Zeugen der Auferstehung Christi

Der hl. Kardinal John Henry Newman ist in einer Predigt der Frage nachgegangen, warum der auferstandene Herr sich nur seinen Aposteln und seinem engsten Jüngerkreis gezeigt hat und nicht der großen Menge.

Was wäre damals wohl geschehen, wenn Jesus sich auch in aller Öffentlichkeit gezeigt hätte, den vielen Menschen, die geschrien hatten: ‘Kreuzige ihn!’, den führenden Männern, die ihn zum Tod verurteilt hatten. Wie groß wäre die Verwirrung, das Entsetzen und die Betroffenheit dieser Menschen gewesen, wenn sie hätten sehen müssen, dass er machtvoll und herrlich lebt, unverwundbar, unangreifbar, unsterblich. Das hätte wohl alle überzeugt und in die Knie gezwungen.

Aber nichts von alledem ist geschehen. Gottes Pläne und Wege sind anders, als wir Menschen sie uns ausdenken würden. Der heilige Petrus hat in einer seiner Auferstehungspredigten deutlich darauf hingewiesen, was die Absicht Gottes ist: “Gott aber hat ihn am dritten Tag auferweckt und hat ihn erscheinen lassen, zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten Zeugen: uns, die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben” (Apg 10,40). Jesus wollte also nicht die Volksmassen durch Schauwunder begeistern, sondern er wollte Zeugen heranbilden, Zeugen seiner Auferstehung. Das wurde zum wirksamsten Mittel, um das Evangelium über die ganze Welt zu verbreiten.

Wie schon die ganze Heilsgeschichte beweist, ist es ein allgemeines Merkmal der Vorsehung: Gott erwählt einen Menschen oder einige wenige aus, um sie zu Kanälen der Gnade und des Segens für viele andere Menschen zu machen, wie z.B. Abraham. Der eine Berufene, die wenigen Zeugen werden zum Segen für viele.

Gott wirkt alle großen Veränderungen zum Guten in dieser Welt, sei es im Kleinen oder im Großen, immer durch wenige und nicht durch die Masse. Von der Menge kann zwar vieles niedergerissen werden, aber nichts wird aufgebaut, es sei denn von solchen, die besonders für diese Aufgabe von Gott geschult worden sind, und das sind die entschlossenen, unerschrockenen, eifrigen Wenigen.

So sehn wir es auch bei der Auferstehung Christi, dem wichtigsten Ereignis der ganzen Weltgeschichte. Gott erwählte sich nur wenige Zeugen für sein Tun. Aber gerade sie hat er zu treuen Dienern des Evangeliums und zu Säulen der Wahrheit und seiner Kirche geformt; Säulen, die feststehen im Glauben an sein Opferleiden, seinen Tod und seine Auferstehung, erfüllt vom Heiligen Geist; Zeugen die bereit waren, ihr ganzes Leben uneingeschränkt für ihn hinzugeben. Der auferstandene Herr wirkt auch heute durch Menschen, die sich von ihm zu Zeugen formen lassen.

Den Kelch trinken

“Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke”, hat Jesus zu den beiden Aposteln gesagt, die rechts und links neben ihm in seinem Reich sitzen wollten (Mt 20,22). Damit gibt uns der Herr zu verstehen, dass wir immer in irgendeiner Form an seinem Leiden teilhaben werden, nicht nur zu unserem Heil, sondern auch zum Heil vieler anderer Menschen. Der heilige Paulus sagt: “Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt” (Kol 1,24). Durch die Verbindung mit dem Leib Christi können unsere Leiden, die wir bereitwillig mit den seinen vereinen, zum Mittel der Gnade für andere werden.

Pater Andrea Santoro, ein italienischer Priester, der 2006 in der Türkei ermordet wurde, schrieb noch kurz vor seinem Martyrium: “Ich bin hier, um unter diesen Menschen zu wohnen und Jesus zu ermöglichen, dies zu tun, indem ich ihm mein Fleisch leihe …. Man wird nur durch die Hingabe des eigenen Fleisches erlösungsfähig. Man muss das Böse in der Welt ertragen und den Schmerz teilen, indem man es in sein eigenes Fleisch aufnimmt, wie Jesus es getan hat.”

Legen Sie sich ganz in Gottes Hände

Der argentinische Kardinal Eduardo Francisco Pironio (1920 – 1998) wurde am 16. Dez. 2023 im Heiligtum Unserer Lieben Frau von Luján in Argentinien selig gesprochen, wo er von den Gläubigen sehr verehrt wird.

Er engagierte sich als Priester, Bischof und Kardinal besonders für die Jugend. In der Zeit von Johannes Paul II. war er der Hauptinitiator der Weltjugendtage. Er lebte stets losgelöst von materiellen Gütern und Reichtum und strahlte Demut, Bescheidenheit und Güte aus. Er legte auch Zeugnis dafür ab, dass er seinen Glauben vor allem durch seine Mutter empfangen hat, einer Frau, die es verstand, ihren vielen Kindern, die sie als Gottesgeschenk sah, den wahren christlichen Sinn des Lebens einzuprägen. Kardinal Pironio erzählte:

“In meiner Familiengeschichte haben sich wunderbare Dinge ereignet. Meine Eltern waren Italiener, die sofort nach der Eheschließung nach Argentinien aussiedelten. Nach der Geburt ihres ersten Kindes wurde meine Mutter, eine einfache Frau mit einem tiefen Glauben, sie war gerade 18 Jahre alt, schwer krank. Sechs Monate lang lag sie bewegungslos im Bett. Nach ihrer Heilung erklärten ihr die Ärzte, dass sie nie mehr wieder werde Kinder haben können, wenn sie nicht ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen wolle. Meine Mutter ließ sich deshalb vom Weihbischof von La Plata beraten, weil man von ihm als von einem Heiligen sprach … Der Bischof sagte ihr: ‘Die Ärzte können sich täuschen: Begeben Sie sich ganz in die Hände Gottes und erfüllen Sie Ihre Pflichten als Ehefrau.’ Dann feierte der Bischof eine Heilige Messe und bat Gott um seinen Schutz für meine Mutter. Daraufhin gebar sie weitere einundzwanzig Kinder. Ich bin der Letztgeborene von ihnen. Meine Mutter wurde 82 Jahre alt.

Damit ist aber die Geschichte noch nicht beendet. Jahre später wurde ich selbst zum Weihbischof von La Plata ernannt, um jenen Platz zu besetzen, den jener Bischof innehatte, der meine Mutter segnete. Am Tag meiner Bischofsweihe überreichte mir der Bischof das Brustkreuz jenes Weihbischofs als Geschenk, ohne diese Geschichte zu kennen. Als ich ihm dann erklärte, dass ich mein Leben dem Eigentümer dieses Kreuzes verdanke, begann der mich weihende Bischof zu weinen.” Die Eltern von Kardinal Pironio haben 22 Kindern das Leben geschenkt und sie im Glauben erzogen. Aus dem letzen Kind wurde ein Heiliger der Kirche – ein großes Geschenk für uns alle.

Bemerkenswert ist auch das Wunder, das für seine Seligsprechung von der Kirche anerkannt wurde: Am 1. Dez. 2006 passierte im argentinischen Mar del Plata ein Unfall: Der einjährige Juan Manuel Franco nahm eine Handvoll hochgiftiges Purpurpulver in den Mund, was sofort zu Atemwegsstörungen führte. Im Krankenhaus gaben die Ärzte, die das Kind künstlich am Leben erhielten, dem Jungen keine Überlebenschancen. Ein Pfarrer brachte den verzweifelten Eltern ein Bild des verstorbenen Kardinals Pironio und lud sie ein, zu ihm für das Kind zu beten. Tatsächlich wurde Juan Manuel wenige Tage später ganz unerklärlich wieder vollkommen gesund.

Der barmherzige Gott

Während eines Gesprächs über die Beichte erzählte die hl. Mutter Teresa von Kalkutta ihren Schwestern einmal folgende Geschichte: “Eine Legende berichtet von einem Mann, der ein sehr sündiges Leben geführt hatte. Als er sich bewusst wurde, dass er so nicht länger leben könne, notierte er auf fünf eng beschriebenen Blättern seine Sünden. Er bereute aufrichtig das Schlechte, das er getan hatte. Er wandte sich an einen Beichtvater und las ihm ein Blatt nach dem anderen vor. Als er geendet hatte, sagte er beunruhigt zu sich selbst: ‘Ich glaube, ich habe eine Sünde vergessen.’ Er nahm das erste Blatt, doch es war vollkommen weiß. Und ebenso das zweite, dritte, vierte und fünfte … Der barmherzige Gott hatte alles verziehen.”

Und in einem anderen Zusammenhang erzählte Mutter Teresa die folgende Begebenheit: “Ein Journalist hörte mich über die Beichte sprechen und stellte mir bei dieser Gelegenheit eine seltsame Frage: ‘Mutter Teresa, gehen auch Sie zur Beichte?’ Ich antwortete ihm: ‘Aber selbstverständlich. Ich beichte jede Woche.’ Er bemerkte: ‘Gott scheint ja sehr anspruchsvoll zu sein, wenn selbst Sie und Ihre Schwestern beichten müssen.’ Ich erwiderte ihm: ‘Angenommen, Ihr Sohn  falls Sie einen haben  stellt etwas Schlimmes an. Wenn er dann zu Ihnen kommt und sagt ,Es tut mir sehr leid, Papa!’, was machen Sie dann? Ich glaube, dass Sie das machen werden, was jeder gute Vater tut: Sie legen ihm die Hand auf die Stirn und geben ihm einen Kuss. So zeigt man jemandem, dass man ihm verzeiht und ihn liebt. Genau das gleiche macht Gott mit uns, eben weil er uns mit großer Barmherzigkeit liebt.”

Sie hatte von Jesus gehört

Im Markusevangelium wird uns von jener Frau berichtet, die von Jesus gehört hatte und im Glauben an Jesus dachte: Wenn ich nur den Saum seines Gewandes berühre, werde ich von meinen Blutungen geheilt (vgl. Mk 5,25-34).

Die amerikanische Exegetin Mary Healy berichtet in ihrem Bibelkommentar zu dieser Stelle, dass solche Wunder auch heute noch geschehen: “Vor kurzem erzählte mir ein indischer Priester die Geschichte einer Frau, die ‘von Jesus gehört’ hatte. Sie war eine Sikh-Frau (Sikhismus – eine Religionsrichtung in Indien), deren Beine seit zwölf Jahren gelähmt waren. Als sie hörte, dass Jesus in einem katholischen Exerzitienzentrum in Südindien Menschen heilte, kam sie dorthin. Dort traf sie den Priester und erzählte ihm von ihrer schmerzhaften Vergangenheit, wie sie von ihrem Mann missbraucht worden war und schließlich in ihrer Verzweiflung von einem Balkon gesprungen war und sich dabei das Rückgrat gebrochen hatte.

Der Priester war so ergriffen, dass er mit ihr über die Lehren Jesu zur Vergebung sprach und sie einlud, ihrem Mann zu verzeihen. Sie forderte ihn sofort heraus: “Wenn ich meinem Mann vergebe, wird dein Jesus mich dann heilen?” Nach einem kurzen Gebet antwortete er: “Ich weiß nicht, ob es Jesu Wille ist, Sie zu heilen, aber ich weiß, dass Sie, wenn Sie vergeben, einen Frieden und eine Freude erleben werden, die Sie nie zuvor gekannt haben.”

Am nächsten Tag forderte der Referent der Einkehrtage alle auf, aufzustehen und Gott für seine Güte zu danken. Die Frau erzählte dem Priester später, was passiert war: “Ich dachte mir, ich habe Gott so viel zu verdanken. Ich bin am Leben, ich habe zwei Söhne, die sich um mich kümmern. Ich muss Gott loben!” Sie stand auf, hob ihre Hände zu Gott und wurde augenblicklich und vollständig von ihrer Lähmung geheilt. Die Frau blieb mehrere Monate lang im Exerzitienhaus, um am RCIA (Rite of Christian Initiation for Adults – Ritus der christlichen Initiation für Erwachsene) teilzunehmen. Sie und ihre Söhne ließen sich taufen und gingen nach Hause, um ‘allen von Jesus zu erzählen’.”

Heute ist der glücklichste Tag meines Lebens

Nijole Sadunaite wurde 1938 in Litauen geboren. Nach dem Einmarsch der russischen Roten Arme (1940) begann die kommunistische Terrorherrschaft, in der die Katholische Kirche schwer verfolgt wurde. Viele Bischöfe, Priester und Gläubige wurden hingerichtet, ins Gefängnis geworfen oder deportiert. Durch das starke Vorbild ihrer Eltern lehnte Nijole schon als Kind die atheistische Indoktrination ab und durfte wegen ihrer ‘Religiosität’ keine höhere Schule besuchen. Sie wurde Krankenschwester, schloss sich einer Untergrundkongregation an und beteiligte sich an der Verbreitung der ‘Chronik der katholischen Kirche Litauens’, einer Untergrundzeitschrift, in der das Heldentum der Kirche hinter dem Eisernen Vorhang dokumentiert wurde. Es war ihr als junge Frau ganz klar, dass sie wegen dieser verbotenen Tätigkeit eines Tages vom KGB verhaftet und ins Gefängnis kommen würde. Doch durch ihren starken Glauben an den Herrn und seine Macht überwand sie jede Angst.

Im August 1974 wurde sie dann festgenommen. Man fand sechs Seiten der verbotenen Chronik bei ihr. Sie verbrachte zehn Monate im Untersuchungsgefängnis des KGB, wo sie sich durch keine Drohungen und psychische Folter einschüchtern ließ, andere Mitchristen zu verraten. Als sie dann ohne Rechtsbeistand vor Gericht stand, vor Männern, die in Verhörtechniken geübt waren, verblüffte ihre Verteidigung diese so sehr, dass sie erröteten und beschämt den Kopf hängen ließen. Sie sagte unter anderem Folgendes:

“Heute ist der glücklichste Tag meines Lebens …. Mir ist die beneidenswerte Aufgabe, das ehrenvolle Schicksal zuteil geworden, nicht nur für die Menschenrechte zu kämpfen, sondern auch dafür verurteilt zu werden. Mein Urteil wird zum Triumph werden! … Mit Freude gehe ich für andere in die Sklaverei, und ich bin bereit zu sterben, damit andere leben können. Wenn ich mich heute der ewigen Wahrheit, Jesus Christus, nähere, erinnere ich mich an seine vierte Seligpreisung: Selig sind, die nach Gerechtigkeit dürsten, denn sie sollen satt werden: … Ich möchte das Gericht bitten, all jene aus den Gefängnissen, Arbeitslagern und psychiatrischen Kliniken zu befreien, die für Menschenrechte und Gerechtigkeit gekämpft haben.”

Nach diesem vom Heiligen Geist inspirierten Zeugnis wurde Nijole zu drei Jahren in einem strengen sowjetischen Arbeitslager (Gulag) und drei Jahren Exil in Sibirien verurteilt. Es ist unbeschreiblich, was sie in dieser Zeit an Leiden ertragen und wie durch ein Wunder überlebt hat – mit ungebrochenem Geist und in der Liebe bleibend.

Nach dem Gulag lebte sie fünf Jahre lang im totalen Untergrund, dann “fand mich schließlich der KGB. Aber die Zeiten änderten sich. Sie wollten, dass ich ‘freiwillig’ auswandere. Ich sagte ihnen, dass ich lieber ins Gefängnis gehen würde. Sie fragten mich, warum: ‘Weil ich euch sehr liebe. Ihr seid meine Brüder und ich möchte nicht ohne euch in den Himmel kommen. Auch Jesus hat euch sehr lieb, er ist auch für euch am Kreuz gestorben. Wenn ihr mich abschiebt, werde ich frei sein, aber wenn ich frei bin, ist es für mich schwerer, Buße zu tun, während ich im Gefängnis dazu gezwungen sein werde, und ich werde es für euch tun, so dass wir zusammen im Himmel sein werden'”.

1990, als Litauen endlich frei war, betonte Nijole: “Ich bete weiterhin jeden Tag für unsere Peiniger. Heute sagen viele Menschen, dass das Gebet eine Zeitverschwendung ist und dass man besser gute Taten vollbringen sollte. Aber Jesus hat gesagt: Ohne mich könnt ihr nichts tun. Er ist der Weinstock und wir sind die Reben”.

Fürst des Friedens: Die Auferstehung

Akiane Kramerik wurde 1994 in Illinois USA geboren. Ihre Mutter und ihr Vater waren atheistisch eingestellt. Gott und Glaube war in ihrer Familie kein Thema. Aber Akiane begann schon mit drei Jahren über Gott und die Welt des Himmels zu reden, die sie in Visionen und Träumen sah. Mit vier Jahren begann sie das, was sie innerlich sah, zu zeichnen, mit fünf Jahren begann sie mit Farben zu malen und entfaltete dabei ihr ganz außergewöhnliches Talent. Mit sieben Jahren begann sie Gedichte zu schreiben. Als sie acht Jahre alt war, malte sie dieses später berühmt gewordene Portrait von Jesus, so wie sie ihn in ihren Visionen immer gesehen hatte. Sie hatte 40 Stunden intensiv an diesem Bild gearbeitet. Akiane gab ihm den Namen “Prince of Peace: The Resurrection”. Viele Menschen, die in einer Nahtoderfahrung oder in Träumen selber Jesus gesehen hatten, haben gerade in diesem Bild Jesus wieder erkannt. Ein Buddhist fragte einmal die 10jährige Akiane: “Warum hast du dich für das Christentum entschieden und nicht für eine andere Religion?” “Ich habe mich nicht für das Christentum entschieden, sondern für Jesus. … Ich weiß nicht viel über die Religionen, aber ich weiß dies: Die Liebe ist unser Ziel.”

Zeit des Erbarmens

Am 25. März, dem Hochfest der Verkündigung des Herrn, da der Sohn Gottes im Schoß der Jungfrau Maria Mensch geworden ist (in diesem Jahr wird dieses Fest liturgisch am 8. April gefeiert), hatte die hl. Schwester Faustyna eine Vision, in der auch die Gottesmutter Maria zu ihr sprach. Die hl. Schwester Faustyna schreibt in ihrem Tagebuch am 25. März 1936:

“Am Morgen während der Meditation ergriff mich Gottes Anwesenheit auf besondere Art. Ich sah die außerordentliche Größe Gottes und gleichzeitig Seine Herabneigung zu den Geschöpfen. Da erblickte ich die Muttergottes, die mir sagte: ‘O wie angenehm ist Gott eine Seele, die treu dem Hauch Seiner Gnade folgt. Ich gab der Welt den Erlöser und du sollst der Welt von Seiner großen Barmherzigkeit erzählen und sie auf Seine Wiederkunft vorbereiten, wenn Er nicht als barmherziger Erlöser, sondern als gerechter Richter kommen wird. O, dieser Tag ist schrecklich. Der Tag der Gerechtigkeit ist beschlossen, der Tag des Zornes Gottes; vor ihm zittern die Engel. Künde den Seelen von dieser großen Barmherzigkeit, solange die Zeit des Erbarmens währt. Wenn du jetzt schweigst, wirst du an jenem schrecklichen Tag eine große Zahl von Seelen verantworten müssen. Fürchte nichts, bleibe treu bis zum Ende. Ich fühle mit dir.'”

Die Feier des Sonntags der Göttlichen Barmherzigkeit (Weißer Sonntag) ist eine Einladung an uns, diese Barmherzigkeit durch einen vollkommenen Ablass (hl. Beichte, hl. Kommunion, Gebet in der Meinung des Hl. Vaters und Andacht zur Göttlichen Barmherzigkeit) zu erlangen.

Er heilte alle Krankheiten und Leiden

Wenn wir in den Evangelien die Menschen betrachten, die um Jesus sind, dann ergibt sich ein ganz eigenartiges Menschenbild, aber es wird auch offenbar, wer Jesus ist. Das Evangelium vom 5. Sonntag im Jahreskreis (B) ist ein anschauliches Beispiel dafür.

1) Als erstes fällt uns auf, dass um Jesus so viele Kranke sind, die er heilt: Aussätzige, Blinde und Gelähmte … Vor Jesus wird offenbar, dass wir von allen möglichen Gebrechen des Leibes gezeichnet sind.

2) Doch damit noch nicht genug: Bei vielen Menschen, die Jesus begegnen, wird auch offenbar, dass sie von unreinen Geistern und Dämonen geplagt sind. Vor seiner Heiligkeit und seinem Wort müssen sie fliehen. Aber das ist nur das äußere Bild vom Menschen.

3) Das tiefere, innere Bild zeigt sich im Herzen des Menschen. Jesus offenbart vor allem unseren geistigen Zustand. Im Evangelium finden wir um Jesus herum hauptsächlich Menschen, die er belehren muss. Unermüdlich hat er den Menschen die Wahrheit gesagt und sie darüber belehrt, was zu Gott und zum ewigen Leben führt. Eines der schlimmsten Übel, in die wir durch den Sündenfall geraten sind, ist die Unwissenheit, die geistige Finsternis und Blindheit.

4) Der Gedanke an die geistliche Finsternis des Menschen führt uns zum wichtigsten Punkt des Menschenbildes des Evangeliums. Vor Christus wir offenbar, dass der Mensch ein Sünder ist. Mit der Sünde wird die Wurzel aller anderen Übel offenbar. Wer sich aber vom Licht Jesu Christi berühren lässt, der sieht ein, dass er eine verlorene Drachme, ein verlorenes Schaf, ein verlorener Sohn ist, der sich selbst nicht retten kann. Aber wer voll Reue zu ihm aufblickt, den wird der Blick der barmherzigen Liebe des Herrn treffen, der gerade dazu in die Welt gekommen ist, um zu suchen, was verloren war. In der Schrift finden wir um Jesus herum hauptsächlich Kranke und Besessene, Unwissende und Sünder. In irgendeiner Weise fehlt jedem etwas. Und mitten unter ihnen steht Jesus Christus als der Heiland, der göttliche Arzt und Lehrer. Vor ihm wird die ganze Armseligkeit und Ohnmacht des Menschen offenbar.

Aber er zeigt uns diesen Zustand nicht, um uns zu beschämen und niederzudrücken, sondern um uns zu erlösen und zu heilen, um uns seine barmherzige Liebe zu schenken. Der Glaube an ihn ist unsere Erlösung. Der hl. Ambrosius sagt sehr schön:

“Alles haben wir in Christus. Jede Seele ist in der Hand des Herrn, und Christus ist für uns alles: Willst du, dass deine Wunden heilen: er ist der Arzt; glühst du vor Fieberhitze: er ist erfrischende Quelle; sinkst du zusammen unter der Ungerechtigkeit deiner Werke: er ist die ewige Gerechtigkeit; bedarfst du der Hilfe: er ist die Allmacht; fürchtest du den Tod: er ist das Leben; verlangst du zum Himmel: er ist der Weg; willst du die Finsternis fliehen: er ist das Licht; suchst du Speise: er ist das Brot des Lebens.”

Chance statt Strafe

Der große Renaissance-Künstler Andrea del Verrocchio (1434-1488) von Florenz war als Kind nach dem Tode seiner Mutter, die kurz nach seiner Geburt starb, mit sechs anderen Geschwistern ganz sich selbst überlassen. Der Vater arbeitete den ganzen Tag in einer Ziegelei.

Mit 17 Jahren wurde der Junge in eine Schlägerei verwickelt, warf einen Stein und verletzte einen Mann dabei tödlich. Andrea wurde verhaftet und wegen Mordes angeklagt. Der Stadtrat von Florenz stellte fest, dass er in seiner Kindheit und Jugend vernachlässigt worden war und zu wenig unter Aufsicht stand. Statt ihn zu bestrafen, schickte man ihn zu einem Goldschmied in die Lehre, wo er gründlich ausgebildet wurde und ein neues Leben begann. Er wurde ein tüchtiger Goldschmied, Ingenieur, Architekt und war einer der einflussreichsten Maler und Bildhauer seiner Zeit. Er blieb immer einfach und bescheiden.

Im gleichen Jahre, als Andrea verhaftet und vor Gericht gestellt wurde, wurde bei Florenz ein Junge geboren, der als Kind sehr gerne zeichnete. Zufällig zeigte dessen Vater eines Tages Andrea ein paar Zeichnungen seines Sohnes. Der Meister von Florenz erkannte sofort die Begabung des Buben, nahm ihn in sein Atelier auf und bildete ihn zehn Jahre lang aus. Dieser Junge war Leonardo da Vinci.