Ein altes persisches Märchen erzählt von einem König, der in seinem Reich einen Nachfolger für seinen Thron suchte. Er rief alle jungen Männer zusammen, um durch einen Test herauszufinden, wer dazu geeignet sei.
Der König zeigte den Männern ein riesiges, eisernes, mit einem massiven Schloss versehenes Tor, das in seinen Palast führt. Er sagt: “Wer dieses Tor öffnen kann, der soll mein Nachfolger sein.” Viele sahen das massive Tor, schüttelten den Kopf und gingen gleich weg. Andere schauten sich das Tor noch näher an: das Schloss und die Angeln; aber weil es ihnen unmöglich erschien, hier mit eigener Kraft etwas zu bewegen, gingen sie unverrichteter Dinge weg, ohne auch nur einen Versuch gemacht zu haben. Es blieb nur noch einer übrig. Er sah sich auch alles genau an. Doch dann ging er auf eine innere Eingebung hin auf das Tor zu und zog mit aller Kraft daran – und siehe da, es öffnete sich! Wie hatte er es geschafft? – Ganz einfach: Dass Tor war gar nicht verschlossen, sondern nur angelehnt.
Diese Geschichte ist ein Spiegel für unser Verhalten. Wir stellen uns oft eine gute Sache, die zu tun wäre, viel schwerer vor, als sie in Wirklichkeit ist. Und deshalb machen wir schon gar nicht den Versuch, sie in Angriff zu nehmen. Das gilt vor allem, wenn es um den Glauben und die Gebote Gottes geht. Vielen, die zwar noch getauft sind, erscheint es zu schwer, den Glauben zu praktizieren und sich an die Gebote Gottes zu halten. Sie machen nicht einmal einen Versuch, die Tür zu öffnen, d.h. einen Zugang zu finden. Aber auch gläubige Menschen verhalten sich so. Es erscheint ihnen zu schwer, mehr zu tun für das Reich Gottes, wie z.B. täglich den Rosenkranz zu beten und zur hl. Messe zu gehen. Der Apostel Johannes sagt: “Seine Gebote sind nicht schwer” (1.Joh 5,3). Für jene also, die entschlossen an der Tür ziehen, die ja Christus ist, öffnet sich das Reich der Gnade.