Kommt her, folgt mir nach!

berufung_apostel_petrus_andre_hiAm 3. Sonntag im Jahreskreis hören wir im Evangelium von der Berufung der ersten Apostel. Mit dieser Berufung hat Jesus begonnen, die Kirche aufzubauen. Das Wort Kirche leitet sich vom Griechischen her und bedeutet übersetzt, die vom Herrn aus der Welt Herausgerufenen. „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“, sagt der Herr (Joh 15,16).

Er hat damals den Petrus und Andreas, den Jakobus und Johannes von ihren Familien und ihrem Beruf weggerufen. Er hat sie nicht gefragt, ob es in ihre Lebensplanung passt. Er sagte zu ihnen einfach: „Kommt her! Folgt mir nach!“ Sie sollten von nun an Menschenfischer sein. Und sie taten es. Sie ließen alles zurück: Familie, Arbeit, Freunde, Kollegen und gingen mit ihm.

Was Jesus damals getan hat, das ist bis heute so geblieben. Die Kirche baut immer auf Menschen auf, die sich ganz von Jesus Christus in Dienst nehmen lassen.

Man könnte hier alle Priester und Ordensleute befragen, wie sie dazu gekommen sind, Priester zu werden oder in einen Orden einzutreten. Sie werden immer davon erzählen, dass sie in ihrem Herzen die drängende Einladung verspürt haben, ihr ganzes Leben Gott zu schenken, in die Nachfolge Christi zu treten und auf die Ehe zu verzichten.

Ein Priester hat einmal berichtet. Er sollte den kleinen Familienbetrieb seiner Eltern übernehmen. Alles war gut geplant. Er hatte den Beruf gelernt, hatte Praxis erworben. Da plötzlich, gegen alle Lebensplanung, verspürte er den Ruf, Priester zu werden. Konnte er den Eltern das antun? Es war ein schwerer Kampf in seinem Herzen, bis er sich zum Priestertum entschieden hatte. Nach einigen Konflikten haben auch die Eltern zugestimmt. Heute sind sie froh über seinen Weg.

Als Jesus die ersten Jünger rief, werden sich die Menschen gefragt haben: Woher hat er das Recht, Familien zu zerreißen, Menschen so an sich zu binden? Die Frage stellt sich bis heute.
Wenn Jesus nur ein Mensch wäre, hätte er kein Recht dazu. Aber da er der Sohn Gottes ist, gilt von ihm und seinem Ruf: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ So ruft Jesus heute noch und sagt: „Komm, folge mir nach!“ Das Opfer, das er verlangt, ist freilich nicht sinnlos. Denn wer Ihm nachfolgt, wird von Ihm zu
den Menschen zurückgeschickt, um ihnen zu dienen und ganz für sie da zu sein. Wie Er selber es tat und immer noch tut.

 

Mitwirken im Heilsplan Gottes

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Ein Engel des Herrn erschien Josef im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Mt 1,20

Am 4. Adventsonntag hören wir im Evangelium von den Umständen der Geburt Jesus Christi, wie sie der Evangelist Matthäus schildert. Er stellt uns vor allem das Mitwirken des hl. Josef mit den Heilsplänen Gottes vor Augen. Der hl. Josef hatte ein fügsames und formbares Herz. An ihm leuchten uns jene Haltungen auf, die auch für unser Leben wichtig sind, damit Gott seine Heilspläne erfüllen kann.
1) Das erste ist die Bereitschaft, den Willen Gottes anzunehmen und ihm zu gehorchen. Der hl. Josef hatte zwar seine eigenen Pläne. Er dachte daran, sich von Maria ohne weiteres Aufsehen zu trennen, um Maria nicht öffentlich bloßzustellen. Aber als der Engel ihm den Auftrag gab, Maria zu sich zu nehmen und für Jesus Ziehvater zu sein, hat er sich ohne Widerrede in diesen Plan gefügt.
Gott hat auch seine Pläne mit uns. Die entscheidende Frage ist, ob wir uns bereitwillig einfügen lassen in die Dinge, wie er sie vorgesehen hat. Solange wir unseren eigenen Willen eigensinnig durchzusetzen suchen, werden wir immer eine Unzufriedenheit und Unruhe im Herzen haben. Der Friede und die Ruhe des Herzens kommen immer aus der freiwilligen Hingabe an die weisen Fügungen seiner Vorsehung, wie sie sich auch in den kleinsten Dinge zeigen.
2) Eine weitere wichtige Haltung ist die Bereitschaft zum Dienen. Jesus sagt: „Wer von euch groß sein will, der sei der Diener aller.“ Das sehen wir am hl. Josef verwirklicht. Als er erfahren hat, was der Plan Gottes war, hat er sich nicht beleidigt zurückgezogen, weil alles ganz anders kam, als er es sich vorgestellt hatte, sondern er hat sich mit ganzer Kraft und Verantwortung für Maria und Jesus hingegeben. Wir machen oft den Fehler, dass wir uns aus falscher Demut oder aus Bequemlichkeit genau dann zurückziehen, wenn unser Dienst gebraucht wird. Die Bereitschaft zum Dienen ist wichtig für unser Wachstum in Glaube, Hoffnung und Liebe.
3) Als Drittes können wir vom hl. Josef die Haltung der Diskretion und des Schweigens lernen. Diskretion ist die Fähigkeit, im rechten Augenblick zu schweigen oder zu reden zum Heil und Nutzen unserer Mitmenschen ohne dass wir uns selber in den Mittelpunkt stellen. Jesus sagt: „Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund“
(Mt 12,34). Wenn es uns gelingt, durch Gottes Gnade in unser Denken und Fühlen das rechte Schweigen zu bringen, werden wir auch im Geist der Unterscheidung zur rechten Zeit das Richtige sagen oder schweigen können.
Der hl. Josef war gehorsam, dienstbereit und schweigsam. In dieser Haltung hat er am Erlösungsplan Gottes mitgewirkt und er gibt uns ein Vorbild, dass auch wir diese Tugenden erstreben.

Ein Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes

hand-v-folignoAm Gedenktag Allerseelen erinnert uns die Kirche an eine Wahrheit und Wirklichkeit, die oft vergessen oder sogar belächelt wird. Es geht um das Fegefeuer. Die Lehre der Kirche besagt, dass das Fegefeuer der Zustand jener Menschen ist, die zwar in der Freundschaft Gottes gestorben und sich ihres ewigen Heiles sicher sind, deren Seele aber noch der Läuterung bedarf, damit sie in die himmlische Seligkeit eintreten kann.
Kraft der Gemeinschaft der Heiligen können die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern, den armen Seelen im Fegefeuer helfen, indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer, aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen.
Gott hat uns immer wieder Zeichen gegeben, die uns im Glauben an diese Wirklichkeit des Fegefeuers bestärken sollen. Eines dieser Zeichen ist die eingebrannte Hand von Foligno in Italien. Die Ereignisse wurden in einem kirchlichen und zivilen Prozesse untersucht und eidlich bestätigt.
Am 4. Nov. 1859 starb im Kloster der französischen Tertiarinnen in Foligno eine Ordensschwester namens Therese-Margrit Gesta an einem Schlaganfall. Während vieler Jahre war sie Novizenmeisterin und hatte gleichzeitig die Garderobe des Klosters beaufsichtigt. Zwölf Tage später, am 17. Nov., wurde eine Schwester, namens Anna Felizitas, beauftragt, in die Kleiderablage zu gehen. Sie hatte der Verstorbenen in diesem Amt geholfen und musste es jetzt allein ausüben. Dort angekommen, hörte sie Seufzer, die scheinbar aus dem Innern des Raumes kamen. „Oh mein Gott! Wie ich leide!“ Die erschrockene Schwester erkannte sofort die Stimme der Schwester Therese. Sie nahm sich, so gut es ging, zusammen und fragte: „Warum denn?“ „Wegen der Armut“, antwortete Schwester Therese. „Wie denn? Sie waren doch arm“. „Nicht meinetwegen, aber ich habe den anderen Schwestern in dieser Beziehung zu viel Freiheit gelassen, und du, nimm dich ja in acht.“ In diesem Moment füllte sich der ganze Raum mit dichtem Rauch und der Schatten der Schwester Therese erschien. Der bewegte sich der Wand entlang bis zur Tür. Dort angekommen rief sie aus: „Hier ist ein Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes!“
Während sie das sagte, schlug sie mit der Hand auf die obere Türfüllung und hinterließ, eingeprägt in dem gekalkten Holz, einen Abdruck ihrer Hand, dann verschwand sie. Der Geruch von verbranntem Holz erfüllte den Raum.
Auf dieses Zeichen Gottes hin haben die Schwestern Tag und Nacht inständig für die Verstorbene gebetet.
In der Nacht des 19. Nov. erschien die Seele der Verstorbenen noch einmal Schwester Anna Felizitas und sagte: „An einem Freitag, dem Tag der Passion, bin ich gestorben und heute, wiederum an einem Freitag, gehe ich ein in die Glorie … seid stark im Kreuztragen! … Adieu! …“
Sie verwandelte sich in eine lichte Wolke, weiß und leuchtend, die sich zum Himmel erhob und verschwand.
Der Bischof von Foligno und die Behörden der Stadt leiteten gleich eine kanonische Untersuchung ein. Am 23. November öffnete man das Grab der Schwester Therese-Margrit. Man fand den Einbrand der Hand in genauer Übereinstimmung mit der Hand der Verstorbenen.

Lazarus vor der Tür des Reichen

Das Jesuskind auf dem Bild hält den Rosenkranz in seiner Hand und lädt uns ein, ihn zu beten. Das tägliche Rosenkranzgebet, besonders im Rosenkranzmonat Oktober, hilft die wichtigsten Heilsgeheimnisse zu betrachten und zu verinnerlichen.

Am 26. Sonntag im Jahreskreis hören wir im Evangelium das Gleichnis vom reichen Prasser und vom armen Lazarus. Jesus hat uns damit eine Wahrheit veranschaulicht, von der die Menschen heute oft nichts hören möchten: Es liegt in unserer Macht, nach dem Tod entweder die ewige Glückseligkeit zu gewinnen, oder auch auf ewig verloren zu gehen. Jesus macht uns klar, dass alles, was wir jetzt in diesem Leben auf der Welt denken, reden und tun, Konsequenzen und Folgen für die Ewigkeit hat.

Von diesem Reichen Mann sagt Jesus wie ganz selbstverständlich, dass er an den Ort der Qualen gelangt ist. Aber was hat der Reiche getan, bzw. nicht getan? Es heißt: „Er kleidete sich in reines Purpur und Leinen und Tag für Tag lebte er herrlich und in Freuden.“ Das heißt er verwendet seine Güter und seinen Reichtum zu keinem anderen Zweck, als ein angenehmes und vergnügtes Leben zu führen. Er versteht es, für sich selbst das Beste vom Guten herauszuholen. Und da bleiben für ihn, wie ganz selbstverständlich, die anderen, seine Mitmenschen, auf der Strecke. Lazarus liegt vor seiner Tür und das kümmert ihn überhaupt nicht.

Dieser Lazarus, das könnten sein z.B. die ungeborenen Kinder, die abgetrieben werden, ein Ehepartner, der im Stich gelassen wird, ein Arbeitskollege, der hinausgemobbt wird, Kranke und alte Menschen, um die man sich nicht kümmert, ein Mitmensch, ein Nachbar, der in irgendeiner Not ist, wo man einfach wegschaut.

Und nun ist es auch ganz logisch und einsichtig: Wenn ein Mensch ein Leben lang bis zum Tod in einer solchen Lebenseinstellung verharrt, sich nicht ändert, keine Reue hat über das, was er den anderen Menschen angetan hat, wenn er nicht umkehrt, dann kann es ihm gar nicht anders ergehen, wie diesem reichen Prasser im Gleichnis. Sollte Gott vielleicht so ungerecht sein, dass er diesen Egoisten, der nur für sich selber gelebt und seinen Mitmenschen soviel Leid zugefügt hat, noch belohnt mit der Freude des Himmels, wo es nur die Gemeinschaft der Liebe gibt mit Gott und allen seinen Heiligen?

Jesus hat uns dieses Gleichnis erzählt, damit wir unser Herz nicht verschließen gegenüber dem Anruf und der Einladung Gottes, die Liebe zu Gott und unseren Nächsten zu üben. Jesus selbst hat uns das Vorbild der Liebe gegeben, bis zu seinem Tod am Kreuz. Und Gott hat es durch die Auferstehung von den Toten bestätigt, das Jesus der wahre Weg zum Leben ist.
Und wir sollten nicht zu jenen fünf Brüdern des reichen Mannes gehören, die sich auch nicht warnen und überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

Jeden Augenblick aus der Gnade leben

Am 15. August feiern wir das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel. Maria sagt im Magnifikat:
„Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan“ Lk 1,48f.

Im Evangelium vom 20. Sonntag im Jahreskreis hören wir von Jesus die bedeutsamen Worte: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! Ich muss mit einer Taufe getauft werden, und ich bin sehr bedrückt, solange sie noch nicht vollzogen ist.“ Jesus spricht hier vom Feuer des Heiligen Geistes, dem Feuer der göttlichen Liebe, das er in den Herzen der Menschen entzünden will. Aber dieses Feuer wird erst brennen, wenn er durch die Taufe seines Leidens und Sterbens am Kreuz hindurch in die Herrlichkeit der Auferstehung gelangt ist.

Wir als Getaufte haben nun dieses Feuer des Geistes empfangen. Und dieser Heilige Geist der Liebe gibt uns die Kraft, Jesus mit unserem Kreuz nachzugehen, um durch ihn zur Herrlichkeit des Himmels zu gelangen. Gerade die Heiligen sind uns hier große Vorbilder auf diesem Weg.

Am 22. Oktober 2010 wurde der Seligsprechungsprozess für den vietnamesischen Kardinal Franz Xaver Nguyen Van Thuan eröffnet, der 2002 verstorben ist. 13 Jahre, von 1975 bis 1988, verbrachte er als Bischof in verschiedenen Gefängnissen Vietnams. Davon war er neun Jahre lang in Isolationshaft, immer unter Aufsicht, in Kälte, Schmutz und bei mangelhafter Nahrung.

In einem Interview berichtete er: „In unserem Land gibt es ein Sprichwort, das sagt: ‚Ein Tag im Gefängnis wiegt so schwer wie tausend Herbste der Freiheit.‘ Das habe ich am eigenen Leib erfahren. … In der Dunkelheit der Nacht, mitten in diesem Meer der Angst, inmitten dieses Alptraums, begann ich nach und nach aufzuwachen: Ich muss der Wirklichkeit ins Auge sehen. Ich bin im Gefängnis. Ist das nicht vielleicht die beste Zeit, um etwas Großes zu tun? Während der langen Nächte voller Qualen kam ich zu der Überzeugung, dass es die einfachste und sicherste Art ist, Heiligkeit zu erlangen, wenn man den gegenwärtigen Augenblick lebt. Und so begann ich zu beten: ‚Jesus, ich will nicht auf die Befreiung warten, ich will diesen gegenwärtigen Augenblick leben und ihn mit Liebe erfüllen.'“

„Das Leiden ist sicherlich hart. Es ist dramatisch; manchmal übersteigt es unsere Kräfte. Man kann nicht sagen, dass der Schmerz an sich etwas Gutes oder Heiliges ist, denn menschlich gesehen ist es manchmal sehr hart. Wenn wir aber mit Christus, mit dem Kreuz mit Seinem Leiden vereint sind, dann wird alles anders.“

„Ich habe erkannt, dass ich nie verlassen war. Das war nicht nur eine Erkenntnis, sondern eine Erfahrung! Ich erlebte meine Schwachheit, die physische, geistige und spirituelle Schwachheit, denn als ich litt, war der Schmerz so groß, dass man dabei hätte sterben können. Da kann man nicht einmal mehr beten. Ich bin ein Nichts, die Gnade ist alles. Diese Erfahrung lehrt uns, dass man jeden Augenblick aus der Gnade lebt.“

Richtet euren Sinn auf das Himmlische

Ausschnitt aus dem Mosaik in der Kirche auf dem Berg Tabor über die Verklärung des Herrn. (Fest: 6. Aug.)

Im Evangelium zum 18. Sonntag im Jahreskreis spricht Jesus von den Gefahren der Habgier und des Reichtums und er sagt: „Der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt“ Lk 12,15. Wohin ein Leben in ungehemmtem Überfluss führen kann, das zeigt ein interessantes Experiment, das amerikanischen Verhaltensforscher vor einiger Zeit gemacht haben.

Sie haben Mäuse unter hervorragenden Lebensbedingungen aufwachsen lassen: Man gab ihnen Nahrung im Überfluss. Sie waren geschützt vor allen natürlichen Feinden und vor schlechtem Wetter. Man richtete ihnen ein richtiges „Mäuse-Schlaraffenland“ ein. Bald zeigten sich die Folgen dieses Lebens im Überfluss. Je mehr sich die Tiere vermehrten, umso deutlicher änderte sich ihr Verhalten zum Schlechten: Zuerst lehnten sie sich gegenseitig ab, weil sie offensichtlich die Hilfe des anderen nicht mehr brauchten, sie hatten ja genug Futter. Nachher wurden sie gewalttätig, weil ihnen offenbar zu fad war und sie etwas erleben wollten. Wenn die Mäuseriche vom Weibchen abgelehnt wurden, kam es zu sexuellen Aggressionen, was unter natürlichen Bedingungen bei Mäusen sonst nie der Fall ist.

All das führte schließlich zur Zerstörung jener Ordnung, in der Mäuse sonst zu leben pflegen. Es war die Zerstörung der „sozialen Ordnung“, die Zerstörung des natürlichen Zusammenlebens. Schließlich verloren sie sogar ihr sexuelles Interesse, denn durch das Leben im Überfluss waren offenbar die Lebenskräfte erschlafft und erlahmt. Sie erreichten den Tiefstand ihres Verhaltens, als sie zueinander keine Beziehung mehr hatten und jedes Tier für sich wie auf einer Insel lebte. Die Mäusekolonie begann sich nun zu reduzieren. Nun hätten die Tiere eigentlich zu ihrer ursprünglichen sozialen Beziehung zurückkehren können. Aber nun wussten die Überlebenden nichts mehr mit sich und der Umwelt anzufangen. Schließlich starb der letzte Mäuserich im biblischen Alter von hundert Jahren, wenn man sein Alter mit dem der Menschen vergleicht. Als letzte Überlebende gab es noch vier Weibchen in der Kolonie. Sie waren geradezu Prachtexemplare von Degeneration. Diese Tiere lebten zwar friedlich nebeneinander, aber sie hielten sich voneinander fern. Jede Maus lebte nur noch für sich und mit sich allein.

Wenn die Menschen sich von Gott abwenden und nur mehr das Irdische im Sinn haben, dann wird es ihnen ähnlich ergehen wie dieser Mäusekolonie: Sie werden fressen und saufen, gewalttätig sein usw; die soziale Ordnung zerfällt, bis jeder für sich wie auf einer Insel lebt. Das ist aber nicht der Sinn des Lebens.

Der hl. Paulus sagt: „Ihr seid mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische!“ (Kol 3, 1-2). Wer an Christus glaubt, sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit.

Sich vom Geist Gottes leiten lassen

Am Pfingstfest feiern wir die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die junge Kirche. Der Herr hat den verheißenen Tröster und Beistand gesandt.

Wir haben diesen Heiligen Geist bei unserer Taufe und Firmung empfangen. Er will mit jedem von uns Großes wirken zu unserem Heil und zum Heil unserer Mitmenschen. Nur geht es für uns darum, dass wir uns vom Heiligen Geist auch wirklich leiten lassen.

Unser Leben bringt viele Entscheidungen mit sich. Die Erfüllung unserer täglichen Aufgaben erfordert viel Einsicht und Unterscheidung. Es ist oft schwierig, inmitten der Forderungen, die unsere Gesellschaft stellt, den christlichen Weg klar zu erkennen.

Wovon lassen wir uns also leiten? Ist es der Geist der Welt? Schließen wir uns dem an, was heute modern ist, was die meisten tun und denken? Oder hören wir auf den Heiligen Geist? Aber wie können wir  seine Führung konkret erfahren?

1) Der Heilige Geist wirkt durch innere Eingebung. Wir empfangen von ihm Einsichten und gute Gedanken, die uns näher zu Gott, zur Wahrheit und zum Tun des Guten hinführen. Jesus sagt: „Der Hl. Geist wird uns in die ganze Wahrheit führen.“ Es ist vor allem die Wahrheit über uns selbst und den Willen Gottes. Für diese Wahrheit haben wir einen inneren Spürsinn, das ist unser Gewissen. Und wenn wir suchen, dem Gewissen zu folgen, das befiehlt, das Böse zu meiden und das Gute zu tun, dann sind wir schon auf dem Weg des Heiligen Geistes.

Aber wir müssen damit rechnen, dass wir uns bei diesen inneren Eingebungen sehr leicht täuschen können, besonders im Gebet, im Leiden und im Handeln. Genau diese Bereiche sind der Lieblingsaufenthalt unserer Selbsttäuschungen. Hier kann es leicht passieren, dass wir unseren „eigenen Vogel“ für den Heiligen Geist halten.

2) Darum muss zur inneren Führung noch die äußere hinzukommen, die uns durch die Kirche geschenkt wird. Jesus sagt: „Der Heilige Geist wird euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Das tut er vor allem durch die Kirche. Immer wieder hören wir das Wort Gottes, die Lehre des Glaubens und wir werden erinnert an die Gebote Gottes. Wer sich an das Evangelium und die Lehre der Kirche hält, der ist sicher unter der Führung des Heiligen Geistes.

Er erleuchtet uns auch durch die Sakramente, vor allem durch das Bußsakrament. Denn durch die Vergebung der Sünden wird immer wieder die Finsternis vertrieben, die durch unsere Fehler,   Sünden und Schwächen in unser Herz gekommen ist.

3) Der Geist Gottes führt uns schließlich durch die verschiedenen Umstände der Vorsehung, durch gute Menschen, die uns einen Rat geben, uns helfen und beistehen.

Die entscheidende Voraussetzung aber für das Wirken des Hl. Geistes ist die Demut des Herzens, ist das hörende Herz. Nur den Demütigen schenkt Gott seine Gnade.

 

Herr, du weißt, dass ich dich liebe

Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch die Stelle an, wo er lag (Mt 28,5-6).

Im Evangelium von 3. Sonntag der Osterzeit hören wir von der Begegnung des auferstandenen Herrn mit Petrus. Jesus stellt Petrus dreimal die Frage: „Liebst du mich?“; er gibt dreimal die Antwort: „Du weißt, dass ich dich liebe“; und dreimal gibt ihm Jesus den Auftrag: „Weide meine Schafe!“. Mit diesen Worten überträgt Jesus dem Petrus die Aufgabe des höchsten und universalen Hirtenamtes für die Kirche, das er ihm schon früher versprochen hatte: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben“ (Mt 16,18-19).

Was am meisten in diesem Abschnitt des Evangeliums berührt, ist, dass Jesus dem Versprechen, das er Petrus gegeben hat, treu bleibt, obwohl Petrus dem Versprechen, das er Jesus gegeben hatte, ihn nie zu verraten, untreu gewesen ist.

Gott gibt den Menschen, wenn sie umkehren, immer wieder neue Möglichkeiten. Er streicht die Menschen nicht nach ihrem ersten Fehler aus seinem Buch.

Und was bewirkt diese Barmherzigkeit Gottes? Das Vertrauen und die Vergebung des Meisters haben aus Petrus einen neuen, starken, bis zum Tod treuen Menschen gemacht. Er hat die Herde Christi in den schwierigen Momenten ihrer Anfänge geweidet, als es notwendig war, aus Galiläa hinauszugehen auf die Straßen der Welt. Petrus war durch dieses Vertrauen Jesu dann auch fähig, endlich sein Versprechen einzuhalten, das Leben für Christus hinzugeben.

Das Gespräch zwischen Jesus und Petrus ist auf das Leben eines jeden von uns zu übertragen. Der heilige Augustinus sagt in seinem Kommentar zu diesem Abschnitt des Evangeliums: „Indem er Petrus fragte, fragte Jesus einen jeden von uns.“

Die Frage: „Liebst du mich?“ ist an jeden Jünger gerichtet. Das Christentum ist keine Ansammlung von Lehren und Praktiken; es ist etwas viel Innigeres und Tieferes: eine Freundschaftsbeziehung mit der Person Jesu Christi.

Oft hat Jesus die Menschen zu Lebzeiten gefragt: „Glaubst du?“, nie aber: „Liebst du mich?“. Er tut es nur jetzt, nachdem er in seinem Leiden und Sterben den Beweis erbracht hat, wie sehr er uns liebt.

Jesus will, dass die Liebe zu ihm im Dienst an den anderen besteht: „Liebst du mich? Weide meine Schafe.“ Nicht er will die Früchte dieser Liebe erhalten, sondern er will, dass diese Liebe zu ihm seinen Schafen zugute kommt. Es ist, als sagte er dem Petrus: „Ich betrachte das, was du für meine Herde tust, als tätest du es für mich“.

Auch unsere Liebe zu Christus darf keine rein innerliche oder sentimentale Angelegenheit bleiben, sondern sie muss im Dienst an den anderen zum Ausdruck kommen, im Tun des Guten am Nächsten. Mutter Teresa von Kalkutta sagte oft: „Die Frucht der Liebe ist der Dienst, und die Frucht des Dienstes ist der Friede.“

Quelle: Vgl. Zenit, Predigt v. R. Cantalamessa

Herr, ich möchte wieder sehen können

Im Evangelium wird uns berichtet, dass Jesus auf dem Weg nach Jericho den blinden Bartimäus geheilt hat. „Herr, ich möchte wieder sehen können“, war sein großer Wunsch. Und Jesus sagte zu ihm: „Dein Glaube hat dir geholfen.“ „Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen, und er folgte Jesus auf seinem Weg“ (Mt 10,52). Durch die Begegnung mit Jesus sind ihm nicht nur die äußeren Augen geöffnet worden, sondern vor allem die inneren Augen des Glaubens, die Augen seines Herzens, so dass er Jesus als Jünger nachfolgte.

Als wir das Sakrament der Taufe empfangen haben, wurden uns die inneren Augen des Glaubens geöffnet. Durch die Gnade des Glaubens ist unser Leben hell geworden. Wir dürfen durch den katholischen Glauben den wahren Sinn unseres Lebens erkennen und wir wissen, was wir tun sollen, um das ewige Leben zu erlangen.

Kardinal Meisner erzählte einmal von einer Begegnung nach einem Gottesdienst in der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin: Eine blinde Frau ließ sich von ihren Begleitern an den Altar führen. Sie betastete den Altar liebevoll und ehrfürchtig und sagte: „Vor 60 Jahren habe ich hier die erste heilige Kommunion empfangen. Hier ging mir jenes Licht auf, das mein dunkles Leben erhellt hat.“

Wir können es gar nicht genug schätzen und dafür dankbar sein, dass wir durch Jesus Christus diese innere Heilung von der geistigen Blindheit empfangen haben. „Es gibt keinen größeren Reichtum, keinen kostbareren Schatz, kein reicheres Vermögen auf dieser Erde als den katholischen Glauben“, sagt der hl. Augustinus.

Aber wir erleben es heute, dass in vielen Menschen, die zwar getauft sind, dieses innere Licht des Glaubens erloschen ist. Sie lassen sich blenden vom Glanz dieser Welt. Es greift eine Finsternis und Blindheit des Geistes um sich, durch die man die Unterscheidungsgabe verliert: Was gut ist, wird für schlecht gehalten. Das Böse wird als gut dargestellt. Wahrheit und Lüge werden vertauscht. Die wahren Werte und der wahre Sinn des Lebens werden von vielen nicht mehr erkannt. Ja, sogar wir als gläubige Menschen, die sich bemühen Christus nachzufolgen, werden immer wieder erfahren, dass es eine innere Dunkelheit geben kann, in der unser Glaube auf die Probe gestellt wird.

Hier kann uns das Beispiel des Bartimäus zeigen, was für uns wichtig ist, damit wir wieder Licht empfangen und damit auch andere wieder sehend werden können.

Das Entscheidende, das Bartimäus getan hat: Er hat unermüdlich nach Jesus gerufen: „Jesus, hab Erbarmen mit mir!“ und dann die Bitte ausgesprochen: „Herr, ich möchte wieder sehen können!“ Dieses Rufen nach dem Herrn ist nichts anderes als das Gebet aus tiefstem Herzen. Jeder, der aufrichtig zu Jesus Christus betet, wird von Gott Licht und Hilfe empfangen. Der hl. Augustinus sagt:

„Glauben aber heißt: glauben, was du noch nicht siehst; und der Lohn dieses Glaubens ist: sehen, was du glaubst.“

Die Ankunft des Herrn steht nahe bevor

Am Ende des Kirchenjahres und am Anfang des Advents erinnert uns die Kirche in den Sonntagsevangelien immer an das zweite Kommen Christi in Herrlichkeit und all die Zeichen und Ereignisse, die dem vorausgehen. Wann der letzte Tag sein wird, das weiß niemand, nur Gott der Vater. Seit 2000 Jahren warten wir, aber das darf uns nicht dazu verleiten, zu denken, dass alles nur eine Täuschung ist.

Der hl. Petrus sagt: „Am Ende der Tage werden Spötter kommen, die sich nur von ihren Begierden leiten lassen und höhnisch sagen: Wo bleibt denn seine verheißene Ankunft? Seit die Väter entschlafen sind, ist alles geblieben, wie es seit Anfang der Schöpfung war. Wer das behauptet, übersieht, … dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren“(2 Petr 3,3-9).

Wie aber Jesus selbst und die Apostel lehren, gehen dem Ende verschiedene Zeichen voraus, an denen wir sein Kommen erkennen sollen:

1. Verkündigung des Evangeliums auf der ganzen Erde. Jesus sagt: „Dieses Evangelium vom Reich wird auf der ganzen Welt verkündet werden, damit alle Völker es hören; dann erst kommt das Ende“ (Mt 24,14). Das ist heute weitgehend erfüllt, denn es gibt kaum ein Volk, das noch nie etwas vom Evangelium gehört hat.

2. Bekehrung der Juden: Davon spricht der hl. Paulus im Römerbrief. Wenn die Fülle, d.h. die von Gott bestimmte Zahl der Heiden in das Reich Gottes eingegangen ist, wird sich ganz Israel bekehren und gerettet werden.

3. Glaubensabfall und Antichrist: Über dieses Zeichen sprechen die Apostel Paulus und Johannes: „Zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt“ (2 Thess 2,3). Der Antichrist ist der Mensch, der sich selbst zu Gott macht. Dieser Hochmut ist heute weitgehend verwirklicht.

4. Die große Not und Drangsal. Jesus hat von Katastrophen, Seuchen und Hungersnöten gesprochen, die es zu allen Zeiten geben wird. Aber er sagt auch: „Es wird eine so große Not kommen, wie es noch nie eine gegeben hat, seit die Welt besteht, und wie es auch keine mehr geben wird. Und wenn jene Zeit nicht verkürzt würde, dann würde kein Mensch gerettet; doch um der Auserwählten willen wird jene Zeit verkürzt werden“ (Mt 24,22).

Diese Vorzeichen seines Kommens sollen uns nicht in Angst und Verwirrung bringen. Jesus sagt vielmehr: „Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe“ (Lk 21,28).