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Der Zustand der Seelen im Reinigungsort

Der Gedenktag Allerseelen und der Monat November laden uns ein, besonders für die Verstorbenen zu beten oder für sie einen Ablass zu gewinnen. Durch die geoffenbarte Lehre unseres Glaubens wissen wir, was mit unseren Verstorbenen geschieht, die noch nicht vollkommen heilig waren bei ihrem Sterben. Sie sind zwar gerettet, aber dürfen durch Gottes Gnade noch eine Läuterung erfahren, die ihre Seele vollkommen zur Liebesvereinigung mit Gott fähig macht. Und das ist das Fegefeuer. Was erleiden die Seelen in dieser Reinigung?

Von der heiligen Katharina von Genua (geb. 1447, gest. 1510) ist uns ein “Traktat über den Reinigungsort – das Fegefeuer” überliefert, in dem sie uns den inneren Zustand der “Armen Seelen” schildert. Katharina lebet in einer sehr unglücklichen Ehe, aber das Leid, das sie erfuhr, hat sie zu einer radikalen Bekehrung zu Gott hingeführt. In ihren schweren Läuterungsleiden erkannte sie klar, dass dieses, ihr irdisches Fegfeuer, im Wesen identisch sei mit dem jenseitigen. Ihre Schilderung des Zustandes der Armen Seelen geht also nicht auf Erscheinungen von Armen Seelen zurück, sondern auf ihre eigene, mystische Erfahrung.

Es gibt viele Theologen, die den Traktat als das Tiefste ansehen, was je über den Reinigungsort geschrieben worden ist. Der hl. Franz von Sales hat ihn außerordentlich geschätzt. Er hat die Lehre der hl. Katharina treffend zusammengefasst. Er sagt:

“Der Gedanke an das Fegfeuer ist weit mehr geeignet, uns Trost als Furcht einzuflößen. Sind auch wirklich die Peinen des Reinigungsortes so groß, daß die äußersten Schmerzen dieses Lebens nicht damit verglichen werden können, so sind doch auch die innerlichen Wonnen dort so wunderbar, daß keine Glückseligkeit und Lust dieser Erde ihnen gleichkommt.

Denn:
1. die Seelen sind in beständiger Vereinigung mit Gott;
2. sie haben sich dort seinem heiligen Willen vollkommen unterworfen; ihr Wille ist so innig in den Willen Gottes umgebildet, dass sie nur wollen, was Gott will, so dass sie, wenn auch die Pforten des Himmels ihnen offen stünden, es nicht wagen würden, vor Gott zu erscheinen, solange sie noch Spuren der Sünde in sich wahrnehmen;
3. sie reinigen sich dort freiwillig und in Liebe, nur um Gott zu gefallen;
4. sie wollen dort auf die Weise sein, wie es Gott gefällt und solange es ihm gefällt;
5. sie können nicht mehr sündigen; sie haben auch nicht die geringste Regung der Ungeduld und begehen nicht den mindesten Fehler;
6. sie lieben Gott über alles, mit vollendeter, reiner und uneigennütziger Liebe;
7. sie werden dort von den Engeln getröstet;
8. sie sind ihres Heiles gewiss und in einer Hoffnung, die nimmermehr in ihrer Erwartung zu Schanden wird;
9. ihre bitterste Bitterkeit ist im tiefsten Frieden.
10. Wenn dieser Ort hinsichtlich des Schmerzes auch eine Hölle ist, so ist er doch auch ein Paradies hinsichtlich der Lieblichkeit, welche die Liebe Gottes in ihr Herz ergießt: eine Liebe, die stärker ist als der Tod und mächtiger als die Hölle;
11. dieser Stand ist mehr zu ersehnen als zu fürchten, denn die Flammen dort sind Flammen heiliger Sehnsucht und Liebe;
12. sie sind aber dennoch furchtbar, weil sie unsere Vollendung verzögern, die darin besteht, Gott zu schauen und zu lieben und durch diese Anschauung und Liebe ihn in der ganzen, unermesslichen
Ewigkeit zu loben und zu verherrlichen.”