Hilf mir, die Mutter zu werden, die du erwartest

Lucia Herman und ihr Mann Joe waren beide in gut katholischen Familien groß geworden, so erzählt Lucia in einem Interview mit der Catholic Extension Society. Nach ihrer Hochzeit zogen sie in nach Mountain City, einer Stadt in Tennessee, in der Katholiken eine extrem kleine Minderheit waren. Zur Sonntagsmesse mussten sie in eine andere Stadt fahren. Lucia und ihr Mann engagierten sich von Anfang dafür, dass in ihrer Stadt eine katholische Gemeinde gegründet und eine Kirche gebaut wurde.

Als Lucia ihr erstes Kind, Danny, bekam, brachten sie und ihr Mann ihren kleinen Sohn nach wenigen Tagen zur hl. Messe mit. Wie Hannah, die Mutter des Propheten Samuel, war Lucia Gott sehr dankbar für das Geschenk dieses neuen Lebens. Sie sagt: „Ich habe ihn Gott dargebracht. Ich weiß noch, wie ich sagte: ‚Hier ist dein Kind. Ich danke dir. Hilf mir, die Mutter zu werden, die du von mir erwartest, damit er der Mensch werden kann, zu dem du ihn geschaffen hast.'“

Dreißig Jahre später (2024) durften Lucia und ihr Mann, der inzwischen ständiger Diakon geworden war, erleben, dass ihr Sohn Danny zum Priester geweiht wurde. Lucia hatte sich von Anfang an bemüht, Danny und ihre beiden anderen Kinder im Glauben zu erziehen, trotz vieler Herausforderungen. Da es in der Schule keinen katholischen Religionsunterricht gab, begann sie mit einigen anderen Eltern, den Kindern zu Hause den Religionsunterricht zu erteilen, um sie auf den Empfang der Sakramente vorzubereiten. Das Gebet spielte in ihrer Familie eine besondere Rolle. Es war Teil ihres Lebens. „Das Gebet ist viel mehr als nur Worte“, sagte sie. „Es ist ein ständiges Gespräch mit Gott.“ Lucia hat auch eine besondere Verehrung für die Muttergottes. „Ich weiß, dass ich mit ihrer Hilfe und durch ihr Vorbild in der Lage war, meine Kinder zu erziehen und eine gute Ehefrau zu sein“.

Nachdem in Mountain City eine katholische Kirche gebaut worden war, nahm Lucia auch immer an der Heiligen Stunde teil, in der die Gläubigen um geistliche Berufungen beteten und um einen Priester für ihre Pfarrgemeinde. Lucia betete auch immer für ihren ältesten Sohn, weil sie spürte, dass er Schwierigkeiten hatte, seine wahre Bestimmung im Leben zu finden.

„Als er mir sagte, dass er berufen wurde, war ich nicht überrascht.“ Lucia verstand die Berufung ihres Sohnes als eine Botschaft Gottes: ‚Du wolltest einen Priester. Ich bitte dich um deinen Sohn.‘ „Ich sehe die Größe Gottes in meinen Kindern“, fügte sie hinzu. „Als sie in meinem Schoß waren – was für eine schöne Sache. … Meine Kinder sind mein Glück, sie sind Gottes Gnaden. Was gibt es Besseres, als meinen Ältesten an Ihn zurückzugeben?“

Denny Herman erzählt über seinen Weg zum Priestertum: „Ursprünglich hatte ich den Ruf ins Priesterseminar gespürt, als ich 17 Jahre alt war. Ich hatte mich aber aus egoistischem Ehrgeiz aktiv dagegen gewehrt.“ Er nahm damals an einem Glaubensseminar der Universität Notre Dame teil, das ihn beeindruckte. „Was mich wirklich berührte, war die pastorale Liebe, die mir ein Priester bei der Beichte entgegenbrachte. Ich war gebrochen, und er handelte so, wie es ein Vater tun sollte. Ich weiß noch, wie ich aus der Beichte herausging und dachte: ‚Wenn ich ein Werkzeug der Gnade sein könnte, wie es dieser Priester für mich war, dann hätte mein Leben einen Sinn.'“

Danny begann mit dem Medizinstudium und beschloss dann, Marineflieger zu werden. Er wurde drei Jahre lang in der Flugschule der Marine ausgebildet. Doch während dieser Ausbildung wurde ihm bewusst: „Ich hörte Sätze wie ‚Du bist nicht dafür geschaffen‘ und ‚Ich habe dich für etwas anderes geschaffen‘ in meinem Herzen widerhallen.“ So entschloss er sich mit 25 Jahren ins Priesterseminar einzutreten.

Was willst Du, dass ich tue?

Es war ein wahrhaft einmaliges und freudiges Ereignis, als die 28-Jährigen Zwillingsbrüder George und Johnny Jallouf, Franziskaner der Kustodie des Heiligen Landes, in ihrer Heimatstadt Aleppo in Syrien am 6. Juli 2024 die Priesterweihe empfingen. Noch dazu war es ihr leiblicher Onkel, Msgr. Hanna Jallouf, ebenfalls Franziskaner, der sie in der Franziskuskirche weihte. Aufgewachsen waren die eineiigen Zwillinge mit drei älteren Brüdern in einer tiefgläubigen Familie. „Dank unserer Eltern haben wir von klein auf die Schönheit des christlichen Lebens und Betens eingeatmet“, betonten sie in einem Interview. „Wir ministrierten in der Franziskanerpfarrei, sangen im Chor und engagierten uns als Katecheten und in Jugendgruppen so sehr, dass die Eltern uns ab und zu fragten, ob wir nicht gleich ein Zimmer im Kloster mieten und dort übernachten wollten.“

Im Aussehen sind Johnny und George fast identisch, aber sie unterscheiden sich im Charakter voneinander, wie auch im Finden ihrer Priesterberufung. Die Brüder erzählen: Johnny: „Ich war 15 und sträubte mich lange dagegen, denn ich wollte heiraten und Arzt werden. Als der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach, wuchs dieser Wunsch nur noch mehr, denn auf der Straße sah ich die Verwundeten und dachte, wenn ich nur etwas von ihrem Schmerz lindern könnte, hätte ich schon etwas Gutes in meinem Leben getan. Zugleich war eine Leere, eine innere Angst in mir, die mich fast lähmte. Lebhaft erinnere ich mich noch an jenen Tag, ich war inzwischen 17, als ich in einem Moment besonderer Verzweiflung das Vaterunser zu beten begann. Bei der Stelle ‚Dein Wille geschehe‘ hielt ich inne. Ich fragte Gott: ‚Was willst Du, dass ich tue? Ich möchte glücklich sein, aber sag Du mir, wie.‘ Und mit einem Mal wurde mir klar: Bisher hatte ich immer nur meinen Willen getan, doch diese Worte des Vaterunsers müssen Fleisch werden, konkret und greifbar.

In den folgenden Monaten – ISIS und Rebellen besetzten die Stadt – starben viele Leute um mich herum und auch wir waren in Lebensgefahr. Ich betete, las die ‚Geschichte einer Seele‘ der Kleinen hl. Theresia und nach Antworten suchend betrachtete ich die Heilige Schrift, bis mich ein Satz ganz tief traf; er sollte meine Berufung prägen und mein priesterliches Motto werden: ‚Gib mir Seelen, alles andere nimm‘ (vgl. Gen 14,21). Jetzt war ich mir sicher: Gott will mich als Priester, als Seelenarzt, der die verwundeten Seelen meines Volkes heilt.“

George: „Schon als Kind, als Ministrant, schaute ich mit Hochachtung und Bewunderung zu den Priestern auf, die ich kannte. Ihr Leben und ihre Freude, die selbst in den Kriegsjahren nicht von ihnen wich, faszinierten mich; still und verborgen trug auch ich den Wunsch in mir, ganz Jesus zu gehören. Im Gegensatz zu Johnny behielt ich dies zunächst für mich. Doch wie er widerstand auch ich der Berufung anfangs ein wenig und wollte als Teenager sogar ein großer Regisseur werden. Die Bomben fielen auf Aleppo, doch ich versuchte, täglich zur Hl. Messe zu gehen. Ich hatte Angst, sagte mir aber immer wieder: ‚Ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir.‘ Ps 23,4. Dieser Satz leitete und beruhigte mich, er gab mir Frieden. Mit 18 geriet ich dann in eine Krise, fühlte mich sündhaft und unwürdig. Warum sollte der Herr ausgerechnet mich für Sich auserwählen? Während eines mehrtägigen Franziskanermarsches in Syrien bat ich Ihn um ein Zeichen. Als wir für die Hl. Messe in einem Altenheim Halt machten und danach den älteren Leuten das Essen brachten, sagte eine betagte Frau am Ende der Mahlzeit zu mir: ‚Pater, ich möchte nichts mehr.‘ Als ich hörte, wie sie mich ‚Pater‘ nannte, war ich erschüttert. Das war mein Zeichen! Ich bin nicht wegen meiner Verdienste berufen worden oder weil ich würdig war, sondern aus Liebe! Nur wenige Wochen später, im September 2014, machte ich mich mit Johnny auf, um Franziskaner und Priester zu werden.“

Du musst das Evangelium leben, nicht nur lesen!

„Vor zweiundzwanzig Jahren bin ich einer Person namens Jesus Christus begegnet. Und wo? Im Iran.“ Mit diesen Worten begann der Franziskanerbruder André Marie Rahbar am 23. Apr. 2023 bei der Konferenz der Gemeinschaft „Magnificat“ in Chianciano Terme (Italien) von seinem Leben zu erzählen.

„Ich wurde in einer Stadt geboren, in der alle Muslime sind. Es gibt keine Christen. Ich wurde in eine Familie hineingeboren, die nicht einmal an Gott glaubte, und bis zum Alter von 13 Jahren war ich ein Kind, das auf der Straße spielte, zur Schule ging und sich weder für Gott noch für die Religion interessierte“. Ein normales Leben, weit weg von Gott. Bis eines Tages etwas Seltsames passiert: Auf dem Weg zur Schule fand André ein Buch auf dem Boden. „Aus Neugierde habe ich dieses Buch auf der Straße aufgehoben, und darauf stand ‚Evangelium von Jesus Christus‘. Das war schon seltsam. Aber wer war Jesus? Was ist das Evangelium? fragte ich mich.“

André begann dieses Buch zu zu lesen, Tag und Nacht, und konnte nicht mehr damit aufhören: „Wisst ihr das? Noch heute ist dieses Buch in meinem Land verboten … Ich weiß nicht, wer das Buch an jenem Tag auf der Straße gelassen hat. Aber es hat ein Leben verändert. … Allerdings gab es dann ein Problem mit meiner Familie, als sie sahen, dass ihr einziger Sohn von morgens bis abends in diesem Buch las, sogar auf der Straße und in der Schule. Erst sagten sie zu mir: ‚Schau, das sind alles nur Geschichten von vor 2000 Jahren, lass das doch, zerbrich dir nicht den Kopf mit solchen Dummheiten.‘ Aber ich konnte es nicht lassen. … Dieser Jesus, den ich in dem Buch gefunden hatte … tief in meinem Herzen war etwas, eine Gewissheit, dass er wirklich da war, dass er existiert und mir nahe war.“

Sein Vater nahm ihm schließlich das Buch weg und zerriss es. André machte sich auf die Suche, bis er es in einem Geschäft in der Stadt fand. Mit dem Geld, das ihm sein Vater für die U-Bahn-Tickets gab, kaufte er das Buch. Als sein Vater das Buch bei André entdeckte, zerriss er es wieder. Das wiederholte sich einige Male, bis André schließlich auf die Idee kam, das letzt Buch, das er kaufen konnte, einer Bibliothek zu schenken, um es tagsüber dort ausleihen und lesen zu können. Aber er stellte fest:

„Die Nacht ohne dieses Buch war für mich wirklich finstere Nacht! … ich hab darin das Licht gefunden! Ohne das Buch hatte ich Angst.“ Damit er das Buch auch bei sich zu Haus haben konnte, ohne dass seine Familie feststellen konnte, was er las, lernte er eine andere Schrift. „Also schrieb ich das ganze Neue Testament auf Persisch, aber in armenischer Schrift ab, in etwa 30 Heften, alle von der ersten bis zur letzten Seite gefüllt. Aber diese 30 Hefte mit mir herumzutragen, war dann einfach auch nicht möglich … ‚Herr, was soll ich denn machen? ‚, fragte ich. Und dieses Mal hörte ich in meinem Herzen die Worte:

‚Du musst das Evangelium leben, nicht nur lesen und bei dir haben! Wenn du diese Worte lebst, wirst du das Licht in dir tragen, nicht in deiner Tasche, nicht in Heften oder Büchern; du musst es leben!‘

Das war ein wirklich revolutionärer Moment in meinem Leben. Ob der Herr nun einen anderen Weg vor mir eröffnete, den er selbst erleuchten würde? In diesem Augenblick – ich war fast 15 Jahre alt und bereits zwei Jahre mit Jesus unterwegs – fand ich zum ersten Mal eine Kirche. … Fast sieben Jahre bereitete ich mich vor, um die Taufe zu empfangen. Doch damit begann eine Reihe sehr großer Schwierigkeiten, sowohl mit meiner Familie, die mich bat, das Haus zu verlassen, als auch mit der Gesellschaft, dem Staat, mit der Polizei. Ich war 16, als ich zum ersten Mal ins Gefängnis kam …

Nach fast 15 Jahren durfte ich den Heiligsten Leib Christi, die Kommunion, empfangen! Das Leben, über das ich euch erzähle, war schwer, ja, aber nach 22 Jahren kann ich sagen: Es ist auch wunderschön!“

Wer bist du, der du mir heute vergeben hast?

Er wurde im Iran geboren und war drei Jahre Kämpfer bei der Hizbollah. Er war auf dem Weg nach Amerika, um Christen zum Islam zu bekehren. In Malaysia wurde er verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Nun berichtet er, wie er im Gefängnis zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist.

„Ich war ein leidenschaftlicher Muslim, der nicht nur betete. Ich las den Koran alle zehn Tage komplett. Ich war mit Leib und Seele Muslim. Eines Tages im Gefängnis, als ich betete, erschien ein Mann vor mir. Er war normal groß, aber er leuchtete und dieses Licht war nicht normal. Dieses Licht war von etwas Außergewöhnlichem erfüllt. Ich wusste sofort, er ist heilig und er ist gerecht. Und im gleichen Moment erkannt ich, dass ich nicht gerecht und heilig bin. Obwohl ich so viel gebetet hatte, so viel gefastet hatte, den Koran gelesen hatte, freiwillig über Landminen gegangen war, an der Tötung von Menschen teilgenommen hatte, all das habe ich getan, um Allah zufriedenzustellen.

Ich wusste jetzt, obwohl ich alle Regeln und Gesetze des Islam gehalten hatte, dass ich nicht gerecht und nicht heilig bin. Und ich wusste, das einzig Gerechte für mich wäre, mich zu töten. Aber ich wollte nicht sterben.

Also lief ich Hals über Kopf in die Ecke des Raumes und ich schrie weinend: ‚Vergib mir, vergib mir, vergib mir!‘ Ich glaubte nicht, dass er mir vergeben würde, weil er gerecht ist. Bis ich eine Berührung auf meiner rechten Schulter spürte und er sagte: Ich vergebe Dir! Dann fiel ich nieder und die Wut, die mich besessen hatte, verließ mich. Ich wusste, dass mir vergeben wurde, aber ich wusste nicht wie. Ich war verwirrt und dachte, das verstehe ich nicht. Nur Gott kann vergeben. Du hast mir vergeben. Du bist Gott, aber du bist ein anderer Gott, als der, den ich studiert habe. Das ist nicht Allah. Wer bist du, der du mir heute vergeben hast?

Und er sagte: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!‘ Ich dachte: Das ist kraftvoll und bedeutet viel, denn als ein Muslim betete ich: Zeig mir den geraden Weg. Der Weg ist eine Richtung, Wahrheit ist etwas, an dem man Maß nimmt, Leben ist eine Quelle. Aber er behauptet, all diese drei zu sein. Ich habe nie gedacht, dass der Weg eine Person sei. Die Wahrheit ist eine Person und das Leben ist eine Person. Und all diese drei sind dieselbe Person. Also sagte ich: ‚Das verstehe ich nicht. Was ist dein Name?‘ Und er sagte: ‚Jesus Christus!‘ In diesem Moment fiel ich zu Boden, als hätte ich keine Knochen mehr und begann zu weinen.“

Und er gibt Zeugnis, wie sich durch diese Begegnung mit Jesus sein Leben vom Hass zur Liebe und Barmherzigkeit gewandelt hat. Er sagt: „Es ist, als ob du farbenblind bist, und dann auf einmal siehst du wieder Farben. Und du realisierst, dass die Welt so viel schöner ist, als du es je für möglich gehalten hast. Wenn du mich fragst: Was hat die Welt so farblos gemacht? Es ist der Hass. Es ist der Hass, die Wut, die im Herzen jedes Muslims ist. Ich wusste nicht, warum ich hasste. Gott hat uns nicht geschaffen, um zu hassen, sondern zu lieben.“

Fürst des Friedens: Die Auferstehung

Akiane Kramerik wurde 1994 in Illinois USA geboren. Ihre Mutter und ihr Vater waren atheistisch eingestellt. Gott und Glaube war in ihrer Familie kein Thema. Aber Akiane begann schon mit drei Jahren über Gott und die Welt des Himmels zu reden, die sie in Visionen und Träumen sah. Mit vier Jahren begann sie das, was sie innerlich sah, zu zeichnen, mit fünf Jahren begann sie mit Farben zu malen und entfaltete dabei ihr ganz außergewöhnliches Talent. Mit sieben Jahren begann sie Gedichte zu schreiben. Als sie acht Jahre alt war, malte sie dieses später berühmt gewordene Portrait von Jesus, so wie sie ihn in ihren Visionen immer gesehen hatte. Sie hatte 40 Stunden intensiv an diesem Bild gearbeitet. Akiane gab ihm den Namen „Prince of Peace: The Resurrection“. Viele Menschen, die in einer Nahtoderfahrung oder in Träumen selber Jesus gesehen hatten, haben gerade in diesem Bild Jesus wieder erkannt. Ein Buddhist fragte einmal die 10jährige Akiane: „Warum hast du dich für das Christentum entschieden und nicht für eine andere Religion?“ „Ich habe mich nicht für das Christentum entschieden, sondern für Jesus. … Ich weiß nicht viel über die Religionen, aber ich weiß dies: Die Liebe ist unser Ziel.“

Berufung – Komm und folge mir nach!

Jesus hat damals die ersten Apostel persönlich angesprochen und zu ihnen gesagt: „Komm und folge mir nach!“ Und weil sie auf das Wort Gottes hörten, hat es reiche Frucht gebracht. Das geschieht bis heute so. Der Theologe Hans Urs von Balthasar (1905-1988) berichtet in einem kurzen Aufsatz mit dem Titel „Warum ich Priester wurde“ von seiner Berufungsstunde. Er schreibt:

„Noch heute, nach dreißig Jahren, könnte ich auf dem verlorenen Waldweg im Schwarzwald, unweit von Basel, den Baum wiederfinden, unter dem ich wie vom Blitz getroffen wurde. Ich war damals Student der Germanistik und folgte einem Exerzitienkurs für Studenten. Was da blitzartig vor meinen Geist trat, war einzig und allein dies: Du hast nichts zu wählen, du bist gerufen; du wirst nicht dienen, man wird sich deiner bedienen; du hast keine Pläne zu machen, du bist nur ein kleines Steinchen in einem Mosaik, das längst bereitsteht! Ich brauchte nur ‚alles zu verlassen und nachzufolgen‘, ohne Pläne zu machen, ohne Wünsche und (besondere) Einsichten; ich brauchte nur dazuzustehen und zu warten und zuzusehen, wozu man mich brauchen würde. Und so geschah es.“

 

Kein Opfer meinerseits kann die Liebe Christi aufwiegen

Die kroatische Schauspielerin Edita Majic (Jg. 1970) machte in den 90er Jahren eine sehr erfolgreiche Karriere und erregte mit ihrem Talent und ihrer Schönheit große Aufmerksamkeit. Doch 2004 verließ sie die Theater- und Filmwelt und führte seitdem ihr Leben als Karmelitin im Kloster St. Joseph in der spanischen Stadt Avila, dem ersten Kloster, das die hl. Teresa von Avila 1562 gegründet hatte und das noch nach der ursprünglichen Regel geführt wird: sie haben keine Heizung in ihren Räumen, kein warmes Wasser, und sie schlafen in Zellen auf Strohbetten und fasten und beten die meiste Zeit des Jahres.

Viele Menschen konnten ihren Weg nicht verstehen, aber für sie war es der Weg, den Gott sie geführt hat. Sie berichtet: Sie wurde zwar getauft, führte aber während ihrer Jugend kein christliches Leben und reduzierte ihren Glauben auf die Pflege von Familientraditionen. „Als Kind und Teenager mochte ich die Kirche und den Gottesdienst überhaupt nicht und habe die Firmung erst nach meiner Bekehrung empfangen“.

Trotz ihrer zunehmenden künstlerischen Erfolge verspürte Edita in ihrem Leben einen Zustand innerer Leere. Sie war umgeben von Bewunderern und Freunden, aber sie spürte, dass viele Menschen sich nicht so sehr für sie selbst interessieren, sondern für ihre Position und Popularität und dass sie die Freundschaft mit ihr für ihre eigene Karriere nutzten.

In ihrer Heimatstadt Split ging sie mit ihrer Mutter regelmäßig in die Kirche. Edita erinnert sich, dass sie in den Momenten der größten Enttäuschung und des Stresses unbewusst gespürt hat, dass Gott ihr hilft und einen völlig neuen Lebensplan für sie vorbereitet. So wurde ihr immer klarer, dass die Schauspielerei nicht der Hauptweg ihres Lebens sein könne. Nach und nach zog sie sich von lukrativen Theater- und Filmangeboten zurück. Sie begann, die Heilige Schrift und die Schriften von Johannes vom Kreuz und Teresa von Avila zu lesen. Bald fing sie an, zur Anbetung in ihre Pfarrkirche zu gehen. „Irgendwann musste ich mich für einen Wechsel entscheiden. Es war schwierig für mich, mit dem Rauchen aufzuhören, nicht mehr jedes Wochenende zu nächtelangen Partys mit den Zagreber Bohemiens zu gehen.“ In den letzten zwei Jahren vor ihrem Eintritt in den Karmel besuchte sie jeden Tag die hl. Messe, betete den Rosenkranz und hielt Anbetung vor dem Allerheiligsten. „Ich bin nur ein gewöhnlicher Sünder, dem Gott gnädig war. Es ist kein Verdienst, dass ich Karmelitin geworden bin, kein Opfer meinerseits kann die Liebe Christi zu mir aufwiegen.“

Lebendige Votivgabe an die Gottesmutter

Gott hat mit jedem Menschen seine Pläne. Besonders in der geistlichen Berufung offenbart sich immer wieder die wunderbare Führung Gottes.

Schwester Eresta Mayr gehört dem Orden der „Armen Schulschwestern“ an und wirkte 65 Jahre am Wallfahrtsort Birkenstein (Diözese München). In einem Interview, das von „Kirche in Not“ veröffentlicht wurde, erzählt sie über ihre Berufung.

„Ich bin auf dem Land aufgewachsen, und von klein auf spielten mein religiöses Elternhaus, meine tiefgläubige Mutter, das selbstverständliche Gebet in der Familie und der ebenso selbstverständliche Kirchenbesuch eine große Rolle.“ „Dass ich Schwester werden wollte, war einfach in mir drin.  Schon in der Volksschule, in der siebten oder achten Klasse, wusste ich, dass das mein Weg war. Etwas anderes kam mir nie in den Sinn, obwohl ich vom Ordensleben überhaupt keine Vorstellung hatte und keine Ordensfrauen kannte.“

Als sie ihrer Mutter offenbarte, dass sie Ordensschwester werden wollte, da sagte diese: „Na, dann gehen wir nach Birkenstein!“ So ist sie bei den armen Schulschwestern eingetreten, und es war für sie genau das Richtige, und sie ist damit glücklich geworden.

Welche Bewandtnis es hatte, dass sie schon von Kindheit an Ordensschwester werden wollte, hat sie erst viel später erfahren. Sie erzählt:

„Bei uns in der Familie kam immer am Ende der Sommerferien die Frage auf: ‚Wann gehen wir wieder nach Birkenstein?‘ Eine Wallfahrt dorthin gehörte einfach dazu; ich habe viele schöne Erinnerungen an diese Wallfahrten. Warum meine Mutter so treu an ihnen festhielt, erfuhr ich erst später von ihr. Das ging zurück auf ein Ereignis im Jahr 1936: Am Auerberg erkrankten drei Männer an Lungenentzündung, mein Vater war einer von ihnen. Lungenentzündung war damals noch eine tödliche Krankheit. Die anderen beiden Männer starben, auch mein Vater lag im Sterben. Seit 1932 war er mit meiner Mutter verheiratet, drei Kinder waren schon da, und mich trug die Mutter unterm Herzen. Meine Eltern hatten ein Haus gebaut, und es war noch lange nicht abbezahlt. Die Tilgung des Darlehens dauerte noch zehn Jahre. So war die Lage meiner Mutter: Sie hatte drei kleine Kinder, war schwanger, hatte Schulden und einen sterbenden Mann! Versicherungen und soziale Leistungen gab es damals noch nicht. Da machte sich meine Mutter auf den Weg und ging ‚mit mir‘ nach Birkenstein zur Gottesmutter.  So oft hat sie schon geholfen, warum nicht auch jetzt? Und tatsächlich: Mein Vater wurde gesund! Erst im Alter von 90 Jahren starb er vor einiger Zeit. Was meine Mutter damals mit der Gottesmutter ausgehandelt hat, erfuhr ich erst viel später. Erst nachdem ich schon lange im Kloster war, wurde mir ihre damalige Situation bewusst und ich fragte meine Mutter: ‚Was hast du damals eigentlich der Gottesmutter versprochen?‘ Da lächelte sie und sagte: ‚Schau dich an, dann weißt du es!‘ Sie hatte also das Kostbarste, das sie besaß – das Kind unter ihrem Herzen -, der Gottesmutter geschenkt!

Die Gottesmutter wird sich diesen Winzling angeschaut haben: Sie ist nichts, hat nichts, kann nichts! Nachdem ich aber nun ihr Eigentum war, und sie ja wusste, dass ich einmal ihre Mesnerin sein werde, hat sie alles in dieses kleine Nichts hineingelegt, was es einmal braucht. Und so hat sie mich reich mit Gaben beschenkt; alles fällt mir leicht, meine Arbeit verrichte ich gerne, alles macht mir Freude. So darf ich hier als ‚lebendige Votivgabe‘ der Gottesmutter dienen.“

 

Die Marienweihe ist voll eingefahren bei mir

Christoph Weiss, der 2014 zum Priester geweiht wurde und heute Generalvikar der Diözese St. Pölten ist, erzählte in einer Predigt bei der 100-Jahrfeier (2021) der Legio Mariens in Wien, wie er unter anderem durch die Legio Mariens und durch die Weihe an Maria seinen Weg zum Priestertum gefunden hat.

„Bei einer Pro-Life-Veranstaltung 1999 hat mich eine junge Frau angesprochen und mich zum Treffen eines Jugendpräsidiums eingeladen. Ich kannte die Legion bereits ein bisschen.  Die junge Legionärin hat mir ihre Telefonnummer gegeben. Am Tag vor dem Treffen rief sie ganz sorgsam noch einmal bei mir zu Hause an. Damals besaß ich noch gar kein Handy. Und sie hat mir nur gesagt, ich brauche nichts mitzunehmen außer einen Rosenkranz, das genüge. … Damals war ich 14 Jahre alt, war ein Ministrant, in der Pfarre aktiv, vielleicht sogar ein bisschen hyperaktiv. …

Mit dem Beten war das ein bisschen eine schwierige Sache. … Nun lernte ich die Legion kennen und wuchs in sie hinein. Zuerst einmal in das, was mir gefehlt hatte, wo noch nichts da war, ins Gebet. Ich kann mich noch heute gut an das Muster der Tischdecke erinnern, die auf dem Tisch lag, an dem wir kniend den Rosenkranz beteten. 25 Minuten lang betrachtete ich jeweils dieses Muster – mehr als das Geheimnis … Meistens dachte ich mir während des Rosenkranzes: ‚Wann? Wann ist das endlich vorbei?‘ …

Dabei merkte ich gar nicht, was sich in mir veränderte und in mir wandelte durch dieses Gebet, durch diesen Rhythmus des Gebetes. Das war das Erste, was ich gelernt habe. In der Legion habe ich beten gelernt und vom Gebet her habe ich arbeiten gelernt.

Nicht, dass ich vorher nichts gemacht hätte. Wie bereits erwähnt: 100.000 Aktivitäten und Aktionen, das muss man machen und da und dort. In der Legion fand ich vom Aktivismus zum Apostolat. Wer betet, wer im Gebet steht, wer in dieser geistlichen Verbindung steht, der arbeitet auch ganz anders, der denkt ganz anders, der plant ganz anders. Das schätze ich sehr an der Legion Mariens. Diese Verzahnung im Treffen zwischen Gebet und diesem Nachdenken, diesem Planen, dem Apostolat, beides gehört wesentlich zusammen. …

Für mich war ein wichtiges Ereignis in meinem Ringen der 8. Dez. 2009. … Mit einem Jugendpräsidium haben wir in den Wochen davor die Schritte der Vollkommenen Hingabe nach Ludwig Maria Grignion de Montfort gemacht und an diesem 8. Dez. die Vollkommene Hingabe vollzogen. Und das ist voll eingefahren bei mir. 4 Monate später war ich dann soweit, dass ich meiner damaligen Freundin gesagt habe: Ich gehe ins Priesterseminar.“

 

Ich habe Angst, umarmst du mich?

Die italienische Ordensfrau Tosca Ferrante erzählt über ihren Berufungsweg.

Von klein auf hatte Sr. Tosca davon geträumt, entweder Krankenschwester oder Vollksschullehrerin zu werden; als sie groß war, träumte sie davon, Polizistin zu werden. Diesen Traum hat sie dann auch verwirklicht. Sie war fünf Jahre lang bis 1989 bei der italienischen Staatspolizei.

Über diese für sie so prägende Zeit bei der Polizei sagt sie: „In jenen Jahren spürte ich bei aller Freude eine gewisse Unruhe im Hinblick auf die Zukunft, und ich stellte mir unentwegt Fragen über den Sinn des Lebens und darüber, wie ich mein Leben mit Gott teilen wollte“.

Verschiedene Erlebnisse und Einsätze brachten sie immer wieder zum Nachdenken. Sie sagt: „Die Gesichter der ‚Armen‘, denen ich in jenen Jahren begegnet bin, waren vielfältiger Art: Straftäter, Drogenabhängige, junge Frauen, die Opfer der Prostitution geworden waren, Ausländer, die auf eine Aufenthaltsgenehmigung warteten, oft Opfer von Betrügereien durch selbsternannte Mittelsleute: kurz und gut viel Armut, viel Leere und auch viel Böses.“ Diese Lebensschicksale der Menschen waren ihr nicht gleichgültig. So kam für sie die endgültige Wende: „Eines Tages war ich im Kommissariat in Torpignattara in Rom und mir wurde aufgetragen, in Erwartung weiterer Dienstanweisungen auf einen minderjährigen Jugendlichen aufzupassen, der einen Diebstahl begangen hatte. Wir waren im selben Raum und ich habe angefangen, mich mit ihm darüber zu unterhalten, warum er den Diebstahl verübt hatte (es war sein erster Gesetzesverstoß). Ich erinnere mich an jedes Detail jenes Augenblicks: Er begann zu weinen und sagte er habe Angst, er schluchzte und war verängstigt. Ich hörte ihn an und gab ihm ein Taschentuch: er wirkte wirklich hilflos. An einem gewissen Punkt fragte er, während er weiter weinte: ‚Ich habe Angst, umarmst du mich?‘ Ich sagte ‚Nein‘. Ich konnte nicht, ich war in Uniform. Aber worum hatte er mich im Grunde gebeten? Um eine Umarmung! Eine Geste, die eine der allerersten Formen darstellt, mit der Welt zu kommunizieren: ein Kind wird, kaum geboren, seiner Mutter in die Arme gelegt: Sie steht für Wärme, für beständige Liebe, für Zärtlichkeit, für Obhut. Aber ich hatte ‚Nein‘ gesagt! Als ich wieder zuhause war, schaute ich mich im Spiegel an und sagte: ‚Aber in wen verwandelst du dich eigentlich gerade?'“

Das war der Beginn ihrer wahren Begegnung mit dem Auferstandenen Herrn Jesus Christus, es war ihr Weg nach Damaskus, der einen ernsthaften Unterscheidungsprozess auslöste: „Mir wurde klar, dass ich die Liebe riskieren musste!“ Einige Jahre später tratt sie in das Institut der „Schwestern der Königin der Apostel“ ein, wo sie sich weiterhin der „Armen“ annimmt, denen sie begegnet war, als sie noch als Polizistin die Pistole am Gürtel trug: „Der Übergang vom Polizeidienst zum Ordensleben war für mich nichts Aufregendes, es war ganz natürlich: Der Kontakt zu den oben genannten Menschen hatte mich verstehen lassen, was Gott mit mir vorhatte.“ „Ich bin Gott begegnet im Antlitz und in den Geschichten der Armen: Ich verneige mich vor ihnen! Und ich danke Gott!“