10. Tag

Die Gnadenmacht Marias

Maria hat von Gott große Macht über die Seelen der Auserwählten empfangen. Sie könnte nicht in ihnen Wohnung nehmen, wie Gott Vater es ihr aufgetragen hat; sie könnte sie nicht als Mutter bilden, ernähren und zum ewigen Leben gebären; sie könnte sie nicht als ihr Anteil und Erbe besitzen; nicht Jesus Christus in ihnen und sie in Jesus Christus bilden; sie könnte nicht in ihren Herzen die Wurzeln ihrer Tugenden einpflanzen und die unzertrennliche Gefährtin des Heiligen Geistes bei all diesen Gnadentaten sein. Sie könnte all das nicht, möchte ich sagen, wenn sie nicht durch eine einmalige Gnade Gottes Recht und Macht über die Seelen der Auserwählen hätte. Gott hat ihr Macht über seinen eigenen Sohn verliehen und zugleich auch über seine angenommenen Kinder. Sie hat nicht nur Macht über ihren Leib, was wenig bedeuten würde, sondern auch über ihre Seele.

Aus Gnade ist Maria Königin des Himmels und der Erde, so wie Jesus König ist von Natur aus und durch seine Erlösungstat. Und wie das Reich Jesu Christi hauptsächlich in den Herzen, im Inneren der Menschen ist, wie geschrieben steht: Das Reich Gottes ist in euch, so ist auch das Reich Marias hauptsächlich im inneren des Menschen, in seiner Seele. Zusammen mit ihrem Sohn wird Maria in den Seelen mehr verherrlicht als in allen sichtbaren Geschöpfen, so daß wir sie mit den Heiligen Königin der Herzen nennen können (WMV 37-38).

Notwendigkeit der Marienverehrung

Aus der Tatsache, daß Maria notwendig ist für Gott – eine Notwendigkeit, die man hypothetisch nennen könnte, weil sie aus dem Willen Gottes hervorgeht -, müssen wir schließen, daß Maria für die Menschen erst recht notwendig ist, damit sie ihr letztes Ziel erreichen. Wir dürfen deshalb die Marienverehrung nicht mit der Verehrung der übrigen Heiligen auf eine Stufe stellen, als sei sie nicht notwendiger als diese oder nur etwas Übergebührliches.

Viele Kirchenlehrer und Heilige haben auch bewiesen, daß es ein sicheres Zeichen der Vorherbestimmung ist, wenn man Maria ganz ergeben ist, wie es andererseits ein untrügliches Zeichen der Verwerfung ist, wenn man keine Achtung und Liebe für Maria empfindet.

Wenn die Marienverehrung für alle Menschen schon deshalb notwendig ist, daß sie ihr Heil finden, dann ist sie es erst recht für diejenigen, die zu besonderer Vollkommenheit berufen sind. Es ist meine persönliche Überzeugung, daß niemand eine innige Vereinigung mit Jesus Christus und eine vollkommene Treue zum Heiligen Geist erlangen kann ohne tiefe Verbundenheit mit Maria und ohne große Abhängigkeit von ihrer Hilfe (vgl. WMV 39 – 43).

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