Der weinende Engel

engel02Der russische Dichter Fjordor Dostojewski hat in einer eindrucksvollen Geschichte die Wahrheit veranschaulicht, dass die Liebe zu Gott und den Menschen – auch wenn sie nur ein kleiner Funke ist – uns retten kann für das ewige Leben. Auf der anderen Seite besteht die Hölle darin, dass der Mensch sich im Egoismus verschließt und die andern mit Füßen tritt.

»Es war einmal eine Frau, die war böse, sehr böse und starb. Sie hinterließ nicht eine einzige Spur einer guten Tat. Sie wurde von den Teufeln ergriffen und in den Feuersee geworfen. Aber ihr Schutzengel stand da und dachte darüber nach: Könnte ich mich nur dessen erinnern, dass sie irgend etwas Gutes getan hat, so dass ich es Gott sagen könnte. Es fiel ihm etwas ein, und er sprach zu Gott: “Sie hat in ihrem Gemüsegarten eine kleine Zwiebelpflanze ausgerissen und sie einer Bettlerin geschenkt.” Und Gott antwortete ihm: “Nimm diese kleine Zwiebelpflanze und reiche sie ihr zum See hinab, die mag sie anpacken und sich daran herausziehen. Und wenn du sie aus dem See herauszuziehen vermagst, so mag sie ins Paradies eingehen. Wenn aber das Zwiebelkraut abreißt, so soll die Frau bleiben, wo sie sich jetzt befindet.” – Der Engel lief zu der Frau, reichte ihr die kleine Zwiebelpflanze hin und sagte: “Da, Frau, fass an und zieh dich daran heraus.” Und er fing an, sie vorsichtig an sich heranzuziehen. Und beinahe hätte er sie herausgezogen. Aber als die übrigen Sünder in dem See sahen, dass man jene herauszog, da hängten sich alle an sie, damit sie zugleich mit ihr herausgezogen würden. Die Frau aber wurde böse und begann mit den Füßen nach ihnen zu treten. “Ich soll herausgezogen werden und nicht ihr, es ist mein Zwiebelchen und nicht eures.” So wie sie das ausgesprochen hatte, riss das Zwiebelkraut ab. Die Frau fiel in den See zurück, und da brennt sie bis auf den heutigen Tag. Der Engel aber fing an zu weinen und ging fort. «

 

Maria hat ihn letztlich nicht mehr losgelassen

Père ViotIn der Zeit vom 18. bis 25. Jänner begeht die Kirche immer die Gebetswoche um die Einheit der Christen. Jesus Christus hat die eine, heilige, katholische und apostolisch Kirche gegründet. Doch im Laufe der Geschichte hat es verschiedenste Abspaltungen von dieser einen Kirche gegeben. Das gemeinsame Merkmal aller Abspaltungen ist: Sie lassen etwas von der Fülle des katholischen Glaubens weg, sie reduzieren den Glauben; z.B. sie glauben nicht an die Sakramente, die Christus eingesetzt hat; sie glauben nicht an die Vorzüge, die Gott Maria gegeben hat, sie glauben nicht, dass Christus die Kirche auf das Fundament des Petrusamtes gebaut hat und es gibt noch andere katholische Glaubenswahrheiten, die sie ablehnen.

Aber im Laufe der Geschichte hat es auch immer wieder Menschen gegeben, die auf ihrer Suche nach Wahrheit die Fülle der Wahrheit im katholischen Glauben und in der katholischen Kirche entdeckt haben.

Einer der bedeutenden Konvertiten der letzten Zeit, der den Weg zur katholischen Kirche gefunden hat und Priester geworden ist, ist der aus Frankreich stammende, ehemals lutherische Bischof und Freimaurer Michel Viot.

In einem Interviewbuch, das zum 10 Jahrestag seiner Konversion herauskam, schildert er seinen Weg in die katholische Kirche.

Die Eltern ließen den 1944 geborenen Michel, wie auch die beiden Schwestern, katholisch taufen, obwohl der Vater ein militanter Freimaurer war. Im Alter von zehn Jahren besuchte er die Sonntagsschule, durch die seine Liebe zur Heiligen Schrift geweckt wurde, durch einen Besuch in Lourdes auch eine besondere Verehrung der Gottesmutter Maria, “die mich letztlich nie mehr wirklich loslassen sollte”, so Viot.  Als Jugendlicher lernte er während eines Urlaubs im Elsaß einen Lutheraner kennen, der ihn sehr beeindruckte. Im berühmt-berüchtigten französischen Mai des Unruhejahres 1968 wurde er im Alter von 24 Jahren zum lutherischen Pastor ordiniert und sechs Monate später in eine Freimaurerloge aufgenommen. “Meine Logeninititation hätte schon früher stattfinden können. Das ging familiär vorbereitet ganz glatt. Ich wollte aber zuerst Pastor werden und dann Freimaurer, weil mir zumindest klar war, dass Christus zuerst kommen sollte”, erzählt Viot. Die Freimaurerei zog ihn an, weil bereits sein Vater und die Freunde seines Vaters, die er schätzte, Freimaurer waren. Ihm gefiel das “Gerede von Offenheit, Kultur und Brüderlichkeit”.

Im August 1997 bekam er die Gelegenheit, als lutherischer Bischof von Paris Papst Johannes Paul II. vorgestellt zu werden. “Der Papst umarmte mich so fest, das werde ich nie vergessen. Und er flüsterte mir ins Ohr, daß er ungeduldig auf eine gemeinsame Erklärung zur Rechtsfertigungslehre hoffte”, so Viot.

Viele Lutheraner kritisierten jedoch schon kurz darauf, dass Johannes Paul II. zum Heiligen Jahr 2000 einen Ablass gewährte, also das, was Luther so sehr bekämpft hatte. Viot fühlte sich gedrängt, die Frage zu vertiefen. In einer Studie stellte er fest, dass die “moderne” Form des Ablasses, wie er vom Konzil von Trient und zuletzt von Paul VI. definiert wurde, nichts mit den Missbräuchen zu tun hatte, die Luther 1517 so empörten. Diese Entdeckung und die lutherische Kritik führten ihn zum Schluss, dass die Einheit der Christen nur in der Einheit mit dem Nachfolger des Petrus möglich sein könne. Viot wurde sich bewusst, dass er nicht außerhalb dieser Einheit sterben wollte, vor allem, da bestimmte lutherische Strömungen sich immer offener vom gemeinsamen christlichen Erbe entfernten.

Noch im Heiligen Jahr 2000 äußerte Viot den doppelten Wunsch, katholisch zu werden und zum katholischen Priester geweiht zu werden.

Nachdem er sich auch von den Freimaurern gelöst hatte, wurde der bisherige Bischof 2001 als einfacher Laie in die katholische Kirche aufgenommen. Etwas mehr als ein Jahr später erfolgte seine Priesterweihe. Seither ist er Kaplan, Pfarrer Gefängnisseelsorger; und seither verfasste er bereits mehrere Bücher zur Verteidigung der katholischen Kirche und der katholischen Glaubenslehre.
Die Lutheraner “müssen entdecken, dass die marianischen und ekklesiologischen Dogmen keineswegs die heilsnotwendige Rolle Christi als einzigem und universellem Mittler verdunkelt, ganz im Gegenteil wird sie in ihnen erst vollkommen sichtbar.”

 

Die Einheit ist eine Frucht des Kleinseins

angela-v-voligno2Die hl. Angela von Foligno (1248 – 1309), die nach ihrer Bekehrung von ihrem weltlichen und oberflächlichen Leben zu einer großen Mystikerin des Kreuzes Christi geworden ist, sah vor allem im Kindlich-, Einfach-, und Kleinsein, mit einem Wort, in der Demut, die wichtigste Haltung für unser christliche Zusammenleben.  Kurz vor ihrem Tod schrieb sie ihren geistigen Kindern die folgenden wunderbaren Worte als ein geistliches Testament :

“Ich wünsche von euch, dass ihr immer einmütig seid und kein Streit unter euch herrscht. Ich wünsche euren Seelen das, was alle versöhnt und vereint: nämlich ganz klein zu sein. Denn wenn man ganz klein ist, achtet man weder auf seine Bildung noch auf seine natürliche Begabung, sondern man schaut auf seine eigenen Fehler und Mängel und ist bemüht, sich zu bessern. Wer ganz klein ist, wirkt für niemanden bedrohlich, er fällt niemandem zur Last und spricht nicht überheblich, auch wenn sein Beispiel jene provoziert, die nicht klein sein wollen. Dies ist es, was ich euch wünsche, meine Vertrauten, dass euer demütiges Leben – selbst ohne Worte – Harmonie und Einheit hervorbringt. Wie sehr wäre ich getröstet, wenn ich von euch vernähme, dass ihr durch das Kleinsein ein Herz und eine Seele seid und dadurch Gott in Wahrheit gefallt. ”

 

Hl. Angela von Foligno – “Nimm ihn, du in meinen Sohn Verliebte!”

Darstellung-des-herrn-05Papst Franziskus hat am 11. Okt. 2013 die sel. Angela von Foligno (1248 – 1309) heiliggesprochen und sie damit der ganzen Kirche als Vorbild geschenkt. Sie wird wegen ihrer tiefen geistigen und mystischen Erkenntnisse auch “Lehrmeisterin der Theologie” genannt. So lehrt sie uns zum Beispiel, dass wir die wahre Größe Christi erst erkennen, wenn wir eine innige Liebe zu Jesus als Kind haben.

An Maria Lichtmess bei der hl. Messe hatte die hl. Angela einmal Folgendes erfahren.

“Als die Kerzen ausgeteilt wurden, hörte ich die Worte: ‘Jetzt ist die Stunde, in der die Gottesmutter mit ihrem Kind in den Tempel kommt.’ Ich vernahm das mit solcher Freude, dass ich es nicht beschreiben kann. … ich schaute die Gottesmutter, wie sie gerade in den Tempel hereinkam. .. Dann reichte sie mir ihr Kind und sagte dabei: ‘Nimm Ihn, du in meinen Sohn Verliebte!’ Sie streckte die Arme aus und legte ihr Kind in meine Hände. … Ich beugte mich zum Kind, bis ich Wange an Wange mit Ihm war. Da wurde ich wie von einem Feuer durchdrungen, und eine unbeschreibliche Seligkeit ging von diesem Kind und Seinen Augen aus. … Auf einmal offenbarte sich mir die unermessliche Majestät dieses Kindes, das zu mir sagte: ‘Wer Mich nicht klein gesehen hat, kann Mich auch nicht groß sehen. Ich bin gekommen, um Mich dir zu schenken, schenke auch du dich mir!’ …
Da schaute und erkannte meine Seele, dass Gott meine Ganzhingabe mit großer Freude annahm.

 

Mitwirken im Heilsplan Gottes

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Ein Engel des Herrn erschien Josef im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Mt 1,20

Am 4. Adventsonntag hören wir im Evangelium von den Umständen der Geburt Jesus Christi, wie sie der Evangelist Matthäus schildert. Er stellt uns vor allem das Mitwirken des hl. Josef mit den Heilsplänen Gottes vor Augen. Der hl. Josef hatte ein fügsames und formbares Herz. An ihm leuchten uns jene Haltungen auf, die auch für unser Leben wichtig sind, damit Gott seine Heilspläne erfüllen kann.
1) Das erste ist die Bereitschaft, den Willen Gottes anzunehmen und ihm zu gehorchen. Der hl. Josef hatte zwar seine eigenen Pläne. Er dachte daran, sich von Maria ohne weiteres Aufsehen zu trennen, um Maria nicht öffentlich bloßzustellen. Aber als der Engel ihm den Auftrag gab, Maria zu sich zu nehmen und für Jesus Ziehvater zu sein, hat er sich ohne Widerrede in diesen Plan gefügt.
Gott hat auch seine Pläne mit uns. Die entscheidende Frage ist, ob wir uns bereitwillig einfügen lassen in die Dinge, wie er sie vorgesehen hat. Solange wir unseren eigenen Willen eigensinnig durchzusetzen suchen, werden wir immer eine Unzufriedenheit und Unruhe im Herzen haben. Der Friede und die Ruhe des Herzens kommen immer aus der freiwilligen Hingabe an die weisen Fügungen seiner Vorsehung, wie sie sich auch in den kleinsten Dinge zeigen.
2) Eine weitere wichtige Haltung ist die Bereitschaft zum Dienen. Jesus sagt: “Wer von euch groß sein will, der sei der Diener aller.” Das sehen wir am hl. Josef verwirklicht. Als er erfahren hat, was der Plan Gottes war, hat er sich nicht beleidigt zurückgezogen, weil alles ganz anders kam, als er es sich vorgestellt hatte, sondern er hat sich mit ganzer Kraft und Verantwortung für Maria und Jesus hingegeben. Wir machen oft den Fehler, dass wir uns aus falscher Demut oder aus Bequemlichkeit genau dann zurückziehen, wenn unser Dienst gebraucht wird. Die Bereitschaft zum Dienen ist wichtig für unser Wachstum in Glaube, Hoffnung und Liebe.
3) Als Drittes können wir vom hl. Josef die Haltung der Diskretion und des Schweigens lernen. Diskretion ist die Fähigkeit, im rechten Augenblick zu schweigen oder zu reden zum Heil und Nutzen unserer Mitmenschen ohne dass wir uns selber in den Mittelpunkt stellen. Jesus sagt: “Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund”
(Mt 12,34). Wenn es uns gelingt, durch Gottes Gnade in unser Denken und Fühlen das rechte Schweigen zu bringen, werden wir auch im Geist der Unterscheidung zur rechten Zeit das Richtige sagen oder schweigen können.
Der hl. Josef war gehorsam, dienstbereit und schweigsam. In dieser Haltung hat er am Erlösungsplan Gottes mitgewirkt und er gibt uns ein Vorbild, dass auch wir diese Tugenden erstreben.

Die Mühle

muehleDer Kirchenvater Johannes Cassianus (+ 430/35), der in seinen Schriften wichtige geistliche Erfahrungen der alten Mönchsväter überliefert hat, bringt einmal einen treffenden Vergleich: In einer mit Wasser angetriebenen Mühle drehen sich die Mühlsteine immer weiter. Aber es liegt beim Müller, ob er gutes oder schlechtes Korn mahlt; denn was er auf die Mühle schüttet, das mahlt sie. Ebenso verhält es sich mit dem menschlichen Geist. Er muss stets an etwas denken; er ist wie ein immer mahlender Mühlstein. Aber von uns hängt es ab, was wir ihm zum Mahlen geben; was wir ihm geben, wird unser Geist verarbeiten.
In unserer Mediengesellschaft werden wir mit einer Unzahl von Informationen konfrontiert, die die Seele nicht nähren und die wir gar nicht verarbeiten können. Mit dem Bedienungsknopf “Off” an den Geräten könnten wir in der Adventszeit so manche Spreu, die in unsere Mühle kommt, ausschalten, um für den guten Weizen des Wortes Gottes, des Gebets, der Betrachtung und guter Lektüre, Platz zu schaffen.

Der liebe Gott ist aber klein!

krippe1Eine Frau erzählte, dass sie mit ihrem Enkelkind, einem Buben im Kindergartenalter, zu Weihnachten in die Kirche ging, um ihm die Weihnachtskrippe zu zeigen. Der kleine Junge stand vor der Krippenlandschaft und betrachtete voll Staunen den Stall, die Hirten und Schafe, Maria und Josef, Ochse und Esel. Plötzlich entdeckte er das winzige Kind in der Krippe und hat laut ausgerufen: “Oma, der liebe Gott ist aber klein!”
Ja, Gott ist in seinem Sohn wirklich klein, ohnmächtig und schwach zu uns gekommen. Das ist nicht immer leicht zu verstehen. Wenn wir den Zustand der Welt erleben, wie grausam, brutal und rücksichtslos die Menschen sein können, dann drängt sich uns die Frage auf, wie kann Gott das zulassen, er ist doch allmächtig, er könnte eingreifen und es verhindern. Nun, Gott hat eingegriffen, aber nicht mit den Waffen seiner Allmacht, sondern mit den Waffen der Liebe und Barmherzigkeit. Er hat seine Allmacht vor den Toren der Welt abgelegt und ist als kleines Kind von Maria geboren worden und hat aus Liebe zum Vater und zu uns die Bosheit und Ungerechtigkeit dieser Welt bis ans Kreuz getragen und so besiegt. Mit der Macht seiner opfernden Liebe hat er die Welt erlöst.

Das Weihnachtswunder im Niemandsland

Frieden

Dieses Foto ist berühmt geworden. Es zeigt einige Soldaten, Briten
und Deutsche, am Vormittag des 25. Dezember 1914 im Niemandsland an der Westfront in Flandern.

Als Jesus geboren wurde, verkündeten die Engel den Frieden: “Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade” (Lk 2,14). Das Weihnachtsfest erinnert uns immer wieder an diesen Frieden, den uns Christus gebracht hat. Wie stark diese Weihnachtsgnade des Erlösers zum Frieden hin wirken kann, das zeigt uns eine Begebenheit aus dem Ersten Weltkrieg, der vor fast 100 Jahren im Sommer 1914 begonnen hat und soviel Not und Unheil gebracht hat.
Es war im Dezember 1914 in Flandern in Belgien. Die Truppen des Deutschen Reiches hatten sich in Sichtweite ihrer Gegner in Schützengräben verschanzt. Die anderen – Engländer, Franzosen, Belgier – hielten es ebenso. Die feindlichen Heere lagen sich gegenüber oft nur hundert Meter voneinander entfernt. Doch in diesem Todesstreifen des Grauens geschah am 24. und 25. Dezember etwas Unglaubliches.
Anfangs war es nur einer, der am Heiligen Abend im Schützengraben der Deutschen das “Stille Nacht” vor sich hin sang. Bald stimmten auch andere ein. Leise klang das Lied von Christi Geburt in das tote Niemandsland hinein. Hundert Meter von diesem unsichtbaren Chor entfernt, in den Stellungen der Briten, bliebt es ruhig. Die deutschen Soldaten aber waren in Stimmung gekommen. In einem immer stärker werdenden Chor sangen sie alle bekannten Weihnachtslieder. Als der letzte Ton verklungen war, warteten die Engländer drüben noch eine Minute, dann begannen sie zu klatschen und zu riefen “Good, old Fritz”, und “More, more”, Zugabe, Zugabe. Die derart berührten deutschen Soldaten antworten mit “Merry Christmas, Englishmen” und “We not shoot, you not shoot”, und was sie da riefen, das meinten sie ernst. Sie stellten auf den Erdwällen vor den Schützengräben Kerzen auf, die wie ein Perlenreihe in der Finsternis leuchteten. Auf beiden Seiten wurden Pappschilder hochgehalten mit der Aufschrift “Merry Christmas” oder “Frohe Weihnachten”. Durch Gräben und Bunker verbreitete sich die Nachricht vom Frieden in Flandern. Soldaten aller Nationen legten ihre Waffen nieder und feierten gemeinsam Weihnachten. Auf den Hügeln standen sogar Tannenbäume mit Kerzen.
Am nächsten Tag wurden die Toten, die seit Wochen unbestattet im Niemandsland lagen, mit einem gemeinsamen Gebet zur ewigen Ruhe gebettet. Im Tauschhandel wechselten Tabak und Zigarren, Schnaps und Wein die Fronten. Die Männer, die sich am Tag zuvor noch belauert hatten, um sich gegenseitig abzuschießen, zeigten sich die Fotos ihrer Familien und sprachen über ihre Sehnsucht, dass dieser verdammte Krieg enden möge. Und es fanden sogar Fußballspiele statt.
Da die höheren Befehlshaber nicht an der Front waren, beschlossen deutsch und britische, französische und belgische Soldaten ganz spontan, nicht mehr aufeinander zu schießen. Einen solchen Frieden von unten hatte es in der Geschichte eines Krieges noch nie gegeben; und es hat auch niemals wieder einen solchen gegeben. Der sächsische Offizier Georg Reim schrieb in sein Tagebuch, dass alle Gedanken an Kampf und Hass der Völker plötzlich vergessen waren. “Wir fühlten uns dabei glücklich wie die Kinder.”
Aber den Herren des Krieges auf beiden Seiten in den Generalstäben, die weit ab von jedem Schuss waren, wurde nach drei Tagen die weihnachtliche Ruhe unheimlich. Es drohte daraus ein Frieden zu wachsen, der von den einfachen Soldaten beschlossen wurde. Das war von den obersten politischen Kriegstreibern nicht erwünscht. Der Krieg musste weitergehen und er dauerte noch viele Jahre und kostete rund neun Millionen Menschen das Leben. Das Weihnachtswunder im Niemandsland blieb bis heute in allen Kriegen einmalig.

Das Volk will keinen Krieg

blumen03Wer will eigentlich den Krieg? Wer sind die Kriegstreiber? Es gibt hier eine sehr treffende Antwort, die Herman Göring, einer der führenden nationalsozialistischer Politiker und Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, nach dem Krieg, 1946 im Gefängnis gegeben hat: “…Nun, natürlich, das Volk will keinen Krieg. Warum sollte irgendein armer Landarbeiter im Krieg sein Leben aufs Spiel setzen wollen, wenn das Beste ist, was er dabei herausholen kann, dass er mit heilen Knochen zurückkommt. Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg; weder in Russland, noch in England, noch in Amerika, und ebenso wenig in Deutschland. Das ist klar. Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. … Das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.” – Auch heute noch.
Der Weihnachtsfriede von 1914 in Flandern zeigt uns, wie der christlich geprägte Mensch denkt und denken sollte. Es bräuchte aber Menschen wie einen sel. Franz Jägerstätter, die im Licht des Glaubens an Christus dem vorherrschenden System widerstehen können.

Ein Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes

hand-v-folignoAm Gedenktag Allerseelen erinnert uns die Kirche an eine Wahrheit und Wirklichkeit, die oft vergessen oder sogar belächelt wird. Es geht um das Fegefeuer. Die Lehre der Kirche besagt, dass das Fegefeuer der Zustand jener Menschen ist, die zwar in der Freundschaft Gottes gestorben und sich ihres ewigen Heiles sicher sind, deren Seele aber noch der Läuterung bedarf, damit sie in die himmlische Seligkeit eintreten kann.
Kraft der Gemeinschaft der Heiligen können die Gläubigen, die noch auf Erden pilgern, den armen Seelen im Fegefeuer helfen, indem sie Fürbitten und besonders das eucharistische Opfer, aber auch Almosen, Ablässe und Bußwerke für sie darbringen.
Gott hat uns immer wieder Zeichen gegeben, die uns im Glauben an diese Wirklichkeit des Fegefeuers bestärken sollen. Eines dieser Zeichen ist die eingebrannte Hand von Foligno in Italien. Die Ereignisse wurden in einem kirchlichen und zivilen Prozesse untersucht und eidlich bestätigt.
Am 4. Nov. 1859 starb im Kloster der französischen Tertiarinnen in Foligno eine Ordensschwester namens Therese-Margrit Gesta an einem Schlaganfall. Während vieler Jahre war sie Novizenmeisterin und hatte gleichzeitig die Garderobe des Klosters beaufsichtigt. Zwölf Tage später, am 17. Nov., wurde eine Schwester, namens Anna Felizitas, beauftragt, in die Kleiderablage zu gehen. Sie hatte der Verstorbenen in diesem Amt geholfen und musste es jetzt allein ausüben. Dort angekommen, hörte sie Seufzer, die scheinbar aus dem Innern des Raumes kamen. “Oh mein Gott! Wie ich leide!” Die erschrockene Schwester erkannte sofort die Stimme der Schwester Therese. Sie nahm sich, so gut es ging, zusammen und fragte: “Warum denn?” “Wegen der Armut”, antwortete Schwester Therese. “Wie denn? Sie waren doch arm”. “Nicht meinetwegen, aber ich habe den anderen Schwestern in dieser Beziehung zu viel Freiheit gelassen, und du, nimm dich ja in acht.” In diesem Moment füllte sich der ganze Raum mit dichtem Rauch und der Schatten der Schwester Therese erschien. Der bewegte sich der Wand entlang bis zur Tür. Dort angekommen rief sie aus: “Hier ist ein Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes!”
Während sie das sagte, schlug sie mit der Hand auf die obere Türfüllung und hinterließ, eingeprägt in dem gekalkten Holz, einen Abdruck ihrer Hand, dann verschwand sie. Der Geruch von verbranntem Holz erfüllte den Raum.
Auf dieses Zeichen Gottes hin haben die Schwestern Tag und Nacht inständig für die Verstorbene gebetet.
In der Nacht des 19. Nov. erschien die Seele der Verstorbenen noch einmal Schwester Anna Felizitas und sagte: “An einem Freitag, dem Tag der Passion, bin ich gestorben und heute, wiederum an einem Freitag, gehe ich ein in die Glorie … seid stark im Kreuztragen! … Adieu! …”
Sie verwandelte sich in eine lichte Wolke, weiß und leuchtend, die sich zum Himmel erhob und verschwand.
Der Bischof von Foligno und die Behörden der Stadt leiteten gleich eine kanonische Untersuchung ein. Am 23. November öffnete man das Grab der Schwester Therese-Margrit. Man fand den Einbrand der Hand in genauer Übereinstimmung mit der Hand der Verstorbenen.