles an Schrecken des Krieges geschehen war, da brach bei vielen die Widerstandskraft. Die Selbstmorde aus Verzweiflung und Herzensnot mehrten sich. Doch wie sich das bei einem Mann des Glaubens auswirkte, das erlebte ich an einem Beispiel, das ich nie vergessen sollte.

Da war ein Unteroffizier, Schlesier, Vater von vier Kindern. Wie oft hatte er mir die Fotos seiner Frau und Kinder gezeigt. Seine ganze Freude, sein ganzer Schatz. Nun bekam er die erste Nachricht gleich mit der schrecklichen Botschaft, dass alle seine Lieben von einem russischen Panzer überrollt und zerquetscht worden waren. Er rannte weinend aus der Baracke in das Dunkel des Lagers. Ich eilte ihm nach, als ich davon hörte, und suchte ihn in der Selbstmörderecke hinter der großen Latrine. Doch dort fand ich ihn nicht. Nach einigem Suchen kam ich in die fast dunkle Kapelle und sah, dass das Altarkreuz fehlte.

Endlich sah ich auch den Mann, das Kreuz in den Händen, vor dem Altar kauernd. Ich versuchte ihn zu trösten, hörte aber nur: “Nein, nein, bete doch nur mit mir, was du gestern Abend gepredigt hast. ‘Es war eine Ansprache aus der Serie über das Vaterunser. Wir beteten gemeinsam diese heiligen Worte. Als wir sprachen: ‘Dein Wille geschehe’, unterbrach er mich: ‘Es ist schon gut, allein konnte ich diese Worte nicht herausbringen, aber nun ist es geschafft.’ Mit neuer Kraft ging er mit mir aus der Kapelle.”

Christus mit der ausgestreckten Hand

Dieses ungewöhnliche Holzkruzifix befindet sich in der Kirche San Juan aus dem 12. Jahrhundert auf dem Jakobsweg im Dorf Furelo in der Nähe von Melide, Galicien. Die Statue hat den Namen ‘Cristo de la Mano Tendida’ (Christus mit der ausgestreckten Hand).

Dazu wird von einer Generation zur anderen folgende Geschichte überliefert, die uns das Erbarmen Jesu mit reuigen Sündern zeigt:

Unter dem Kreuz beichtete ein Mann in aufrichtiger Reue seine zahlreichen schweren Sünden. Der Priester gab ihm die Lossprechung, bat ihn aber, in Zukunft nicht rückfällig zu werden. Der Mann war darum bemüht und blieb eine Zeitlang seinem Versprechen treu. Dann aber wurde er schwach. Wieder sprach ihn der Priester im Namen Gottes von seinen Sünden los.

Als es dann aber die Gewohnheit einerseits und die menschliche Schwäche andererseits mit sich brachten, dass er wiederum schuldig wurde, zweifelte der Priester an der Echtheit seiner Reue und wollte ihm die Lossprechung verweigern. In diesem Augenblick habe der Gekreuzigte seine Hand vom Nagel gelöst und zeichnete über jenen Mann das Zeichen der Lossprechung.

Dann aber wandte er sich dem Priester zu und sagte ihm: “Du hast dein Blut nicht für ihn vergossen! Ich habe mein Leben für diesen meinen Sohn gegeben, wenn du ihm also nicht die Absolution erteilst, werde ich ihn lossprechen.”

Das weiße Band

Jesus ruft uns in der Bergpredigt auf: “Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!” (Lk,6,36f).

Ein Mann erzählt: “Bei einer Bahnfahrt saß ich einmal neben einem Mann, dem sichtlich etwas Schweres auf dem Herzen lastete. Schließlich rückte er dann auch damit heraus, dass er aus seiner Strafe entlassen war und jetzt auf der Fahrt nach Hause sei. Seine Verurteilung hatte Schande über seine Frau und seine Kinder gebracht. Sie hatten ihn nie besucht und auch nur ganz selten geschrieben. Er hoffte aber trotzdem, dass sie ihm verziehen hatten.

Um es ihnen aber leichter zu machen, hatte er ihnen in einem Brief vorgeschlagen, sie sollten ihm ein Zeichen geben, an dem er  wenn der Zug an der kleinen Farm vor der Stadt vorüber fuhr, sofort erkennen könne, wie sie zu ihm stünden. Hatten die Seinen ihm verziehen, so sollten sie in dem Apfelbaum an der Bahnstrecke ein weißes Band anbringen. Wenn sie ihn aber nicht wieder daheim haben wollten, sollten sie gar nichts tun. Dann werde er im Zug bleiben und weiterfahren, weit weg. Gott weiß, wohin.

Als der Zug sich seiner Heimatstadt näherte, wurde seine Spannung so groß, dass er es nicht über sich brachte, selber aus dem Fenster zu schauen. Ein anderer Fahrgast tauschte den Platz mit ihm und versprach, auf den Apfelbaum zu achten. Gleich darauf legte er dem jungen Sträfling die Hand auf den Arm. ‘Da ist er!’, flüsterte er, und Tränen standen ihm plötzlich in den Augen. ‘Alles in Ordnung. Der ganze Baum ist voller weißer Bänder!’ In diesem Augenblick schwand alle Bitternis, die sein Leben vergiftet hatte. ‘Mir war’, sagte der andere Mann später, ‘als hätte ich ein Wunder miterlebt!’ und vielleicht war es auch eines.”

Die Liebe schuldet ihr einander immer

Das Weihnachtsevangelium, das wir Jahr für Jahr hören, birgt einen interessanten Umstand in sich, der uns helfen kann, das Geheimnis der Menschwerdung des Gottessohnes tiefer zu verstehen.

Es heißt: “In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.”

Der heilige Kirchenvater Ambrosius hat in seiner Auslegung zu dieser Stelle darauf hingewiesen, dass wir diese Steuererhebung des Kaisers Augustus tiefer geistlich verstehen müssen. Denn dieser Zensus, mit dem der Kaiser zeigt, dass alle Menschen seines Reiches seine Schuldner sind, ist ein Bild dafür, dass alle Menschen Schuldner vor Gott sind. Seit dem Sündenfall sind wir alle in schwerer Schuld vor ihm. Durch unsere Sünden sind wir gleichsam ‘Steuerhinterzieher’, die Gott nicht das geben, was ihm gebührt und gehört. Wir geben ihm nicht die ihm gebührende Ehre und Anbetung, wir haben die Liebe und Anerkennung für ihn und seine Gebote verweigert, durch die Sünde haben wir uns gegen ihn aufgelehnt.

Gott verlangt diese Liebe und das Halten seiner Gebote von uns nicht, weil er dies selbst brauchen würde. Er ist überhaupt nicht auf uns angewiesen. Er verlangt diese ‘Steuer’ zu unserem eigenen Heil, weil er uns liebt.

Und wir sehen es ja auch deutlich in dieser Welt: Wo Gott nicht anerkannt wird, wo man seine Gebote verachtet, da kommen die Menschen selber unter die Räder. Dort geht es uns selber immer schlechter, dort herrschen Elend und Ungerechtigkeit.

Da wir diese ‘Schulden’, die wir vor Gott haben, nicht selber begleichen und die Not, in die wir uns gestürzt haben, nicht selber beheben können, ist Gott selbst in diese Welt gekommen, er ist Mensch geworden. Jesus hat einmal gesagt: “Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört.” Genau das hat Jesus von Anfang an getan: Er hat Gott, seinem Vater, das gegeben, was ihm gehört, um unsere Schulden wieder gutzumachen.

Als erstes schenkt er seinem himmlischen Vater den Gehorsam und die schuldige Liebe. “Meine Speise ist es, den Willen meines Vaters zu erfüllen.” Ja und dann nimmt er sogar die Strafe auf sich, die wir verdient haben. Er hat alle Leiden und Ungerechtigkeiten der Welt auf sich genommen und ertragen.
Nicht nur gegenüber Gott hat er durch seine Liebe unsere Schuld wieder gutgemacht, sondern er ist auch gekommen, durch seine Liebe das wieder gutzumachen, was wir Menschen einander durch unsere Lieblosigkeit schuldig geblieben sind. Wer also an Jesus Christus glaubt, dem werden die Schulden vor Gott erlassen, und er empfängt den Heiligen Geist der Liebe, mit dem er auch dem Mitmenschen zu schenken vermag, was er ihm schuldet.

An Weihnachten, so kann man bemerken, erinnern sich doch viele Menschen daran, wozu sie berufen sind, nämlich einander die Liebe und Barmherzigkeit zu schenken. Und durch unsere Geschenke versuchen wir ein wenig das auszugleichen, was wir unseren Mitmenschen immer schulden. Der hl. Paulus sagt aber sehr treffend: “Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt” (Röm 13,8).

Der Weg des Kreuzes

Thomas von Kempen (+ 1471) schreibt in seinem berühmten Buch “Nachfolge Christi” über das Kreuz in unserem Leben:

“Es gibt keinen anderen Weg zum wahren inneren Frieden als den Weg des heiligen Kreuzes und des täglichen Sterbens. … Regle und ordne alles nach deinem Wissen und Willen: Du wirst erfahren, dass wir immer irgendwie leiden müssen, ob wir wollen oder nicht. Immer wirst du das Kreuz antreffen. Entweder wirst du körperliche Schmerzen haben, oder du leidest geistige Not. Zuweilen wirst du von Gott verlassen, zuweilen von deinem Nächsten geplagt. Und was ärger ist: Oft bist du dir selbst zur Last, und nichts kann dich trösten und dir Erleichterung verschaffen: Du wirst ertragen müssen, solange es Gott gefällt.

Gott will aber, dass du Not ertragen lernst ohne Trost, dass du dich ihm ganz unterwirfst und dass aus der Not Demut hervorgeht. Niemand empfindet das Leiden Christi so tief, als wer Ähnliches erdulden musste. Das Kreuz ist also immer bereit und erwartet dich überall. Wohin du auch gehst, nimmst du dich selber mit und findest dich selber vor. …

Trägst du das Kreuz gern, so trägt es dich und führt dich zu dem ersehnten Ziel, dahin, wo das Leiden ein Ende haben wird.”