Paul Claudel – In einem Nu wurde mein Herz ergriffen

Gott ruft immer wieder Menschen, dass sie sich zu ihm bekehren. Paul Claudel, der bekannte französische, katholische Schriftsteller, hat diese Gnade der Bekehrung am Weihnachtstag des Jahres 1886 erfahren. Claudel (1868 bis 1955) erzählt:
Er stammte aus einer Familie, die dem katholischen Glauben ausgesprochen feindlich gesinnt war. Zwar hatte er die Erstkommunion gefeiert, aber das war zugleich der Schlusspunkt seines religiösen Lebens gewesen. Als Achtzehnjähriger, der in seiner geistigen Entwicklung seinem Alter weit voraus war, hatte er längst den Glauben verloren. Ein freidenkerischer Professor, die Lektüre glaubensfeindlicher Bücher, das ganze kirchenfeindliche Milieu des ausgehenden 19. Jahrhunderts: All das und manches andere hatte den jungen Menschen völlig vom Glauben weggeführt. “Im übrigen”, so bekennt er, “führte ich ein unmoralisches Leben und verfiel nach und nach in einen Zustand der Verzweiflung.”
Am 25. Dezember 1886 nun ging Claudel ins Weihnachtshochamt der Notre-Dame-Kathedrale von Paris. Er kam nicht aus einem religiösen Grund; sondern als junger Schriftsteller, der er war, wollte er “in den katholischen Zeremonien ein geeignetes Reizmittel und den Stoff für einige dekadente Übungen finden”. Mit nur “mäßigem Vergnügen” wohnte Claudel dem Hochamt bei.
Aber dann ging er doch, mehr aus Langeweile, nachmittags auch in die Vesper. Er stand mitten in der Menge, nahe beim zweiten Pfeiler am Choranfang, rechts auf der Seite der Sakristei. Als die Knaben der Singschule das Magnifikat sangen, geschah blitzartig seine Bekehrung. Hören wir ihn selber:

“Da nun vollzog sich ein Ereignis, das für mein ganzes Leben bestimmend sein sollte. In einem Nu wurde mein Herz ergriffen, und ich glaubte. Ich glaubte mit einer so mächtigen inneren Zustimmung, mit einem so gewaltsamen Emporgerissenwerden meines ganzen Seins, mit einer so starken Überzeugung, mit solch unerschütterlicher Gewissheit, dass keinerlei Platz auch nur für den leisesten Zweifel offen blieb, dass von diesem Tage an alle Bücher, alles Klügeln, alle Zufälle eines bewegten Lebens meinen Glauben nicht zu erschüttern, ja auch nur anzutasten vermochten. Ich hatte plötzlich das durchbohrende Gefühl der Unschuld, der ewigen Kindschaft Gottes, einer unaussprechlichen Offenbarung.”

Am Abend dieses Tages griff Claudel dann zu einer Bibel, die seine Schwester Camille von einer deutschen protestantischen Freundin erhalten hatte. Da vernahm er, wie er sagt, “zum erstenmal den Klang einer so sanften und doch so unbeugsamen Stimme, die seitdem unablässig in meinem Herzen nachhallt”.

Dem jungen Mann – er war 18 Jahre – war zur Gewissheit geworden, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist und “dass die Hölle überall dort sich befindet, wo Christus nicht ist”.

Aber noch bäumte sich der “alte Mensch” dagegen auf, denn “er wollte nichts von dem Leben aufgeben, das ihm offenstand”. So blieb er noch den Sakramenten fern, nahm jedoch am Leben der Kirche teil. Es war noch ein Kampf, erst vier Jahre nach seiner Bekehrung ging er zur heiligen Beichte und wurde mit Gott ausgesöhnt. “Meine zweite Kommunion machte ich an jenem gleichen Weihnachtstage, am 25. Dezember 1890, in Notre-Dame.”

Claudel, der 1955 im Alter von 87 Jahren gestorben ist, hat sich – von wenigen dichterischen Arbeiten abgesehen – die letzten 25 Jahre seines Lebens fast ausschließlich mit der Bibel beschäftigt.

Weihnachten – dem Stern folgen

In Evangelium wird uns von den Weisen berichtet, von den drei Königen, wie wir sie volkstümlich nennen, die geführt von einem Stern den Erlöser suchten und in Betlehem fanden. Es gibt aber auch eine alte Legende von einem vierten König.

Es hieß Coredan (=der-das-Herz-Schenkende). Er war mit den anderen drei Königen aufgebrochen, um den neugeborenen König zu suchen. Doch unterwegs verlor er seine Gefährten aus den Augen, da er immer wieder den armen Menschen half, die ihm auf dem Weg begegnet waren. Er schenkte ihnen auch alle seine Schätze, die er dem Kind bringen wollte, und wurde schließlich selber ein Armer. Zuletzt ließ er sich noch als Galeerensträfling für einen Familienvater, der um sein Leben flehte, anketten.

Erst nach vielen, vielen Jahren kam er völlig ausgezehrt und erschöpft vor die Tore Jerusalems, er hatte die Hoffnung aufgegeben, jemals den König zu finden, den er gesucht hatte. Da sah er, wie Soldaten und eine große Volksmenge drei Männer hinausführten und auf dem Hügel vor der Stadt kreuzigten.

Plötzlich erschien über dem mittleren Kreuz wieder der Stern, dem Coredan am Anfang gefolgt war. Coredan schleppte sich hin zu diesem Kreuz und sah hinauf. Da aber traf ihn der Blick dieses Menschen am Kreuz, ein unsagbarer Blick der Liebe und Güte. Vom Kreuz herab sagte er zu ihm: “Coredan, du hast mich getröstet, als ich jammerte, und gerettet, als ich in Lebensgefahr war; du hast mich gekleidet, als ich nackt war!”

Dann durchbebte ein Schrei die Luft – der Mann am Kreuz neigte das Haupt und starb. Coredan erkannte mit einemmal: Dieser Mensch ist der König der Welt. Ihn habe ich gesucht in all den Jahren.

„Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für uns hingab.“ Die Liebe Gottes ist zu uns in die Welt gekommen und im Jesuskind streckt sie uns ihre Arme entgegen; und sie hat noch einmal die Arme ausgebreitet, um uns an sich zu ziehen, und zwar am Kreuz. Dieses Geheimnis des Erbarmens Gottes berührt uns, das ist der Stern, dem die Menschen folgen sollten.

Das Weihnachtsfest ist und bleibt ein Fest, das auch heute noch die Menschen fasziniert, auch wenn sie oft den eigentlichen Inhalt des Festes nicht mehr verstehen.
An Weihnachten erwacht in vielen Menschen etwas von der innersten Berufung, die wir im Herzen tragen: nämlich die Liebe zu üben, gütig und barmherzig zu sein, unsere Nächsten als ein Geschenk zu sehen. Unsere Berufung ist es, nicht egoistisch für uns selber zu leben, sondern uns zu verschenken und hinzugeben.

Aber nur jene. die sich vom Stern Jesus Christi führen lassen, können diese Berufung leben. Jesus sagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“

Das Jesuskind kam den Kindern zu Hilfe

Der folgende Begebenheit ereignete sich in Ungarn in der Zeit des Kommunismus. Sie wurde von einem Pfarrer berichtet und im Buch “Die Ikone”, von Maria Winowska veröffentlicht (hier neu geschrieben in gekürzter Form für die Druckausgabe des St. Antoniusblattes).

In einem kleinen Dorf in Ungarn, in dem viele Familien fest im katholischen Glauben verwurzelt waren, gab es in der Volksschule eine Lehrerin, die in verbissener Weise vom atheistischen Kommunismus überzeugt war. Sie dachte sich täglich etwas Neues aus, um die Kinder vom katholischen Glauben abzubringen. Angela, ein sehr frommes Mädchen, wurde von ihr besonders aufs Korn genommen.

Kurz vor Weihnachten, am 7. Dezember, erfand die Lehrerin ein grausames Spiel, mit dem sie dem Glauben der Kinder, den sie für eine „Pest für die Schule“ hielt, den Gnadenstoß versetzen wollte.

Angela wurde in ein scheinbar harmloses Frage- und Antwortspiel verwickelt. „Was tust du, wenn deine Eltern dich rufen?“ „Ich komme“, antwortet sie leise und scheu, sie ahnte schon, dass die Lehrerin ihr eine Falle stellen wollte. „Sehr gut! Und was geschieht, wenn deine Eltern den Rauchfangkehrer rufen?“ „Er kommt“, sagt Angela. „Ihre Augen funkelten wie die einer Katze, die mit einer Maus spielt. Sie schaute so boshaft, so boshaft“, sagte später eines der Mädchen über die Lehrerin. „Gut, mein Kind. Der Rauchfangkehrer kommt, weil es einen gibt, weil er lebt. Aber nehmen wir an, deine Eltern rufen deine Großmutter, die tot ist. Wird sie kommen?“ „Nein, ich glaube nicht.“ „Bravo. Und wenn sie das Rotkäppchen oder den Ritter Blaubart rufen?” „Es wird niemand kommen, weil das Märchen sind.“ „Gut, sehr gut!“ triumphierte die Lehrerin. „Du scheinst ja heute sehr scharf denken zu können.“

“Das ist klar, nicht wahr?“ „Ja“, antwortet die Klasse im Chor. Zu Angela gewandt sagt sie. „Und jetzt nehmen wir an, ihr ruft das Jesuskind. Ist unter euch jemand, der noch an das Jesuskind glaubt?“

Einen Augenblick ist es ganz still. Dann melden sich einige schüchterne Stimmen: „Oja, ja…“ „Und du, Angela, glaubst du, dass das Jesuskind dich hört, wenn du es rufst?“ Angela fühlte sich plötzlich erleichtert. Das war also die Falle. Voll Eifer antwortet sie: „Ja, ich glaube, dass es mich hört.“ „Sehr gut. Wir wollen einmal den Versuch machen. Wenn es das Jesuskind, das Christkind, gibt, wird es hereinkommen, wenn ihr es ruft. Ruft also alle miteinander ganz laut: Komm, Jesuskind! Eins, zwei, drei, alle miteinander.“

Die Kinder senkten die Köpfe. In das angstschwere Schweigen fiel ein Hohngelächter. „Da wollte ich euch haben. Das ist mein Beweis. Ihr ge-traut euch nicht, es zu rufen. Denn ihr wisst ganz gut, es würde nicht kommen, euer Jesuskind. Und es hört euch nicht, weil es kein Jesuskind gibt, weil das bloß Sagen sind.“

Bestürzt schwiegen die Kinder noch immer. Die brutale Beweisführung traf sie mitten ins Herz. Die Lehrerin labte sich sichtlich an der Verwirrung der Kinder.

Angela stand noch immer stumm und totenbleich da. Da geschah etwas Unerwartetes. Angela sprang mit einem Satz mitten in die Klasse hinein. Ihre Augen funkelten, und sie schrie: „Wir wollen es aber doch rufen. Hört ihr! Alle miteinander rufen wir: Komm, Jesuskind!“

Darauf war die Lehrerin nicht gefaßt. “Komm, Jesuskind!” „Es war wie ein Schrei, von dem die Mauern hätten einstürzen können“, sagte ein Kind später. Auf das Zeichen Angelas riefen die Kinder noch einmal: “Komm, Jesuskind!” “Ich rief, aber ich erwartete nichts Besonderes,“ gestand später Gisela.

Und da geschah es, wie die Kinder dem Pfarrer berichteten. Plötzlich ging die Tür lautlos auf. Sie bemerkten es, denn das ganze Tageslicht floh plötzlich auf diese Tür zu. Dieses Licht wuchs, wuchs, dann wurde es eine Feuerkugel. Dann hatten sie Angst, aber es ging so schnell, dass sie nicht einmal Zeit hatten zu schreien. Die Kugel ging auf, und in der Kugel erschien ein Kind, bezaubernd, wie sie noch keines gesehen hatten. Das Kind lächelte sie an, ohne ein Wort zu sprechen. Seine Gegenwart war von unendlicher Schönheit. Sie hatten keine Angst mehr. Es war nur noch Freude. Es dauerte … einen Augenblick?, eine Viertelstunde?, eine Stunde? In diesem Punkt gingen die Meinungen auseinander.

Sicher ist, dass das Geschehen die Dauer einer Schulstunde nicht überschritt. Das Kind war weiß gekleidet und sah aus wie eine kleine Sonne. Es selbst brachte das Licht hervor. Die Tageshelle erschien daneben schwarz. Es sagte nichts, es lächelte nur, dann verschwand es in der Lichtkugel, die sich allmählich auflöste. Die Tür schloss sich leise von selbst. Voll Entzücken, das Herz von Freude überflutet, konnten die Mädchen kein Wort hervorbringen.

Da zerriss ein gellender Schrei die Stille. Ganz verstört schrie die Lehrerin: „Es ist gekommen! Es ist gekommen!“ Und dann floh die Lehrerin. Angela schien aus einem Traum zu erwachen. Sie sagte einfach: „Ihr seht, es gibt ein Jesuskind. Und jetzt wollen wir danken.“ Und sie knieten nieder und beteten. Dann verließen sie das Klassenzimmer, denn es hatte soeben geläutet, es war Pause.

Die Sache sprach sich bald herum. Die Eltern suchten den Pfarrer auf, und er befragte die Kinder, jedes für sich. Er fand in ihre Aussagen nicht den leiseste Widerspruch. „Wir waren in Bedrängnis“, sagte eines der Mädchen, „und da musste das Jesuskind kommen und uns helfen.“

Die Lehrerin aber musste in die Psychiatrie gebracht werden. Die Schulbehörde vertuschte die Sache. Wie es heißt, hat die Lehrerin unaufhörlich geschrien: „Es ist gekommen, es ist gekommen!“

Der störrische Esel und die süße Distel

Jesus ist als unser Heiland in die Welt gekommen, um das Herz des Menschen von seiner Härte und Widerspenstigkeit gegen den Willen und Liebe Gottes zu erlösen. Karl Heinriche Waggerl hat dieses Erlösungsgeheimnis in eine humorvolle Weihnachtsgeschichte gekleidet.

Als der heilige Josef im Traum erfuhr, daß er mit seiner Familie vor der Bosheit des Herodes fliehen müsse, in dieser bösen Stunde weckte der Engel auch den Esel im Stall.

“Steh auf!” sagte er von oben herab. “Du darfst die Jungfrau Maria mit dem Herrn nach Ägypten tragen.”

Dem Esel gefiel das gar nicht. Er war kein sehr frommer Esel, sonder eher ein wenig störrisch im Gemüt.

“Kannst du das nicht selber besorgen?” fragte er verdrossen. “Du hast doch Flügel, und ich muß alles auf meinem Buckel schleppen!” Warum denn gleich nach Ägypten, so himmelweit!”

“Sicher ist sicher!” sagte der Engel, und das war einer von den Sprüchen, die selbst einem Esel einleuchten müssen.

Als er nun aus dem Stall trottete und zu sehen bekam, welch eine Fracht der heilige Josef für ihn zusammengetragen hatte, das Bettzeug für die Wöchnerin und einen Pack Windeln für das Kind, das Kistchen mit dem Gold der Könige und zwei Säcke mit Weihrauch und Myrrhe, einen Laib Käse und eine Stange Rauchfleisch von den Hirten, den Wasserschlauch, und schließlich Maria selbst mit dem Knaben, auch beide wohlgenährt, da fing er gleich wieder an, vor sich hinzumaulen. Es verstand ihn ja niemand außer dem Jesuskind.

“Immer dasselbe”, sagte er, “bei solchen Bettelleuten! Mit nichts sind sie hergekommen, und schon haben sie eine Fuhre für zwei Paar Ochsen beisammen. Ich bin doch kein Heuwagen”, sagte der Esel, und so sah er auch wirklich aus, als ihn Josef am Halfter nahm, es waren kaum noch die Hufe zu sehen.

Der Esel wölbte den Rücken, um die Last zurechtzuschieben, und dann wagte er einen Schritt, vorsichtig, weil er dachte, daß der Turm über ihm zusammenbrechen müsse, sobald er einen Fuß voransetzte.

Aber seltsam, plötzlich fühlte er sich wunderbar leicht auf den Beinen, als ob er selber getragen würde, er tänzelte geradezu über Stock und Stein in der Finsternis.

Nicht lange, und es ärgerte ihn auch das wieder.

“Will man mir einen Spott antun?” brummte er. “Bin ich etwa nicht der einzige Esel in Bethlehem, der vier Gerstensäcke auf einmal tragen kann?”

In seinem Zorn stemmte er plötzlich die Beine in den Sand und ging keinen Schritt mehr von der Stelle.

“Wenn er mich jetzt auch noch schlägt”, dachte der Esel erbittert, “dann hat er seinen ganzen Kram im Graben liegen!”

Allein, Josef schlug ihn nicht. Er griff unter das Bettzeug und suchte nach den Ohren des Esels, um ihn dazwischen zu kraulen.

“Lauf noch ein wenig”, sagte der heilige Josef sanft, “wir rasten bald!”

Daraufhin seufzte der Esel und setzte sich wieder in Trab.

“So einer ist nun ein großer Heiliger”, dachte er, “und weiß nicht einmal, wie man einen Esel antreibt!”

Mittlerweile war es Tag geworden, und die Sonne brannte heiß. Josef fand ein Gesträuch, das dürr und dornig in der Wüste stand, in seinem dürftigen Schatten wollte er Maria ruhen lassen. Er lud ab und schlug Feuer, um eine Suppe zu kochen, der Esel sah es voll Mißtrauen. Er wartete auf sein eigenes Futter, aber nur, damit er es verschmähen konnte.

“Eher fresse ich meinen Schwanz”, murmelte er, “als euer staubiges Heu!”

Es gab jedoch gar kein Heu, nicht einmal ein Maul voll Stroh, der heilige Josef in seiner Sorge um Weib und Kind hatte es rein vergessen. Sofort fiel den Esel ein unbändiger Hunger an. Er ließ seine Eingeweide so laut knurren, daß Josef entsetzt um sich blickte, weil er meinte, ein Löwe säße im Busch.

Inzwischen war auch die Suppe gar geworden, und alle aßen davon, Maria aß, und Josef löffelte den Rest hinunter, und auch das Kind trank an der Brust seiner Mutter, und nur der Esel stand da und hatte kein einziges Hälmchen zu kauen. Es wuchs da überhaupt nichts, nur etliche Disteln im Geröll.

“Gnädiger Herr!” sagte der Esel erbost und richtete eine lange Rede an das Jesuskind, eine Eselrede zwar, aber ausgekocht scharfsinnig und ungemein deutlich in allem, worüber die leidende Kreatur vor Gott zu klagen hat. “I-A! schrie er am Schluß, das heißt: “so wahr ich ein Esel bin!”

Das Kind hörte alles aufmerksam an. Als der Esel fertig war, beugte es sich herab und brach einen Diestelstengel, den bot es ihm an.

“Gut!” sagte er, bis ins Innerste beleidigt. “So fresse ich eben eine Distel!” Aber in deiner Weisheit wirst du voraussehen, was dann geschieht. Die Stacheln werden mir den Bauch zerstechen, so daß ich sterben muß, und dann seht zu, wie ihr nach Ägypten kommt!”

Wütend biß er in das harte Kraut, und sogleich blieb ihm das Maul offen stehen. Denn die Distel schmeckte durchaus nicht, wie er es erwartet hatte, sondern nach süßestem Honigklee, nach würzigstem Gemüse. Niemand kann sich etwas derart Köstliches vorstellen, er wäre denn ein Esel.

Für diesmal vergaß der Graue seinen ganzen Groll. Er legte seine langen Ohren andächtig über sich zusammen, was bei einem Esel so viel bedeutet, wie wenn unsereins die Hände faltet.

Karl Heinrich Waggerl

Den Weg zur Krippe finden

Es war einmal ein Hirte, der lebte auf einem Felde in der Nähe Betlehems. Er war groß und stark, aber er hinkte und konnte nur an Krücken gehen. Darum saß er meistens mürrisch am Feuer und sah zu, dass es nicht ausging. Die anderen Hirten fürchteten ihn.

Als den Hirten in der Heiligen Nacht ein Engel erschien und die frohe Botschaft verkündete, da wandte er sich ab. Und als sie sich aufmachten, um das Kind zu finden, so wie es ihnen der Engel gesagt hatte, blieb er allein am Feuer zurück. Er schaute ihnen nach, sah, wie das Licht ihrer Lampen kleiner wurde und sich in der Dunkelheit verlor. “Lauft, lauft! Was wird es schon sein? Ein Spuk, ein Traum! ” Die Schafe rührten sich nicht. Die Hunde rührten sich nicht. Er hörte nur die Stille. Er stocherte mit der Krücke in der Glut. Er vergaß, frisches Holz aufzulegen. Und wenn es kein Spuk, kein Traum wäre? Wenn es den Engel gab? Er raffte sich auf, nahm die Krücken unter die Arme und humpelte davon, den Spuren der anderen nach.

Als er endlich zu dem Stall kam, dämmerte bereits der Morgen. Der Wind schlug die Tür auf und zu. Ein Duft von fremden Gewürzen hing in der Luft. Der Lehmboden war von vielen Füßen zertreten. Er hatte den Ort gefunden. Doch wo war nun das Kind, der Heiland der Welt, Christus, der Herr in der Stadt Davids? Er lachte. Es gab keine Engel. Schadenfroh wollte er umkehren. Da entdeckte er die kleine Kuhle, wo das Kind gelegen hatte, sah das Nestlein im Stroh. Und da wusste er nicht, wie ihm geschah. Er kauerte vor der leeren Krippe nieder. Was machte es aus, dass das Kind ihm nicht zulächelte, dass er den Gesang der Engel nicht hörte und den Glanz Marias nicht bewunderte! Was machte es aus, dass er nun nicht mit den anderen in Bethlehem durch die Straßen zog und von dem Wunder erzählte! Was ihm widerfahren war, konnte er nicht mit Worten beschreiben. Staunend ging er davon. Er wollte das Feuer wieder anzünden, bevor die anderen Hirten zurückkamen. Doch als er eine Weile gegangen war, merkte er, dass er seine Krücken bei der Krippe vergessen hatte. Er wollte umkehren. Warum denn? Zögernd ging er weiter, dann mit immer festeren Schritten.

(Geschichte von Max Bolliger)

Herbergssuche einmal anders

In einer kleinen Berggemeinde gehörte die alljährliche Weihnachtsaufführung der Schüler der damals noch einklassigen Volksschule zur festen Dorftradition. Der Wirt des Gasthauses “Leuen” stellte immer seinen Saal zur Verfügung. Der Lehrer Gottlieb Egglmann inszenierte mit seinen 30 Schülern die Weihnachtsgeschichte. Bei der Rollenverteilung war es für den Lehrer nicht schwierig, jemanden für Josef und Maria, die Engel, die Hirten usw. zu finden. Aber die Rolle des Wirtes, der Maria und Josef bei der Herbergssuche unbarmherzig wegjagen sollte, wollte niemand gerne spielen.

So musste schließlich Roberto, der Sohn eines italienischen Gastarbeiterehepaares, welches im Restaurant “Leuen“ seit Jahren in der Küche arbeitete, die Rolle übernehmen. Er musste. Erstens, weil er noch nicht so gut deutsch sprach, und zweitens schien er mit seinem dunklen, gekrausten Haar und den dunklen Augen am ehesten einem Bösewicht zu gleichen. Das war auf alle Fälle die Meinung der halben Klasse.

Der kleine Roberto lernte seine Rolle schnell und gut. Lautstark schmetterte er bei den Proben sein “Nein, von mir bekommt ihr kein Zimmer! Gesindel, verschwindet!“ von der Bühne. Aber: Wie hasste er doch seine Rolle.

Endlich war es soweit, der große Tag stand vor der Tür. Der kleine Saal war zum Bersten voll. Mit leuchtenden Augen standen die Kinder in ihren selbstgemachten Kostümen da. Vor allem Maria strahlte. Mit ihren Zapfenlocken war sie wunderschön anzusehen. Und wie sie spielten! Der Lehrer Egglmann wurde immer größer und stolzer, denn was seine Kinder auf der Bühne boten, war schlicht erstaunlich.
Nun folgte der zweite Akt beim Gastwirt, bei Roberto. Er stand da mit grimmigem Blick und hörte das Klagen Marias. “Ach Wirt, habe Erbarmen, ich friere! Lass mich in dein Haus!” Es war zum Steinerweichen! Roberto schaute immer grimmiger drein und setzte an, um seinen hundertmal geübten Satz in den Saal zu schmettern.

Doch plötzlich verschwand der dunkle Schatten von seinem Gesicht. Ja, es begann förmlich zu leuchten. Und Roberto sagte mit fester Stimme: “Kommt nur herein. Ich gebe euch mein bestes Zimmer. Und zu essen bekommt ihr auch, soviel ihr wollt.” Und er ergriff Maria zart bei der Schulter und wollte sie durch die Kulissentür in das Gasthaus führen. “Spinnst du?“, rief Maria deutlich hörbar.

Peinliche Sekunden vergingen, ehe der Lehrer, der vor Schrecken fast vom Stuhl gefallen war, endlich “Vorhang, Vorhang!’ schrie. Der Vorhang wurde gezogen, die Weihnachtsaufführung war vorzeitig beendet. Aber sie hat viele zum Nachdenken gebracht und man hat im Dorf noch lange darüber geredet.

Geschenk für das Jesuskind

Ein Priester erzählte einmal seine Berufungsgeschichte: Mit 15 Jahren begann er zu rauchen. Er machte in folgenden Jahren immer wieder Versuche, mit dem Rauchen aufzuhören, aber es gelang ihm einfach nicht.

Am Weihnachtsfest in seinem 25. Lebensjahr fasste er wieder einmal den Vorsatz und da er wusste, dass er es mit eigener Kraft nicht schaffen würde, kam er auf folgende Idee: Nach der Mette am Heiligen Abend wartete er bis alle Leute aus der Kirche waren, und in einem unbemerkten Augenblick, ging er zur Krippe in der Kirche hin, zog seine letzte Zigarettenschachtel heraus und legte sie dem Jesuskind in der Krippe auf die Brust, mit dem Gebet im Herzen: „Heute habe ich Dir leider nichts anderes zu schenken als meine Sucht. Bitte nimm dieses Geschenk an und befreie Du mich doch endlich von meiner Abhängigkeit.”

Niemand hat ihn bemerkt, und so gesellte er sich wieder zu den anderen Kirchbesuchern. Von dieser Stunde an war er aber von diesem Verlangen nach einer Zigarette geheilt. Er verspürte es nie wieder. Dieses besondere Weihnachtsgnade hatte sein Herz für etwas Größeres bereitet, dessen er sich damals noch nicht bewusst war. Ein Jahr später erwachte in im ein neues Verlangen, die Sehnsucht, Jesus im Priestertum nachzufolgen.

Warum lag Jesus in einer Futterkrippe?

Schwester Emmanuel von der Gemeinschaft der Seligpreisungen erzählte folgende Begebenheit, die wieder einmal die Weisheit der Kinder bezeugt: Während der Adventszeit behandelte eine Katechetin in der ersten Klasse im Unterricht das Weihnachtsereignis. Sie beschrieb den Kindern die Armut der Heiligen Familie. Maria und Josef fanden in Bethlehem keine Unterkunft, weil in der Herberge kein Platz war. Sie mussten in einer Grotte leben, und das kleine Jesuskind konnte nicht einmal in einem Bett schlafen, sondern musste in einer Futterkrippe liegen…

Um zu überprüfen, ob die Kinder alles verstanden hatten, stellte die Lehrerin zur Wiederholung die Frage: „Wer kann mir sagen, warum Jesus in einer Futterkrippe geschlafen hat?“ Darauf meldete sich einer der kleinen Buben: „Aber das musste doch so sein, daß Jesus in einer Futterkrippe schlief! Denn er hat ja schon gewusst, dass er einmal (in der Hostie) gegessen wird.“ Der hl. Pater Pio sagt: „Wie viele große Lehren gehen von der Krippe in Betlehem aus! Welch´ glühende Liebe muss das Herz für den empfinden, der für uns ganz zart und klein geworden ist! Bitten wir das Göttliche Kind, es möge uns mit Demut erfüllen; denn nur durch diese Tugend sind wir imstande, dieses Geheimnis göttlicher Zärtlichkeit und Menschenfreundlichkeit zu erfassen und zu genießen.“

Wie Ochs und Esel an die Krippe kamen

Im ersten Petrusbrief (5,5f)steht zu lesen: „Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade. Beugt euch also in Demut unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöht, wenn die Zeit gekommen ist.“ Gott selbst ist demütig als kleines Kind in diese Welt gekommen, darum kommen die Demütigen und Kleinen bei ihm besonders zu Ehren. Karl Heinrich Waggerl hat diese Wahrheit in ein köstliche Geschichte verpackt:

„Als Josef mit Maria auf dem Weg nach Bethlehem war, rief ein Engel die Tiere heimlich zusammen, um einige auszuwählen, der Heiligen Familie im Stall zu helfen. Als erster meldete sich natürlich der Löwe: “Nur ein Löwe ist würdig, dem Herrn der Welt zu dienen”, brüllte er, “ich werde jeden zerreißen, der dem Kind zu nahe kommt!”
“Du bist mir zu grimmig”, sagte der Engel.

Darauf schlich sich der Fuchs näher. Mit unschuldiger Miene meinte er: “Ich werde sie gut versorgen. Für das Gotteskind besorge ich den süßesten Honig und für die Wöchnerin stehle ich jeden Morgen ein Huhn!”
“Du bist mir zu verschlagen”, sagte der Engel.

Da stelzte der Pfau heran. Rauschend entfaltete er sein Rad und glänzte in seinem Gefieder. “Ich will den armseligen Schafstall köstlicher schmücken als Salomon seinen Tempel!” “Du bist mir zu eitel”, sagte der Engel.

Es kamen noch viele und priesen ihre Künste an. Vergeblich. Zuletzt blickte der strenge Engel noch einmal suchend um sich und sah Ochs und Esel draußen auf dem Feld dem Bauern dienen. Der Engel rief auch sie heran: “Was habt ihr anzubieten?’ “Nichts”, sagte der Esel und klappte traurig die Ohren herunter, “wir haben nichts gelernt außer Demut und Geduld. Denn alles andere hat uns immer noch mehr Prügel eingetragen!” Und der Ochse warf schüchtern ein: “Aber vielleicht könnten wir dann und wann mit unseren Schwänzen die Fliegen verscheuchen!” Da sagte der Engel: “Ihr seid die richtigen!”