Er heilte alle Krankheiten und Leiden

Wenn wir in den Evangelien die Menschen betrachten, die um Jesus sind, dann ergibt sich ein ganz eigenartiges Menschenbild, aber es wird auch offenbar, wer Jesus ist. Das Evangelium vom 5. Sonntag im Jahreskreis (B) ist ein anschauliches Beispiel dafür.

1) Als erstes fällt uns auf, dass um Jesus so viele Kranke sind, die er heilt: Aussätzige, Blinde und Gelähmte … Vor Jesus wird offenbar, dass wir von allen möglichen Gebrechen des Leibes gezeichnet sind.

2) Doch damit noch nicht genug: Bei vielen Menschen, die Jesus begegnen, wird auch offenbar, dass sie von unreinen Geistern und Dämonen geplagt sind. Vor seiner Heiligkeit und seinem Wort müssen sie fliehen. Aber das ist nur das äußere Bild vom Menschen.

3) Das tiefere, innere Bild zeigt sich im Herzen des Menschen. Jesus offenbart vor allem unseren geistigen Zustand. Im Evangelium finden wir um Jesus herum hauptsächlich Menschen, die er belehren muss. Unermüdlich hat er den Menschen die Wahrheit gesagt und sie darüber belehrt, was zu Gott und zum ewigen Leben führt. Eines der schlimmsten Übel, in die wir durch den Sündenfall geraten sind, ist die Unwissenheit, die geistige Finsternis und Blindheit.

4) Der Gedanke an die geistliche Finsternis des Menschen führt uns zum wichtigsten Punkt des Menschenbildes des Evangeliums. Vor Christus wir offenbar, dass der Mensch ein Sünder ist. Mit der Sünde wird die Wurzel aller anderen Übel offenbar. Wer sich aber vom Licht Jesu Christi berühren lässt, der sieht ein, dass er eine verlorene Drachme, ein verlorenes Schaf, ein verlorener Sohn ist, der sich selbst nicht retten kann. Aber wer voll Reue zu ihm aufblickt, den wird der Blick der barmherzigen Liebe des Herrn treffen, der gerade dazu in die Welt gekommen ist, um zu suchen, was verloren war. In der Schrift finden wir um Jesus herum hauptsächlich Kranke und Besessene, Unwissende und Sünder. In irgendeiner Weise fehlt jedem etwas. Und mitten unter ihnen steht Jesus Christus als der Heiland, der göttliche Arzt und Lehrer. Vor ihm wird die ganze Armseligkeit und Ohnmacht des Menschen offenbar.

Aber er zeigt uns diesen Zustand nicht, um uns zu beschämen und niederzudrücken, sondern um uns zu erlösen und zu heilen, um uns seine barmherzige Liebe zu schenken. Der Glaube an ihn ist unsere Erlösung. Der hl. Ambrosius sagt sehr schön:

“Alles haben wir in Christus. Jede Seele ist in der Hand des Herrn, und Christus ist für uns alles: Willst du, dass deine Wunden heilen: er ist der Arzt; glühst du vor Fieberhitze: er ist erfrischende Quelle; sinkst du zusammen unter der Ungerechtigkeit deiner Werke: er ist die ewige Gerechtigkeit; bedarfst du der Hilfe: er ist die Allmacht; fürchtest du den Tod: er ist das Leben; verlangst du zum Himmel: er ist der Weg; willst du die Finsternis fliehen: er ist das Licht; suchst du Speise: er ist das Brot des Lebens.”

Arme Seelen

Am Gedenktag Allerseelen und im Monat November erinnert uns die Kirche an eine Wahrheit und Wirklichkeit, die oft vergessen oder sogar belächelt wird. Es geht um das Fegefeuer. Die Lehre der Kirche besagt, dass das Fegefeuer der Zustand jener Menschen ist, die zwar in der Freundschaft Gottes gestorben und sich ihres ewigen Heiles sicher sind, deren Seele aber noch der Läuterung bedarf, damit sie in die himmlische Seligkeit eintreten kann. Kraft der Gemeinschaft der Heiligen können die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern, den armen Seelen im Fegefeuer helfen, indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer, aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen.

Die selige Katharina Emmerick sagt: “Ach, diese armen Seelen haben so viel zu leiden wegen ihrer Nachlässigkeit, wegen bequemer Frömmigkeit, wegen Mangels an Eifer für Gott und das Heil der Nächsten! Wie soll ihnen geholfen werden, wenn nicht durch genugtuende Liebe, die für sie jene Tugendakte aufopfert, die sie selbst im Leben vernachlässigt haben? Und wie sehnen sie sich danach! Sie selber können sich nicht helfen, aber sie wissen, dass kein guter Gedanke, kein ernster Wunsch, den ein Lebender für sie hegt, ohne Wirkung ist. Wenn jemand für sie betet, etwas für sie leidet, ein Almosen für sie spendet, so kommt ihnen das augenblicklich zugute.”

Sie hören und hören doch nicht

Die Verklärung des Herrn, Apsis-Mosaik in der Basilika auf dem Berg Tabor in Israel, auf dem sich die Verklärung ereignete. (Fest am 6. Aug.) Aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe;
auf ihn sollt ihr hören.

Am 15. Sonntag im Jahreskreis (A) hören wir im Evangelium das Gleichnis vom Sämann, der den Samen auf den Weg, auf steinigen Boden, unter die Dornen und auf guten Boden sät (Mt 13,1-23). Jesus hat es selbst ausführlich erklärt. Es geht um das Wort Gottes, das in den Herzen der Menschen auf unterschiedlichen Boden fällt. Jesus zeigt auf ganz anschauliche Weise, worum es hier geht: Er macht nämlich einen Unterschied bei der Belehrung der Menschen. Er erzählt der großen Volksmenge seine Gleichnisse in einer langen Rede; aber dann lässt er sie ohne eine weitere Erklärung damit allein. Seinen Jüngern aber gibt er eine Erklärung, als sie mit ihm allein sind.

Er macht diesen Unterschied sehr deutlich, wenn er zu seinen Jüngern sagt: “Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes anvertraut; denen aber, die draußen sind, wird alles in Gleichnissen gesagt”. Die Jünger sind also die Bevorzugten und Privilegierten. Es scheint, als wäre Jesus hier ungerecht. Es müssten doch alle die gleiche Chance bekommen. Aber worin besteht der Unterschied zwischen denen, die draußen und denen, die drinnen sind? Er besteht im Glauben an Jesus und in der Liebe zu Gott. “Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er hat.”

Es ist klar, wer so wie die Apostel und Jünger die Liebe zu Jesus hat, wer an ihn glaubt, der wird sich für ihn interessieren, der möchte mehr von ihm erfahren und dem kann Jesus auch mehr sagen, weil er ein Herz hat, das seine Worte aufnimmt und auch befolgt. Er wird immer tiefere Einsicht in das Geheimnis Gottes erlangen. Wer die Liebe zu Gott und den Glauben an ihn hat, dem wird immer noch mehr gegeben.

Wer aber die Liebe zu Gott nicht hat, wer sich mit seinem Herzen Gott verschließt oder sich in der Sünde von Gott abwendet, wer so ist wie der harte Boden voll mit Steinen und Dornen, der wird mit der Zeit auch noch die letzen guten Samenkörner der Einsicht, das letzte Licht, das aus der Dunkelheit noch zur Umkehr hätte führen können, verlieren. Und alles, was  ihm über Gott und den Glauben, über Christus und die Kirche gesagt wird, das interessiert ihn letztlich nicht, er will es auch nicht hören. Er wird sich zwar einbilden, etwas vom Glauben zu verstehen, aber es ist für ihn, so wie Jesus sagt: Sie sehen und sehen doch nicht, sie hören und hören doch nicht. Ihr Herz kommt nicht zur Einsicht und sie bekehren sich nicht.

Das Gleichnis spiegelt auch den Zustand der Zeit wider. Es gibt heute viel unfruchtbaren Boden: Weg, Steine, Dornen. (ZB.: 500.000 sind 2022 aus der kath. Kirche in Deutschland ausgetreten.) Aber die Wenigen mit gutem Boden tragen reiche Frucht.

 

Gottesfurcht – Anfang der Weisheit

Im Evangelium vom 12. Sonntag im Jahreskreis (A) spricht Jesus von der Menschenfurcht, die uns versuchen kann, wenn wir uns zu ihm bekennen. Das Heilmittel dagegen ist die wahre Gottesfurcht: “Fürchtet euch nicht vor den Menschen! … sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann” (Mt 10,26-33).

Kardinal Ratzinger hat in einem Vortrag am 7.2.1987 zum 100. Geburtstag von Kardinal Frings über dieses Thema gesprochen. Er sagt unter anderem:

“Ich habe schon früh und oft darüber nachgedacht, was es eigentlich bedeutet, wenn die Bibel immer wieder sagt: Die Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit, und es ist mir lange Zeit sehr schwer gefallen, in den Sinn dieses Satzes einzudringen. Aber jetzt beginne ich ihn von seiner Umkehrung her so real zu begreifen, dass ich seine Wahrheit geradezu mit Händen zu berühren glaube. Denn was sich zusehends vor unseren Augen abspielt, lässt sich in die Worte fassen: Die Menschenfurcht, d. h. das Ende der Gottesfurcht, ist der Anfang aller Torheit. Die Gottesfurcht ist heute praktisch aus dem Tugendkatalog verschwunden, seitdem das Gottesbild den Gesetzen der Werbung unterworfen wurde. Gott muss, um werbewirksam zu erscheinen, gerade umgekehrt so dargestellt werden, dass niemand irgendwie Furcht vor ihm empfinden kann. Auf diese Weise breitet sich in unserer Gesellschaft und mitten in der Kirche immer mehr wieder jene Umkehrung der Wertungen aus, die die eigentliche Krankheit der vorchristlichen Religionsgeschichte gewesen war.

Denn auch da hatte sich die Meinung durchgesetzt, dass man den guten Gott, den eigentlichen Gott, nicht zu fürchten brauche, weil von ihm als dem Guten ja nur Gutes kommen könne. Hüten muss man sich vor den bösen Mächten. Nur sie sind gefährlich, und mit ihnen muss man sich daher auf jede Weise gut zu stellen versuchen. In dieser Maxime ist das Wesen des Götzendienstes als Abfall vom Gottesdienst zu sehen. Aber in diesem Götzendienst stehen wir mitten drin. Der gute Gott schadet uns sowieso nicht; mehr als eine Art Urvertrauen braucht man auf ihn nicht zu verwenden.

Aber der gefährlichen Mächte gibt es um uns nur allzu viele, und mit ihnen muss man auszukommen versuchen. Und so handeln Menschen in und außerhalb der Kirche, Hohe und Niedrige, nicht mehr mit Blick auf Gott und seine Maßstäbe, die ja unwichtig sind, sondern mit Blick auf die menschlichen Mächte, um halbwegs glücklich durch die Welt zu kommen. Sie handeln für den Schein ‑ für das, was man von uns hält und wie man uns darstellt.

Die Diktatur des Scheins ist der Götzendienst unserer Stunde, den es auch in der Kirche gibt. Die Menschenfurcht ist der Anfang der Torheit, aber die Menschenfurcht herrscht unverrückbar, wo die Gottesfurcht abgetreten ist.”

Jesus kam hinzu und ging mit ihnen

Am Ostermontag hören wir im Evangelium immer den Bericht über die sogenannten “Emmausjünger”. Die beiden Jünger waren ganz offensichtlich in tiefer Traurigkeit von Jerusalem aufgebrochen. Sie hatten große Hoffnungen auf Jesus gesetzt, aber mit der Kreuzigung schien alles aus zu sein. Sie sind von Jerusalem (Stadt des Friedens) weggegangen, um sich anderswo Erleichterung und Trost zu verschaffen. Das wird durch die Worte ‘Emmaus’ angedeutet: Es heißt übersetzt ‘warme Quelle’.

Dieser ‘Emmausgang’ ist hier ein Bild für unser geistliches Leben: Wenn das Kreuz über uns kommt, gewisse Mühen und Schwierigkeiten, dann sind wir leicht geneigt, uns auf uns selbst zurückzuziehen und aus der Gemeinschaft mit den anderen zu flüchten, um irgendwelche andere Befriedigungen und Tröstungen zu suchen. Wir können nicht wirklich aus eigener Kraft glauben, dass mit dem Kreuz auch die Auferstehung verbunden ist. Deshalb verlassen wir Jerusalem, den Ort des Kreuzes, der aber zugleich der Ort des Friedens für uns wäre, und suchen uns eine ‘warme Quelle’, also das, was uns angenehmer erscheint. So geht es vielen Menschen, die zwar gläubig sind, aber angesichts des Kreuzes schwach werden und nicht wirklich an eine Auferstehung glauben.

Die Emmausgeschichte zeigt uns aber, dass der Herr die Seinen nicht verlässt. Die Tatsache, dass er unerkannt den Weg der Jünger mitgeht, ist ein Zeichen dafür, wie sehr er uns liebt und wie sehr er um uns besorgt ist. Er geht alle unsere Wege mit, sogar unsere Flucht- und Irrwege. Er geht aber als Lehrer mit den Menschen mit.

Es heißt: “Jesus legte ihnen dar, … was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht.” Er lehrt uns also tiefer zu verstehen, wer er selber ist, welchen Sinn Kreuz und Leiden in unserem Leben haben und was Auferstehung bedeutet. Freilich gilt für uns auch das, was über die Jünger gesagt wird: “Sie waren wie mit Blindheit geschlagen, so dass sie ihn nicht erkannten.” Es braucht oft lange, bis wir das alles begreifen. Aber wenn wir, wie diese beiden Jünger, auch nur ein wenig aufgeschlossen und nicht ganz verhärtet sind, so findet Jesus einen Zugang zu unserem Herzen, so dass es vom Licht und Feuer der Wahrheit entzündet wird. Die Jünger sagten: “Brannte nicht unser Herz.”

Es heißt weiter, dass den Jüngern die Augen aufgingen und sie Jesus erkannten, als er das Brot brach. Das ist ein Hinweis auf die Eucharistie. In der hl. Messe dürfen wir mit den Augen des Glaubens Jesus Christus erkennen und teilnehmen am Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung.

Wir empfangen hier seinen Heiligen Geist, durch den wir die Leiden, Mühen und Kreuze unseres Lebens mit Jesus vereinen, und darin auch die Auferstehung und den wahren Frieden finden. Wir erkennen, dass die ‘warmen Quellen’ dieser Welt uns nicht die wahre Freude bringen können, sondern nur der auferstandene Herrn.

Die weit größere Gerechtigkeit

Im Evangelium des 6. Sonntags im Jahreskreis (A)  hören wir einen wichtigen Abschnitt aus der Bergpredigt (Mt 5,17-37). Jesus offenbart sich als der göttliche Gesetzgeber. Die Gesetze des Alten Bundes wurden von Gott auf dem Berg Sinai dem Mose übergeben. Die Gesetze des Neuen Bundes hat Jesus als Gottessohn auf dem Berg der Seligpreisungen geoffenbart. Er hat die zehn Gebote, die uns dazu anleiten, vor Gott und den Menschen gerecht zu leben, nicht aufgehoben oder abgemildert, wie manche meinen. Nein, im Gegenteil! Jesus sagt: “Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.” Was Jesus mit der weit größeren Gerechtigkeit meint, zeigt er in seiner Lehre über das Töten, den Ehebruch und das Schwören.

Nicht erst der Mord ist vor Gott strafbar und verwerflich, sondern schon das abfällige Denken und das innere Bösesein gegenüber dem Mitmenschen. Denn darin liegt ja die Wurzel für das Töten. Schon die zornige Erregung und Beschimpfung, die üble Nachrede tötet den Mitmenschen.

Nicht erst der Ehebruch zerstört die Ehe. Schon der begierige Blick nach einer anderen Frau, einem anderen Mann, ist vor Gott eine Sünde. Nicht erst der Meineid verletzt die Wahrhaftigkeit. Schon das zwiespältige Denken und Reden verstößt gegen die Ehrlichkeit.

So gesehen bringt Jesus noch eine Verschärfung der Gebote. Denn er macht uns durch die Bergpredigt bewusst, dass Gott nicht nur das äußere Verhalten beurteilt, sondern auch die verborgenen Gedanken des Herzens.

Wenn also jemand zu seiner Rechtfertigung sagt: “Ich habe ja niemanden umgebracht” und sich deshalb für einen guten Menschen hält, so müsste er auch vor Gott beweisen können, dass er noch nie über einen Mitmenschen einen bösen und falschen Gedanken hatte. Aber das wird kaum der Fall sein.

Unsere Gedanken und Absichten sind eine eigene Welt für sich, die schwer zu beherrschen ist. Aber wenn Jesus uns diese Gebote gibt, so schenkt  er uns auch die Gnade der Erlösung, damit wir diese Gebote erfüllen und unser Herz von allen verkehrten Wünschen, Neigungen und Gedanken reinigen können.

Diese erlösende Hilfe ist niemand anderer als der Heilige Geist, den uns der Herr durch sein Leiden und Kreuz erworben hat. Es ist der Geist der Liebe, den der Herr uns durch die Taufe und Firmung ins Herz gegossen hat. Nur durch diesen Heiligen Geist können wir seine Gebote erfüllen, denn die Liebe tut mehr, als das Gebot unbedingt fordert.

Die Gegenwart des Heiligen Geistes wird in uns immer wieder erneuert durch die Vergebung der Sünden in der hl. Beichte und durch die Vereinigung mit Jesus im hl. Messopfer. Darin besteht die “weit größere Gerechtigkeit”, von der Jesus spricht, durch die wir auch in das Himmelreich gelangen.

 

Die Vorsehung, die über allem waltet

Der heilige Lukas erwähnt im Evangelium, dass Jesus zur Zeit des Kaisers Augustus geboren wurde. Er will damit einerseits zeigen, dass die Geburt des Erlösers keine fromme Legende, sondern eine Tatsache ist, und andererseits, dass dieser  große Kaiser ohne es zu wissen zu einem Werkzeug in der Hand Gottes geworden ist.

Die Menschen haben Kaiser Augustus für ihren Retter und Messias gehalten. In einer Inschrift aus der damaligen Zeit, die sich in Priene, in der heutigen Türkei befindet, steht über Augustus geschrieben:

“Die Vorsehung, die über allem Leben waltet, hat diesen Mann zum Heil der Menschen mit solchen Gaben erfüllt, indem sie ihn uns und den kommenden Geschlechtern als Heiland (soter – Retter) gesandt hat. Allem Krieg wird er ein Ende setzen und alles herrlich ausgestalten. In seiner Erscheinung (Epiphanie) sind die Hoffnungen der Vorfahren erfüllt. Der Geburtstag des Kaisers war für die Welt der Anfang der Freudenbotschaft (Evangelium), die seinetwegen ergangen ist”.

Augustus und sein Reich sind wieder vergangen. Er war nicht der Retter der Welt. Aber die Worte dieser Inschrift haben sich in Jesus Christus erfüllt.

Der damals mächtigste Mann der Welt war durch Gottes Vorsehung letztlich nur ein Diener dieses Kindes, des wahren Retters der Welt, der in der Krippe lag. Durch die Steuereinhebung, die er veranlasste, hat Gott die Verheißungen der Propheten erfüllt. Der Erlöser sollte in der Königsstadt Davids, in Betlehem geboren werden.

Wir haben oft den Eindruck, dass die Welt ihren Lauf geht und die Menschen alles tun und treiben können, was sie wollen – vor allem das Böse. Es scheint, dass Gott den Lauf der Geschichte nicht in der Hand hat. Wir fragen uns in großen und kleinen Ereignissen: Wie kann Gott das nur zulassen?

Aber wie uns die Umstände der Geburt des Herrn zeigen: Gott wirkt seine Erlösung verborgen in Ereignissen, die in den Augen der Welt unbedeutend sind. Meist erkennen wir die Zusammenhänge und Fügungen seiner Vorsehung viel später.

Daraus folgt ein wichtiger Gedanke, den wir immer vor Augen haben sollten: Gott lenkt jeden von uns, jeden Menschen, ja die ganze Welt, durch seine gütige und weise Vorsehung. Und er verfolgt mit uns Menschen immer seine Heilspläne. Darum ist der Glaube an Jesus Christus das Wichtigste. Wenn wir auf ihn vertrauen, so wird uns alles, was uns widerfährt, zum Heil und zum Segen.

Aber wie das Evangelium zeigt, gebraucht Gott für die Verwirklichung seiner Pläne Menschen wie Maria und auch Josef; Menschen, die ein fügsames und formbares Herz haben, die sich vollständig und vorbehaltlos seinem Willen hingeben, die sich seiner weisen Vorsehung überlassen und den liebenden Glaubesgehorsam leben.

 

Jesus gibt sich mit Sündern ab

Im Evangelium vom 24. Sonntag im Jahreskreis (C) nehmen die Pharisäer an Jesus Anstoß, weil er sich mit Sündern abgibt. Jesus erzählt als Antwort auf diesen Vorwurf die Gleichnisse vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme und vom verlorenen Sohn und offenbart uns eindrucksvoll, wie groß die barmherzige Liebe Gottes mit den reumütigen Sündern ist.

Das ist auch der Kernpunkt der Botschaft, die Jesus uns gebracht hat: Gottes Erbarmen wendet sich besonders denen zu, die ihn durch ihr Verhalten beleidigen, ihm weh tun mit ihren Sünden, die diese seine Liebe nicht verdient haben, die dieser Liebe gleichsam unfähig und unwürdig sind. Genau diese Menschen will er aus diesem Zustand der Trennung von ihm herausführen, damit sie wieder mit ihm vereint sind. So groß ist seine barmherzige Liebe.

Stellen wir uns einen Menschen vor, dem wir viele Wohltaten erwiesen und ihm viel geholfen haben. Aber er wendet sich dafür von uns ab, er beleidigt uns schwer, fügt uns noch großen Schaden zu und will mit uns nichts mehr zu tun haben. Würden wir einem solchen Menschen noch nachgehen und ihn suchen, damit er sich  doch wieder mit uns versöhnt. Und würden wir ihm dann, wenn er doch sein böses Verhalten einsieht und uns um Verzeihung bittet, von Herzen vergeben, ihm die Missetaten nicht mehr anrechnen und uns über seine Gesinnungsänderung riesig freuen?

So etwas wäre vom menschlichen Standpunkt aus gesehen fast unmöglich. Aber genauso ist Gott in seiner barmherzigen Liebe.

Er selbst ist in Jesus in die Welt gekommen, um den Menschen Gutes zu tun und sie zu retten. Aber was hat er dafür geerntet? Sie haben ihn dafür ans Kreuz geschlagen. Und was hat der Sohn Gottes getan? Hat er etwa zurückgeschlagen? Nein, er hat dies geduldig und aus Liebe zu uns ertragen, bis in den Tod und vom Kreuz aus für seine Feinde gebetet.

Angesichts der Offenbarung dieser barmherzigen Liebe Gottes können wir nicht gleichgültig gegenüber Gott sein, können wir nicht einfach so dahinleben mit unseren Sünden und Fehlern, oder was noch schlimmer ist, in der pharisäischen Meinung leben, wir seinen ohne nennenswerte Sünden. Der heilige Johannes sagt: “Wer sagt, er sei ohne Sünde, der ist ein Lügner.” Und Lügen ist auch eine Sünde.

Und wie traurig steht es um diese selbstgerechten Menschen, die mit einer solchen Lüge leben, die meinen, dass sie zu den Guten gehören, und deshalb auf die “Schlechten und Bösen” herabschauen. Gerade diesen Leuten hat Jesus die drei Gleichnisse erzählt, damit sie die Liebe Gottes begreifen.

 

Den Sinn auf das Himmlische richten

Jesus hat seine Belehrung über die Habgier, die er uns im Evangelium des 18. Sonntags im Jahreskreis (C) gibt, an den Fall einer Erbstreitigkeit angeknüpft. Gerade an Erbstreitigkeiten, wo es um Geld und Besitz geht, für die man ja selber nichts getan hat, da zeigt sich, was Habgier und Neid alles hervorbringen können: nämlich viel Unrecht, Leid und Feindschaft.

Darüber hinaus orientiert die Habsucht die Menschen ganz auf diese Welt und macht sie blind für die geistigen Werte und die unsichtbare Welt Gottes.

Wie dieser Reiche im Beispiel, das Jesus erzählt hat, sieht man nicht mehr die ganze Wirklichkeit und man gibt sich der Vorstellung hin, man könnte in dieser Welt ewig leben. Darum warnt uns Jesus: “Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier.”

Der hl. Paulus zeigt uns in der Lesung dieses Sonntags einen Weg, wie wir diese Habgier überwinden können. Er sagt: “Ihr seid mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische nicht auf das Irdische” (Kol 3,1). Was heißt das nun, dass wir unseren Sinn auf das Himmlische richten?

1) Zuerst bedeutet es, dass wir uns aufrichtig mühen, Gott an die erste Stelle im Leben zu setzen. Der hl. Benedikt sagt: Wir sollen dem Gottesdienst nichts vorziehen. Die Treue zum Gebet, die Liebe zur sonntäglichen heiligen Messe und der regelmäßige Empfang der hl. Beichte soll bei uns an erster Stelle stehen. Das ist für uns nicht immer einfach in einer Welt, die so viele Möglichkeiten bietet, etwas anderes zu wählen und vorzuziehen. Aber wer sich aufrichtig um eine innere Beziehung zu Gott bemüht, der wird erfahren, dass er ein inneres Licht empfängt, das ihn die Dinge der Welt ganz anders sehen lässt.

2) Denn Sinn auf das Himmlische richten heißt weiters, dass wir uns aus Liebe zu Gott in ein gewisses Verzichten einüben, einen Verzicht auf Dinge, die an sich erlaubt und nicht schlecht sind. Es gibt so Vieles in unserem alltäglichen Lebensstil, das wir uns gedankenlos und selbstverständlich leisten, so wie es unsere Wünsche und Neigungen eingeben. Aber ein bewusster Verzicht auf so manche Annehmlichkeiten aus Liebe zu Gott wird uns viel freier und zufriedener machen.

3) Und schließlich richten wir unseren Sinn auf das Himmlische, wenn wir uns bemühen, mit dem, was Gott uns geschenkt hat, mit unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten, den andern Menschen Gutes zu tun, an die Not der anderen Menschen zu denken. Unsere Neigung zur Habsucht wird vor allem geheilt durch die Liebe, durch die selbstlos schenkende Liebe, wenn wir unsere Kräfte, Fähigkeiten und Güter zum Wohl unserer Mitmenschen einsetzen.

Wenn der Herr uns dann einmal aus dieser Welt ruft, wird er zu uns nicht sagen müssen: “Du Narr, wem soll all das gehören, was du angehäuft hast!” Sondern er wird sagen: “Wohlan, du treuer Diener, nimm das Reich in Besitz, geh ein in die Freude deines Herrn.”

 

Maria erbittet uns den Heiligen Geist

In der Apostelgeschichte wird uns berichtet, dass Maria mit den Jüngern im Abendmahlssaal vereint war, als sie auf das Kommen des Heiligen Geistes warteten: “Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern” (Apg 1,14).

Maria hat mit ihrer Fürbitte das Kommen des Heiligen Geistes für die junge Kirche erwirkt, da sie ja als Braut des Heiligen Geistes von Anfang an zutiefst mit ihm verbunden war. Er hat an ihr die größten Wunder gewirkt: ihre unbefleckte Empfängnis und die Menschwerdung des Gottessohnes in ihrem Schoß. Und jetzt, als das Pfingstfest kam, wurde Maria erneut erfüllt vom Heiligen Geist. Welche Bedeutung Pfingsten für Maria hatte, das hat Romano Guardini wunderbar dargestellt:

“Es muss etwas göttlich Großes gewesen sein, als ihr, die ‘alles im Herzen bewahrte’, durch das Licht des Geistes alles klar wurde: der Zusammenhang des Daseins Jesu sich erschloss. Durch die Jahre von Jesu öffentlichem Leben hatte sie in heroischem Glauben die Zuversicht aufrechterhalten müssen; jetzt empfing sie die Antwort, leuchtend und alles lösend.

Man denkt leicht, sie müsse doch von jeher den Herrn verstanden haben, besser als irgend jemand. Menschlich – soweit hier von Menschlichem die Rede sein kann – ohne jeden Zweifel. Historisch gesprochen war niemand wie sie in der Lage, Auskunft über ihn zu geben.

Auf der andern Seite aber steht nicht umsonst im Evangelium, dass sie ‘das Wort nicht verstanden, das er ihnen sagte’. Wahrscheinlich hätte sie ein wirkliches Verstehen gar nicht ertragen können. Der Gang echter Erfahrung des glaubenden und liebenden Lebens ist größer als die Vorwegnahme von Dingen, die in der Führung Gottes erst später ihren Platz haben. Zu erkennen, dass das Kind, der Knabe, der Jüngling, der Mann, der in ihrer Nähe lebte, Sohn Gottes in dem Sinne sei, wie er nach Pfingsten offenbar wurde, hätte sie wohl in einen unerträglichen Zustand versetzt. Jene Sicherheit, ohne die ein mütterliches Dasein nicht möglich ist, wäre verschwunden. Nun aber kann sich, soweit das auf Erden möglich ist, Gottes Geheimnis enthüllen. Sie braucht keinen Schutz gegen die Übergröße mehr. Sie vermag die beiden Sätze: ‘Er ist der Sohn des ewigen Vaters’ und ‘er ist dein Sohn’ zusammenzudenken, ohne daran zu vergehen oder auch nur verwirrt zu werden. Ja, sie erkennt in dieser Einheit den unsäglichen Inhalt ihrer Berufung.”

In einer Familie ist es meist die Mutter, die ihre Kinder daran erinnert, welche Termine sie haben und was zu tun ist, damit sie nichts vergessen. Das tut auch Maria als unsere Mutter in der Kirche. Wenn wir sie lieben, sie verehren, unser Leben ihr weihen und nach ihrem Wunsch den Rosenkranz treu beten, dann wird sie uns den Heilige Geist erbitten und tiefer einführen in die alles überragende Erkenntnis Jesu Christi. Sie wird uns an alles erinnern, was der Herr uns gesagt hat.