Der bleibende Schatz im Himmel

Schmerzensmutter in der Kapelle Maria in Sonnenhalb in Appenzell. Am 15. Sept. feiern wir den Gedenktag Maria Schmerzen. Maria ist Trösterin in allen Leiden und Nöten, weil sie selber so viel gelitten hat.

Im Evangelium zum 28. So. im Jahreskreis hören wir von jenem jungen Mann, der zu Jesus kam und fragte: „Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ (Mk 10,17) Diese Frage drückt eine Sehnsucht aus, die im Herzen eines jeden Menschen da ist, auch wenn er diese Frage nicht bewusst stellt.

Jesus gibt darauf eine klare Antwort. Er zählt die Gebote auf, die uns dazu anleiten, jede Art von Sünde zu meiden. In den Geboten wird uns vor allem gesagt, was wir nicht tun sollen. Aber der junge Mann wollte wissen, was er jetzt aktiv tun soll, nachdem er sich bemüht hat, das Böse zu meiden. Weil Jesus ihn lieb hat, lädt er ihn ein, sein ganzes Vermögen den Armen zu geben und ihm nachfolgen, dann wird für ihn die Liebe Gottes und das ewige Leben der bleibende Schatz im Himmel sein. Aber angesichts dieser Einladung des Herrn wird offenbar, wie sehr er noch an seinen Reichtum gebunden war. Und weil er es nicht übers Herz brachte, sich davon zu lösen, ging er traurig weg.

Wer also den Schatz des ewigen Lebens empfangen will, muss seine Hände frei machen und seine Welt loslassen, die er krampfhaft festhält. Beim Sterben müssen wir alles Irdische zurücklassen, wir können nur das mitnehmen, was wir aus selbstloser Liebe zu Gott und den Menschen mit unserem irdischen Vermögen und unseren Fähigkeiten getan haben.
Die Nachfolge Christi bedeutet Liebe, selbstlose Hingabe und Opfer, und wer nicht zu dieser Liebe gelangt, dessen Leben bleibt unerfüllt und überschattet von einer tiefen Traurigkeit.
Louis Lallemants (1576-1635), ein großer Lehrer des geistlichen Lebens, hat diese Gedanken des Evangeliums sehr treffend zusammengefasst, da es auch uns oft so ergeht, wie dem reichen Jüngling:

„Wir verbringen oft ganze Jahre und leider oft das ganze Leben damit, mit Gott zu verhandeln, ob wir uns ihm völlig übergeben wollen. Wir können uns nicht entschließen, das Opfer ganz zu bringen. Wir behalten uns viele Dinge vor: viele Zuneigungen, viele Planungen, Wünsche, Ansprüche, von denen wir uns nicht loslösen wollen, um uns wirklich in die völlige Armut des Geistes zu versetzen, die es uns erst ermöglicht, ganz in den Besitz Gottes überzugehen. Das sind alles Ketten, die uns hindern, vollkommen, glücklich und zufrieden zu sein. In der Todesstunde werden wir diese Selbstüberlistung durchschauen und wir werden einsehen, mit welch läppischem und unnützem Zeug wir uns kindisch unterhalten haben. Man muss großmütig den Kampf aufgeben, mit dem wir uns den Anregungen der Gnade Gottes widersetzen. Sie drängt uns ja dazu, diese leeren Vergnügungen aufzugeben, die in Wirklichkeit unser Elend sind.“

Nicht aus eigener Kraft, sondern nur im Vertrauen auf den Herrn und in der Kraft seines Geistes können wir diesen Weg gehen. Der Herr hat ja verheißen, wenn wir etwas um seinetwillen zurücklassen, dann werden wir es hundertfach zurückbekommen, und noch dazu erlöst, befreit und gerettet sein.

Rosenkranz – Waffe für den Frieden

Das Stockholmer internationale Friedensforschungsinstitut SIPRI hat im Juni sein Jahrbuch für 2012 veröffentlicht, in dem die Anzahl Atomsprengköpfe, die weltweit existieren, aufgeführt sind. Im Bericht steht, dass 4400 Atomsprengköpfe ständig einsatzbereit sind, davon 2600 der NATO. Interessant ist, wer auf der Liste der Atomwaffenbesitzer steht und wer nicht: USA, Russland, Frankreich, Großbritannien, China, Indien, Pakistan und Israel. Was soll man zu diesem Wahnsinn noch sagen, der im Namen von „Frieden und Sicherheit“ betrieben wird. Der einzige Friede, den man mit solchen Waffen erreichen kann, ist die Ruhe eines Friedhofs. Maria hat in Fatima zum Rosenkranzgebet und zur Bekehrung der Herzen aufgerufen. Ihr Ruf gilt auch heute. Papst Pius XI. sagt: „Groß ist die Macht eines Heeres, das nicht das Schwert, sondern den Rosenkranz in den Händen hält.“ Der Rosenkranzmonat Oktober lädt uns ein, besonders für den Frieden zu beten

Brot vom Himmel hast du uns gegeben

In den Sonntagsevangelien im August hören wir Abschnitte aus der so genannten „Brotrede“, die Jesus in Kapharnaum gehalten hat. Jesus spricht davon, dass er das lebendige Brot vom Himmel ist. Und er gibt uns die Verheißung: „Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ Was Jesus hier angekündigt hat, das hat er in der heiligen Eucharistie verwirklicht.

Wir brauchen nicht nur leibliche, sondern auch geistige Nahrung. Die Seele kann nicht leben, wenn sie nicht durch die Gnade Gottes genährt wird. Wir brauchen Liebe, Wahrheit, den Sinn des Lebens, die Hoffnung … Das alles schenkt uns Jesus Christus durch das Sakrament seines Leibes und Blutes. Er selbst ist also die wahre Nahrung, damit wir nicht seelisch verkümmern.

Aber wie er bei der Brotvermehrung die Jünger beauftragte, das Brot an die anderen zu verteilen, so gibt uns der Herr den Auftrag, die Gnaden, die wir im Sakrament der Eucharistie empfangen, an unsere Mitmenschen weiterzuschenken. Was dies konkret bedeutet, das können uns die Heiligen am besten zeigen.

Die sel. Mutter Teresa von Kalkutta z.B. hat dies in außergewöhnlicher Weise verwirklicht. Sie hat erkannt, dass dieses „Brot der Liebe“ das Wichtigste ist, das die Menschen brauchen. Sie sagt: „In den vielen Jahren meiner Arbeit unter den Menschen ist mir immer klarer geworden, dass die schwerste Krankheit, die ein menschliches Wesen überhaupt erfahren kann, die ist, unerwünscht zu sein. Wir haben Arzneien für Lepra, und Aussätzige können geheilt werden. Für alle Arten von Krankheiten gibt es Arzneien und Heilmittel. Aber diese schreckliche Krankheit, unerwünscht zu sein, kann, glaub ich, nie geheilt werden, außer durch willige Hände, die dienen, und ein liebendes Herz, das liebt.“ Aus der Eucharistie empfing sie die Kraft zur Liebe: „Wir beginnen unseren Tag, indem wir versuchen Christus in der Gestalt des Brotes zu sehen. Und während des Tages fahren wir fort, ihm in den ausgemergelten Körpern unserer Armen zu begegnen und die Liebe Gottes weiterzuschenken.“ – „Wie groß ist die Liebe, die Jesus uns in der Eucharistie zeigt. Er wird selbst zum Brot des Lebens um unseren Hunger nach Liebe zu stillen. Und er wird selbst zum Hungrigen, damit wir seine Liebe zu uns stillen können.“

Der hl. Pfarrer von Ars sagt:
„Man spürt es, wenn eine Seele das Sakrament der Eucharistie würdig empfangen hat. Sie ist so in Liebe versunken, von ihr durchdrungen und verändert. Sie ist demütig, liebenswürdig und bescheiden; sie ist eine zu den größten Opfern fähige Seele.“

Die Christen als „Seele der Welt“

Christus spricht in seinem Abschiedesgebet im Abendmahlssaal davon, dass seine Jünger nicht „von der Welt“, sondern nur mehr „in der Welt“ sind. Er möchte uns aber nicht aus der Welt herausnehmen, sondern vor dem Bösen bewahren und uns zugleich in die Welt senden: „Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.“ Es ist eine ganz eigenartige Stellung, die wir als Christen in der Welt einnehmen sollen. Wie können wir das nun verstehen?

Wenn Jesus von der Welt spricht, so meint er damit nicht die Schöpfung, wie Gott sie geschaffen hat. Jesus meint mit der Welt vor allem die vom Menschen gemachte Welt, die aus dem Sündenfall entstanden ist. Er meint die menschliche Denk- und Lebenswelt, die sich ohne Gott und gegen Gott organisiert, in der Gott keinen Patz hat, ja, die Gott gegenüber sogar ganz feindlich gesinnt ist.
Hier sehen wir nun unsere Berufung als Jünger Christi. Wir leben zwar „in dieser Welt“, die sich von Gott abgewendet hat, aber wir leben nicht mehr „von der Welt“, wir sollen nicht mehr mitmachen mit ihrem gottfernen Treiben. Die Quelle unseres Denkens und Handelns ist Jesus Christus. Darum lassen sich jene, die Christus nachfolgen, nicht mehr davon bestimmen, was gerade Mode ist.

Sie suchen ihr Leben nach dem Willen Gottes auszurichten.
Daher ist auch verständlich, was Jesus weiter sagt: „Wenn ihr von der Welt stammen würdet, würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben. Aber weil ihr nicht von der Welt stammt, sondern weil ich euch aus der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt“ (Joh 15, 19).

Im Laufe der Kirchengeschichte hat es immer Christenverfolgungen gegeben. Das ist auch heute so. Wenn wir fragen, warum Christen eingesperrt, misshandelt, vertrieben und umgebracht werden, oder wie es bei uns geschieht, warum sie belächelt, verspottet und ausgeschlossen werden, so finden wir nicht etwa den Grund, dass sie irgendwelche menschliche Verbrechen begangen hätten oder nicht gute Staatsbürger gewesen wären. Natürlich hat es auch immer Verfehlungen von Seiten der Christen gegeben, die man verurteilen muss. Aber der Hauptgrund der Christenverfolgung liegt immer nur in der Tatsache, dass sie Christen sind. Der Hass gegen sie hat sich meist daran entzündet, dass sie den unsittlichen und sündhaften Lebenswandel ihrer Umgebung und Zeit nicht mitgemacht haben, das heißt, weil sie nicht von der Welt leben.

Auf der anderen Seite hat das gute Beispiel der Christen, die vom Geist Gottes beseelt waren, auch immer jene Menschen angezogen, die nach der Wahrheit gesucht haben. Ja die wahren Jünger Christi sind es, die in vielfacher Weise das alltägliche Leben durchtragen, weil sie zum selbstlosen Dienen bereit sind, weil sie sich opfern und hingeben zum Wohl ihrer Mitmenschen, weil sie in Treue durchhalten, auch wenn es schwer wird. Sie sind sozusagen die Seele, die die Welt noch innerlich zusammenhält, jene Welt, die ansonsten im Egoismus zerfallen würde. Dieser Gedanker ist schon in eine Brief aus dem 2. Jahrhundert beschrieben worden. Im Brief an Diognet heißt es:

„Um es kurz zu sagen, was im Leib die Seele ist, das sind in der Welt die Christen. Die Seele wohnt zwar im Leib; stammt aber nicht aus dem Leibe; so wohnen die Christen in der Welt, aber sie sind nicht von der Welt. Das Fleisch hasst und bekämpft die Seele, die ihm kein Leid antut, bloß weil die Seele das Fleisch hindert, seinen Lüsten nachzugehen; ebenso hasst die Welt die Christen, die ihr nichts zuleide tun, nur weil sie sich den weltlichen Vergnügungen widersetzen. Die Seele ist zwar vom Leib umschlossen, sie ist es aber, die den Leib zusammenhält. So werden auch die Christen von der Welt gleichsam in Gewahrsam gehalten, aber gerade sie sind es, die die Welt zusammenhalten. In eine solche Stellung hat Gott sie versetzt, und sie haben nicht das Recht, diese Stellung zu verlassen.“

Dieser Gedanke von den Christen als „Seele der Welt“ kann uns eine Hilfe sein, unsere Sendung und Aufgabe zu verstehen.

Auferstehung – alles wird gut sein

„Ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt 28,5f).

Das ist die frohe Botschaft, die der Engel den Frauen überbrachte, als sie zum Grab Jesu kamen. Diese Botschaft ist das Zentrum unseres Glaubens. Der heilige Paulus hat sehr tief empfunden, dass unser ganzes Christsein von der Auferstehung Christi abhängt. „Denn wenn Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist unser Glaube nutzlos und wir sind noch immer in unseren Sünden. … Und wenn wir unsere Hoffnung nur in dieser Welt auf Christus gesetzt haben, sind wir viel erbärmlicher dran als alle Menschen“ (1Kor 15,17ff).

Warum wäre unser Glaube nutzlos? Warum wären wir erbärmlicher dran? Weil wir als Christen wegen der Auferstehung natürlich auch glauben, dass Kreuz und Leiden einen tiefen Sinn für unser Leben haben. Wir glauben daran, dass in der Liebe, mit der unser Herr Leiden und Tod auf sich genommen hat, uns die Erlösung und das ewige Leben geschenkt ist.

Das Schwierigste für alle Menschen, gleich in welcher Religion sie sind, ist es, mit Leiden und Tod, mit Schuld und erlittener Ungerechtigkeit fertig zu werden, denn all dem können wir mit allen Erklärungsversuchen keinen wirklich befriedigenden Sinn abgewinnen. Es bleibt für uns eine schwere Belastung.

Die Auferstehung Christi sagt uns aber, dass diese Last, das Kreuz, das er aus Liebe auf sich genommen hat, einen tiefen Sinn hat, dass es der Weg zur Auferstehung, zum ewigen Leben, zur ewigen Glückseligkeit ist. Die Auferstehung Jesu Christi begründet in uns die unerschütterliche Hoffnung, dass alles gut sein wird. Wenn Christus nicht auferstanden wäre, dann wäre eine solche Hoffnung, ein solcher Glaube, noch sinnloser als der Tod.
Aber Christus ist auferstanden, und darum wird für jene die an ihn glauben, auf ihn hoffen und ihn lieben, alles gut werden.

Die hl. Juliana von Norwich, eine Mystikerin († um 1423) sagt sehr schön: „Durch die Gnade Gottes wurde ich inne, dass ich mich fest an den Glauben halten und nicht weniger fest sehen muss, dass alles, wie es auch sein mag, gut sein wird. … Und du wirst sehen, dass alles, alles gut sein wird.“
Auch wenn wir denn Sinn vieler schlimmen Dinge, die mit uns oder in der Welt geschehen, nicht begreifen können, die Auferstehung Christi sagt uns: Es wird alles gut werden, wenn wir ihm vertrauen.

Taufe des Herrn – Das ist mein geliebter Sohn

Taufe JesuAm Beginn seines öffentlichen Wirkens lässt sich Jesus von Johannes im Jordan taufen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich gefallen gefunden habe.“ Warum hat sein Vater im Himmel ein solches Wohlgefallen an seinem Sohn?

Als Gott uns Menschen geschaffen hat, hat er Adam und Eva auch die Gnade der Gottesfreundschaft geschenkt, d.h. sie sollten durch die Gnade auch sein wie Gott. Aber durch die Versuchung des Teufels haben sie sich in die falsche Richtung leiten lassen. Sie wollten nicht mehr wie liebende Kinder, sondern selber Gott sein durch eigenes Wissen und eigene Macht. Das aber war Ungehorsam und Hochmut. Und damit haben sie und wir alle die Gnade der Gottesfreundschaft verloren.

Jesus als der wahre „Menschen-Sohn“ Gottes beginnt sein öffentliches Erlösungswerk mit einem Akt der Demut, des Gehorsams und der Buße, indem er sich in die Reihe der Sünder stellt. Er selbst hatte keine Sünde, aber er wollte zu jenen gehören, die Buße für die Sünden tun. Noch viel mehr, er wollte auch die Strafe für die Sünden als Sühne auf sich nehmen. Durch seinen demütigen Gehorsam als wahrer Sohn des Vaters will er den Ungehorsam der Menschen wieder gut machen.

Und genau das gefällt dem himmlischen Vater und bei der Verklärung auf dem Berg fügt er noch hinzu: „Auf ihn sollt ihr hören“.

Durch Jesus, den Sohn Gottes, können wir wieder Kinder Gottes werden. Getauft sein bedeutet, dass wir alles von ihm empfangen und lernen, dass wir ihm nachfolgen. Dabei muss aber die Demut das Fundament sein für unser Leben als Kinder Gottes. Er sagt ausdrücklich: „Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen.“
Der heilige Augustinus meint zu dieser Stelle: „Jesus sagte nicht: Lernt von mir eine Welt zu bauen, die Toten aufzuwecken und noch größere Wunderwerke zu tun als es sie in der Welt schon gibt, sondern lernt von mir, denn ich bin sanft und demütig von Herzen. Es ist weit besser, in aller Demut und Furcht Gott zu dienen, als Wunder zu wirken.“

Die Demut besteht in der Liebe zur Wahrheit und in der wahren Selbsteinschätzung vor Gott und den Mitmenschen.

„In Demut schätze der eine den anderen höher ein als sich selbst.“ Wenn diese Grundlage fehlt, wird unser christliches Leben ganz unchristlich.
Im Lateinischen heißt das Wort Demut „humilitas“. Da steckt das Wort „humus“ drinnen, das heißt Boden. Wir sollen also auf den Boden gelangen, auf den Boden der Wirklichkeit, dass wir nur Geschöpfe und nicht Gott sind, aber dass wir durch Jesus auch die geliebten Kinder unseres himmlischen Vaters sind.

Christkönig – Der Menschensohn wird kommen, um zu richten

Am Christkönigssonntag hören wir das Evangelium vom Gericht, das Jesus Christus als der Menschensohn am Ende der Zeit halten wird. Er wird die Menschen scheiden wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.

Warum kommen die Menschen auf der rechte Seite in den Himmel und warum werden die anderen auf der linken Seite verdammt? Was ist das Kriterium, nach dem sie beurteilt werden?

Jesus sagt es ganz eindeutig: „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben …“

Der Maßstab heißt für alle: Wer Jesus in einer Notlage geholfen hat, der kann vor seinem Gericht bestehen.

Alle sind über diesen Maßstab verwundert und fragen Jesus, wo er ihnen als Notleidender begegnet ist und wo sie ihm geholfen oder die Hilfe verweigert haben. Er sagt: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Er identifiziert sich ganz mit allen Hilfsbedürftigen und Schwachen.

Die Menschen, die Jesus auf die rechte Seite stellt, sind mit offenen Augen und mit einem erbarmenden Herzen durchs Leben gegangen, sie haben die Not gesehen und den anderen geholfen, einfach weil sie Menschen in Not waren. Was jene auf der rechten Seite auszeichnet, ist das mitfühlende Herz, die tätige Liebe und Barmherzigkeit.

Sie haben nicht gefragt: Wer ist das? Was bekomme ich dafür? Sie sind nicht auf sich selbst und auf ihren Vorteil fixiert. Sie sehen, was dem anderen nottut, und setzen sich für ihn ein.

Den Menschen auf der linken Seite fehlt das alles, sie sind ohne echtes Mitleid mit den Schwachen und Wehrlosen, die Not der anderen sehen sie nicht und kümmern sich auch nicht um sie. Sie leben nur für sich selbst und ihre Ideen.

Wir brauchen nur einzelne Verhaltensweisen in unserem Leben zu betrachten, um zu sehen, was herauskommt, wenn die Liebe fehlt: Pflichterfüllung ohne Liebe macht verdrießlich; Verantwortung tragen ohne Liebe macht rücksichtslos; Besitz haben ohne Liebe macht geizig, neidisch und habsüchtig; Gerechtigkeit üben ohne Liebe macht hartherzig; freundlich sein ohne Liebe macht heuchlerisch; klug sein ohne Liebe macht grausam; Erziehung ohne Liebe macht hart und erbarmungslos.

Was wird Jesus im Gericht über unser Generation sagen, in der die Liebe immer mehr erkaltet? Und doch gibt es auch in unserer Zeit großartige Zeugen der Liebe, die das Herz am „rechten“ Fleck haben und die Werke der Barmherzigkeit üben.

Gott geben, was Gott gehört

„Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen?“ Diese Frage hören wir im Evangelium vom 29. Sonntag im Jahreskreis (Mt 22,15-21). Jesus hat auf diese Fangfrage seiner Gegner anhand der Steuermünze die treffende Antwort gegeben: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört.“ Jesus wollte mit diesem Wort uns etwas Grundsätzliches einprägen.

Einerseits betont er, dass wir die staatliche Ordnung anerkennen sollen, denn sie ist von Gott gegeben. Jesus hat das auch bestätigt als er vor Pilatus stand: „Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre.“ Weil Gott also hinter dieser Ordnung steht, weil also die staatliche Macht „von Gottes Gnaden“ ist, darum bemüht sich der Christ, seine Pflichten gegenüber dem Staat gut zu erfüllen. Wenn aber die Regierenden ihre Macht missbrauchen, sich über Gott und seine Gebote hinwegsetzen, den Staat zum Götzen machen, dem alles geopfert werden muss, dann waren die Christen von Anfang an auch jene, die gegen diesen Missbrauch der Macht Widerstand geleistet haben und bis zum Martyrium für die Wahrheit und die Rechte des Glaubens Zeugnis gegeben haben; wie z.B. Provikar Carl Lampert.

Als Zweites sagt Jesus, wir sollen Gott geben, was Gott gehört. In diesem Fall wird die Münze zum Gleichnis für den Menschen. Die Münze trägt das Bild des Kaisers, der Mensch aber trägt ebenso ein Bild in sich, nämlich das Bild Gottes. Gott hat ihn ja nach seinem Ebenbild erschaffen. Darum ist der Mensch auch Eigentum Gottes. Er gehört nicht sich selbst. Und seine größte Berufung ist es, diese Wahrheit zu erkennen und sich selbst aus freiem Willen als Eigentum Gottes zurückzugeben, erst dann wird er wirklich frei und lässt sich nicht mehr zum Sklaven aller möglichen Kräfte und Mächte machen.

Aber wenn wir auf die heutige Situation blicken: Wem gehört der moderne Mensch? Ein Priester hat in einer Predigt einmal eine Antwort geben, die auf viele Menschen heute zutrifft:

„Meine Arbeitskraft gehört dem Betrieb, meine Freizeit gehört dem Sport; der Sonntagmorgen gehört meinem Tennis‑Club. Mein Haus gehört der Bank, meine Abende gehören dem Fernsehen, der Partei gehört meine Stimme. Du siehst, lieber Gott: Es bleibt nicht viel übrig für Dich! Ich habe keinen Kaiser mehr und keinen Gott. Also gehört alles mir. Nur: Was habe ich eigentlich davon?“

Die eigentliche christliche Berufung und Aufgabe des Menschen ist es, sich freien Herzens Gott hinzugeben, Gott zu geben, was ihm gebührt: im Tun seines Willens, in der Nachfolge Chisti. Ein anderes Wort für diese Hingabe ist ja das Wort Opfer. „Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst.“

Leben in der Nachfolge Christi

Im Evangelium vom 22. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr A kündigt Jesus seinen Jüngern sein Leiden, sein Kreuz und auch seine Auferstehung an. Aber die Jünger verstehen in nicht. Petrus nimmt Jesus sogar beiseite und machte ihm Vorwürfe: „Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“ Jesus aber wendet sich um und sagt zu Petrus: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ Und er schärft den Jüngern noch einmal deutlich die Bedingungen für Zugehörigkeit zu ihm ein: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“

Der Sinn vom Kreuz und Leiden unseres Herrn – und damit auch der Sinn des Kreuzes in unserem Leben – war nicht nur damals schwer verständlich. Es ist auch heute so, wie der hl. Paulus sagt: Die einen halten dieses „Kreuztragen aus Liebe zu Gott“ für eine Dummheit, die anderen für ein Ärgernis, an dem sie Anstoß nehmen.

An zwei Beispielen können wir sehen, was gemeint ist mit jener Kreuzesnachfolge, an der die Welt Anstoß nimmt.

Es geschah in einer Familie: Als die Kinder groß und außer Haus waren, begann der Vater zu trinken. Es gab schlimme Szenen. Seine Frau hatte vieles zu ertragen. Ihre Bekannten haben zu ihr gesagt: Sie solle doch nicht so dumm sein und sich alles gefallen lassen. Sie soll sich doch scheiden lassen. Aber sie sagte: „Was ich damals vor Gott versprochen habe, das kann ich nicht ändern. Ich bin verantwortlich für sein ewiges Heil.“ Und sie hat ihr Kreuz tapfer weiter getragen.

Oder ein anderer Fall: Ein 60-jähriger Mann berichtet in einem Glaubenszeugnis:

Als er mit 30 Jahren mit seiner Braut am Altar stand, da war es ihm bewusst: Dieses Jawort vor Gott gilt fürs ganze Leben. Nach einigen Jahren Ehe ließ sich seine Frau von ihm scheiden und zog mit einem andern davon. Für ihn war klar, dass er nicht mehr heiraten würde. Er sagte über diese Zeit: „Gott weiß um mein seelisches Leid, und ich muss zugeben, dass die Einsamkeit wirklich schrecklich war und oft noch ist. Aber das alles führte mich näher zu Gott.“ Schmerzlich war für ihn: Viele seiner Bekannten und Freunde verstanden nicht, dass er nicht noch einmal heiratete. Er bekam zu spüren, dass sie ihn als abnormal einstuften. Aber er sagt: „Ich kenne die Einsamkeit der Geschiedenen, aber ich habe deswegen Gottes Gebot der Unauflöslichkeit der Ehe niemals als unmenschliche Härte empfunden. Ich wollte vielmehr bereit sein, diesen Weg, den Gott mir in seiner unverständlichen Weisheit und Liebe gezeigt hat, auch zu gehen.“

Das sind zwei Beispiele wahrer Kreuzesnachfolge, und es ist interessant, dass die Reaktion der Menschen auf das Kreuztragen genauso war wie im Evangelium. Das heißt: Wenn es darum geht, aus Liebe zu Gott und aus Treue zu seinen Geboten ein Leiden auf sich zu nehmen, dann wird die Welt immer ihre Stimme erheben und sagen: „Das kann man dir doch nicht zumuten. Das kann niemand von dir verlangen. Das brauchst du dir doch nicht gefallen zu lassen. Sei doch nicht so dumm und engstirnig. Du musst dich zur Wehr setzen und dich selbst verwirklichen, sonst hast du nichts vom Leben.“

Die Stimme des Herrn aber sagt zu uns: „Verleugne dich selbst, verlass das ängstliche und krampfhafte Sorgen um dich und deinen eigenen Vorteil, nimm dein Kreuz auf dich, denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. Ich bin dir diesen Weg vorausgegangen, denn dieser Weg führt zur Auferstehung und zum wahren Leben.“ Zwischen diesen beiden Stimmen müssen wir uns entscheiden.

Jene Menschen aber, die in der Nachfolge Christ ihr Kreuz tragen, sind die eigentlich tragenden Säulen, sei es in der Familie, in der Kirche oder in der Gesellschaft. Sie stützen und halten noch zusammen, was durch den Egoismus schon lange zerbrechen würde. Im Büchlein der Nachfolge Christi heißt es: „Es gibt keinen anderen Weg zum Leben und zum wahren inneren Frieden als den Weg des heiligen Kreuzes.“

Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt

Vor seiner Himmelfahrt hat Jesus uns seine bleibende Gegenwart verheißen. Er ist zwar zum Vater gegangen, aber gerade deshalb ist er in einer ganz neuen Weise bei uns. Wir werden zwar in manchen Situationen den Eindruck haben, als wären wir von Gott verlassen. Aber im Glauben können wir erkennen, wie der Herr uns immer wieder zu Hilfe kommt.

Unser Heiliger Vater hat in seinem neuen Buch „Jesus von Nazareth“ eine Begebenheit aus dem Leben Jesu, durch die Jesus uns seine  Sorge für seine Jünger gezeigt hat, treffend ausgelegt:

Es gibt eine wunderbare kleine Geschichte im Evangelium (Mk 6,45-52 Par.), wo Jesus während seines irdischen Lebens diese Art von Nähe vorwegnimmt und sie uns so leichter verständlich werden lässt.

Nach der Brotvermehrung veranlasst der Herr die Jünger, ins Boot zu steigen und zum anderen Ufer nach Betsaida vorauszufahren, während er selbst das Volk entlässt. Er zieht sich dann „auf den Berg“ zurück, um zu beten. So sind die Jünger allein im Boot. Es ist Gegenwind, der See ist aufgewühlt. Sie sind bedroht von der Macht der Wogen und des Sturms. Der Herr scheint weit weg zu sein im Gebet auf seinem Berg. Aber weil er beim Vater ist, sieht er sie. Und weil er sie sieht, kommt er über den See zu ihnen, setzt sich mit ihnen ins Boot und ermöglicht ihnen die Fahrt zum Ziel. Dies ist ein Bild für die Zeit der Kirche – gerade auch uns zugedacht. Der Herr ist „auf dem Berg“ des Vaters. Deshalb sieht er uns. Darum kann er jederzeit in das Boot unseres Lebens einsteigen. Deswegen können wir ihn immer rufen und immer gewiss sein, dass er uns sieht und hört. Das Boot der Kirche fährt auch heute im Gegenwind der Geschichte durch den aufgewühlten Ozean der Zeit. Oft sieht es aus, als ob es untergehen müsse. Aber der Herr ist da und kommt zur rechten Zeit. „Ich gehe und ich komme zu euch“ – das ist das Vertrauen der Christenheit, der Grund unserer Freude.