Ich habe alles, was ich brauche, um mich zu freuen

In einem Urteil aus dem Jahr 2006 hat der Oberste Gerichtshof in Österreich ein behindertes Kind zum „Schadensfall” erklärt, nachdem eine Frau, die ein behindertes Kind bekam, den Arzt auf Schadenersatz verklagte, weil er sie auf die Anzeichen einer Behinderung des Kindes nicht aufmerksam gemacht hatte, so dass sie es rechtzeitig abreiben hätte können.

Dieses Urteil offenbart einmal mehr, wie weit sich unsere Gesellschaft schon vom christlich menschlichen Denken entfernt hat. Der eigentliche Bedeutung des Menschen, dass er ein Geschenk Gottes ist, auch ein Behinderter, wird nicht mehr gesehen.

Es ist nicht einfach zu begreifen, warum es Gott zuläßt, dass Menschen ihr ganzes Leben lang mit schwersten Behinderungen Leben müssen. Doch ihr Dasein ist für uns eine Aufforderung zur Liebe, zu tätiger Nächstenliebe. Die Liebe zu üben, das ist ja die höchste Bestimmung des Menschen. Aber auch die Behinderten selbst gelangen zur Erfüllung ihres Lebens, wenn sie sich geliebt wissen und das Gute tun können nach ihren Möglichkeiten.

Das Zeugnis eines Behinderten kann uns das zeigen:

Robert Reed stammte aus Amerika und hat in den 70-ger Jahren Großartiges geleistete. Robert Reed war durch eine Hirnlähmung schwer behindert. Seine Hände waren verwachsen und auch seine Füße konnte er nicht gebrauchen. Er konnte nicht allein essen. Er redete schleppend und leiernd. Seine Krankheit konnte ihn jedoch nicht daran hindern, einen Universitätsabschluss in Latein zu machen. und dann an einem College zu unterrichten oder das Wagnis von fünf Missionsreisen nach Übersee einzugehen. 1972 zog er allein nach Lissabon. Dort mietete er sich ein Hotelzimmer und fing an, portugiesisch zu lernen. Er fand einen Restaurantbesitzer, der bereit war, ihn nach der Hauptgeschäftszeit durchzufüttern, und einen Lehrer, der ihm Portugiesisch beibrachte.

Er postierte sich jeden Tag in einem Park, wo er Schriften über Jesus verteilte. Innerhalb von sechs Jahren führte er siebzig Menschen zum Glauben an Jesus Christus, von denen eine, Rosa, seine Frau wurde. Er gab viele Vorträge über den Glauben und legt Zeugnis ab für die Liebe Gottes. Robert hätte Sympathie oder Mitleid beanspruchen können, aber er tat genau das Gegenteil. Er hob oft bei Vorträgen seine verkrüppelte Hand ganz hoch und prahlte: “Ich habe alles, was ich brauche, um mich zu freuen!”

Selber zur Sonntagsmesse fahren könne

Ein Bericht aus Burkina Faso:

Ein junger Mann, der bei einer Hilfsorganisation tätig ist, hat von seiner Reise nach Afrika berichte, wo er verschieden Hilfsprojekte zu prüfen hatte. In Burkina Faso, einem der ärmsten Länder in Westafrika, ist er in einem Dorf einer Frau begegnet, die nicht gehen konnte, ihre Beine waren wegen Kinderlähmung verkrüppelt. Sie wurde von ihrer Schwester versorgt. Sie konnte nur vor dem Haus sitzen und etwas Handarbeit machen. Dort gibt es keine sozialen Absicherungen.

In dieser Diözese hatte man für Behinderte ein Hilfsprojekt gestartet. Eine Gruppe von Jungen Leuten stellte Rollstühle her, aus zwei alten Fahrrädern bauten sie einen Rollstuhl zusammen, so daß die Behinderten auf den Markt fahren konnten, um sich dort durch Verkaufen etwas für ihren Lebenunterhalt zu bekommen. Ein solcher Rollstuhl kostet 120 Euro. 70 Euro bezahlt die Caritas der Diözese, die restlichen 50.- Euro mußten die Behinderten bzw. die Familie selber aufbringen. Da es für die Frau, die über 40 Jahr schon mit dieser Lähmung lebte, nicht möglich war, das Geld aufzubringen, hat der junge Mann ihr auf anderen Wegen dieses Geld beschafft, so daß sie sich einen Rollstuhl kaufen konnte.

Als er sie dann fragte, was das für sie bedeute, daß sie jetzt diesen Rollstuhl habe, sagt sie, am meisten freut sie sich darüber, daß sie nun selber zur Sonntagsmesse fahren könne.

Gott hat einen Grund, warum er mir den Sehsinn nicht geschenkt hat

Aus einem Aufsatz eine 15-jahrigen blinden Mädchens aus Osttirol:

„Wir fragen uns oft, warum Gott es zulässt, dass es soviel Leid auf dieser Welt gibt. Gott ist sicher nicht Schuld daran. Er hat uns die Erde geschenkt und will, dass wir darauf in Frieden leben. Wir machen uns durch unseren Egoismus und unsere Herrschsucht selber das Leid. …

Für mich ist meine Blindheit kein Leid in diesem Sinn. Ich glaube daran, dass Gott einen Grund hat, warum er mir den Sinn des Sehens nicht geschenkt hat. Vielleicht wollte er mir zeigen, dass man nicht mit den Augen sondern mit dem Herzen gut sieht.

Ich frage mich zwar manchmal, warum gerade ich blind bin, aber dann denke ich mir, dass vor Gott alle gleich sind, egal ob sie weiß oder schwarz, arm oder reich sind. Das Äußere eines Menschen ist gar nicht wichtig.

Ich hätte ohne meine Blindheit viele Menschen, die mir helfen Mensch zu werden, sicher nicht kennengelernt. Unsere Erzieherin z. B.: ich spreche mit ihr oft über andere Länder. Durch sie finde ich oft den Trost in Gott. So gesehen ist die Blindheit ein Geschenk von Gott. Ich kann zwar durch meine Blindheit einiges nicht selbstständig erledigen, doch gibt es zum Glück andere Menschen, die mir helfen können. Auch ein Sehnder braucht oft Hilfe. Ein Mensch kann nicht ganz alleine existieren. Ich danke oft Gott, dass mich meine Eltern christlich erzogen haben. Ohne Gott wäre ich sicher unglücklich und könnte mein Leid nicht so leicht ertragen. Da ich weiß, dass ich auf Gott immer vertrauen kann, dass er mich nie in Stich lässt, und dass er mich immer als sein Kind liebt, finde ich immer einen Sinn in meinem Leben, auch wenn ich mir manchmal nicht ganz im klaren bin, was Gott von mir verlangt.