Maria, starke Hilfe in unserer Schwachheit
Angesichts unserer Schwachheit und Gebrechlichkeit ist es sehr schwierig für uns, die Gnaden und Kostbarkeiten zu bewahren, die wir von Gott empfangen.
1. Denn wir tragen diesen Schatz, der mehr wert ist als Himmel und Erde, in zerbrechlichen Gefäßen; das will sagen in einem vergänglichen Leib und in einer schwachen und unbeständigen Seele, die schon von einem Nichts verwirrt und entmutigt wird.
2. Denn die Teufel, die listige Diebe sind, suchen uns unversehens zu überraschen, um uns zu berauben und auszuplündern. Tag und Nacht lauern sie auf eine günstige Gelegenheit, umkreisen uns unaufhörlich, um uns zu verschlingen und um uns in einem Augenblick durch eine Sünde alles wegzunehmen, was wir uns in Jahren an Gnade und Verdiensten erworben haben. Ihre Bosheit, ihre Erfahrung, ihre Tücke und ihre Anzahl muß uns dieses Unglück fürchten lassen, wissen wir doch, daß schon manche, die mehr Gnaden besaßen, reicher an Tugend und viel erfahrener waren und einen höheren Grad an Heiligkeit erreicht hatten, dennoch überrascht, beraubt und ausgeplündert worden sind.
Ach, wie viele Zedern des Libanon und Sterne am Himmel sah man schon elend fallen und in kürzester Zeit all ihre Höhe und all ihren Glanz verlieren! Woher kommt diese seltsame Veränderung? Sicherlich nicht aus Mangel an Gnade, die niemandem fehlt, sondern aus Mangel an Demut. Sie hielten sich für stärker und tüchtiger, als sie waren; sie dachten, sie könnten ihre Schätze bewahren; sie vertrauten und verließen sich auf sich selbst; sie hielten ihr Haus und ihre Truhen für sicher und stark genug, den kostbaren Schatz der Gnade zu bewahren. Weil sie sich auf sich selbst verließen, gleichwohl aber meinten, daß sie sich allein auf die Gnade Gottes stützten, ließ der gerechte Gott zu, daß sie beraubt wurden, indem er sie sich selbst überließ. Hätten sie die wunderbare Frömmigkeit gekannt, von der ich im folgenden sprechen werde, dann hätten sie ihren Schatz einer mächtigen und treuen Jungfrau anvertraut, die ihn für sie behütet hätte, als sei es ihr Eigentum, ja es wäre für sie eine Pflicht der Gerechtigkeit gewesen.
3. Aufgrund der unglaublichen Verderbtheit der Welt ist es schwierig, im Stande der Gnade zu verbleiben. Die Welt ist inzwischen schon so verdorben, daß unweigerlich auch die Frommen davon beschmutzt werden, wenn nicht von ihrem Schmutz, dann doch von ihrem Staub. Es ist schon ein Wunder, wenn jemand in diesem reißenden Strom einen festen Stand behält, ohne weggerissen zu werden, wenn er in diesem stürmischen Meer nicht untergeht oder von Piraten und Korsaren ausgeplündert wird oder wenn er von diesem Pesthauch nicht angesteckt wird. Einzig die treue Jungfrau, die kein einziges Mal vom Teufel besiegt worden ist, kann ein solches Wunder an denen wirken, die sie mit kindlichem vertrauen lieben (WMV 87-89).