Überall versprach man uns die Glückseligkeit

Mit sechs Jahren bin ich in einem Pensionat für Waisenkinder gelandet. Meine Eltern hatten mich verlassen, vorübergehend zwar, aber mein kindliches Herz trug dabei tiefe Verletzungen davon.

Ich war zehn, als ich wieder zu meinen Eltern heimgekehrt bin. Damals habe ich mich elend in meiner Haut gefühlt, unglücklich, verzweifelt, hässlich. Mit 13 entdeckte ich, dass ich den Burschen gefiel. Ich fing an, mich zu schminken, meine Zeit vor dem Spiegel zu verbringen, um zu gefallen und zu verlocken. Ein Flirt folgte dem anderen, war ich doch versessen darauf, diese Leere an Liebe, die mich bedrückte, aufzufüllen. Ich dürstete nach Zärtlichkeit und fand dennoch nichts als Enttäuschung.

Nach einem seelischen Tiefschlag, zu schwer zu ertragen, fasste ich den Entschluss, von zu Hause wegzugehen. Ich hatte weiterhin viel Erfolg bei den Burschen und spielte das emanzipierte Girl, sexy…, aber abends, wenn ich in meine Wohnung kam, löste ich mich auf meinem Bett in Tränen auf, weil ich so unglücklich war. Alle sexuellen Affären erzeugten eine große Leere in mir. Sex wurde zur krankhaften Besessenheit.

Dieser wachsenden Verzweiflung versuchte ich die Stirn zu bieten. Da bot sich mir der Okkultismus an. Ich belegte Kurse, um Astrologin zu werden. Mit vollem Elan ließ ich mich auch auf zahlreiche Techniken ein, um eine vollkommene Selbstbeherrschung zu erlangen. Ich machte Yoga, Aikido, Kendo, transzendentale Meditation, Zen …
Überall versprach man uns die Glückseligkeit, die universelle Liebe, die Macht des Geistes über den Körper.

Einer meiner Freunde, Thierry, den ich in meine Praktiken mit hineingezogen hatte, wurde ernsthaft psychisch krank. Dieses Ereignis stellte die Sinnhaftigkeit all dessen, was ich da lebte, ernsthaft in Frage. Von Zweifeln geplagt, habe ich meinen Guru aufgesucht, um ihm von Thierry zu erzählen. Er hat mich einfach vor die Türe gesetzt, ohne überhaupt auf meine Fragen einzugehen. In Sekundenschnelle war mir klar, dass ich schon wieder auf dem Holzweg war.

Wozu sollte ich da noch weiterleben? Mein Leben war doch nichts als eine Kette von Schmerzen und Pleiten. So habe ich mir einen Revolver gekauft, ihn in meinen Koffer gesteckt, dann habe mich von Thierry verabschiedet und dabei ein kleines Büchlein, das er in der Tasche hatte, mitgenommen.

Ich bin zu meinen Eltern heimgekehrt und habe begonnen, gedanklich meinen Selbstmord vorzubereiten. Um drei Uhr morgens bin ich aufgestanden, entschlossen, Schluss zu machen. Ich öffne den Koffer, um den Revolver zu ergreifen und stoße auf das Büchlein.

Es war das Evangelium. Ich öffne und lese: “Mein Gott, warum hast Du mich verlassen…” und auf den folgenden Seiten: “Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.” Alle Worte, die ich da las, berührten mich. Ich war bis ins Innerste erschüttert. Wie in einer Erleuchtung begriff ich, dass Gott mich liebt.

Einige Zeit später habe ich durch Vermittlung eines meiner Vettern eine Gebetsgruppe kennen gelernt. Heute, zehn Jahre nach dieser Heimkehr zu Gott kann ich Zeugnis ablegen von der unfassbaren Glückseligkeit, die ich täglich erfahre, und von all den inneren Befreiungen, die ich dadurch erleben durfte, dass ich einfach meinen Glauben lebe in dieser Kirche, die ich liebe.